Der Bedarf an Hausärzt:innen ist nach wie vor hoch, in vielen Regionen ist die hausärztliche Versorgung schon länger nicht mehr so sicher, wie sie eigentlich sein sollte. Ein Trend, der sich sehr wahrscheinlich noch fortsetzen wird. Auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat dem nun Rechnung getragen und plant mehr Hausarztstellen ein. Den Hausärztemangel beseitigen wird das allein allerdings nicht.

Vor einigen Wochen hat der G-BA Details bei der Bedarfsplanung für niedergelassene Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen veröffentlicht und die Zahlen an die aktuellen Verhältnisse im Bundesgebiet angepasst. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass nunmehr 260 neue Stellen für Hausärzt:innen ausgewiesen wurden.

Die Krankheitslast hat sich geändert

Grundlage für diese Entscheidung sei der sogenannte Morbiditätsfaktor gewesen, den der G-BA in diesem Jahr zum ersten Mal verändert hat. Der Morbiditätsfaktor sorge dafür, dass eine veränderte Krankenlast (Morbidität) der Bevölkerung sowie regionale Unterschiede in der Bedarfsplanung sichtbar würden.

In einem zweistufigen Verfahren seien die bundesweit einheitlichen Basis-Verhältniszahlen – Einwohnerzahl pro Arzt – und damit das als allgemein angemessen betrachtete Soll-Versorgungsniveau ermittelt worden. Ausschlaggebend seien Alters-, Geschlechts- und Morbiditätsstruktur. Der Morbiditätsfaktor als Teilgröße dieses Verfahrens trage der Annahme Rechnung, dass eine regional höhere Krankenlast der Bevölkerung mit einem höheren Bedarf an ambulant tätigen Ärzt:innen bzw. Psychotherapeut:innen einhergehe. In Regionen mit einer höheren Morbidität als im Bundesdurchschnitt seien die allgemeinen Verhältniszahlen demnach abgesenkt und somit mehr Stellen für die Patientenversorgung ausgewiesen worden. In Regionen mit einer geringeren Morbidität als im Bundesdurchschnitt würden dagegen vergleichsweise weniger Ärzt:innen bzw. Psychotherapeut:innen benötigt.

Weniger Einwohner:innen pro Hausarztsitz

Für die hausärztliche Versorgung bedeutet das, so der G-BA, dass 260 neue Arztsitze hätten geschaffen werden können. Da die Bevölkerung bundesweit in Deutschland seit 2010 älter geworden sei, werde die Basis-Verhältniszahl abgesenkt. Kam bisher ein Hausarztsitz auf 1.671 Einwohner:innen, sind es im ersten Rechenschritt künftig nur noch 1.607 Einwohner:innen, die von einem Sitz versorgt werden müssen.

Zusätzlich zu dieser Basis-Verhältniszahl wirke sich der regionale Planungsbereich aus: Hier gelte für den hausärztlichen Planungsbereich, dass die Patient:innen vergleichsweise älter und kränker seien als früher, sodass auch durch die regional angepassten Verhältniszahlen der Schlüssel sinke und damit künftig auf 1.344 Einwohner:innen ein Hausarztsitz komme. Datenbasis seien aktuelle Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen von 2017 und 2019.

Versorgungslücken werden bestehen bleiben

Diese Entscheidung ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ausreichen wird das nicht, um die immer größeren Lücken in der hausärztlichen Versorgung zu schließen.

Das hat auch der G-BA durchaus erkannt. So gab der Vorsitzende des G-BA, Prof. Josef Hecken, zu bedenken: "Allein mit der Ausweisung von 260 zusätzlichen Hausarztstellen ist noch keiner Patient:in geholfen." In vielen Regionen könnten Sitze nur schwer nachbesetzt werden, vor allem in ländlichen Regionen – trotz finanzieller oder sonstiger Anreize, so Hecken. Tatsächlich mangelt es eben weiterhin an hausärztlichem Nachwuchs.

Bedarfsplanung: wozu?
Mithilfe der Bedarfsplanung sollten Niederlassungsmöglichkeiten von Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen genau dort ausgewiesen werden, wo sie benötigt würden. Ziel ist es, einen gleichmäßigen und bedarfsgerechten Zugang der Versicherten zur ambulanten Versorgung zu gewährleisten.

Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen könnten auf Landesebene von der bundeseinheitlichen Systematik abweichen, wenn regionale oder lokale Besonderheiten dies erforderlich machen. Hierfür wird die aktuelle Versorgungssituation auf die verschiedenen Arztgruppen bezogen erfasst, mit dem jeweiligen Sollniveau abgeglichen und so das Versorgungsniveau ermittelt. In Abhängigkeit vom Versorgungsniveau können dann gegebenenfalls neue Niederlassungsmöglichkeiten in einem Planungsbereich ausgewiesen werden. Darüber hinaus wird auf Landesebene entschieden, ob und inwieweit vom bundeseinheitlichen Rahmen abgewichen wird.



Autor
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (12) Seite 28-29