Nach über einem Jahr COVID-19-Pandemie haben sich in den Hausarztpraxen verschiedene Konzepte zur Verringerung des Infektionsrisikos etabliert. Die Aufrüstung der Praxis mit Luftreinigern verspricht zusätzlichen Infektionsschutz durch effektive Filterung von SARS-CoV-2, aber auch anderer Viren. Doch Luftreiniger ist nicht gleich Luftreiniger. Worauf sollten Sie bei der Anschaffung eines solchen Geräts achten?

Das Thema Corona spielt in Hausarztpraxen nicht nur hinsichtlich Diagnostik und Therapie eine große Rolle: Trotz ausgefeilter Terminvergabe und durchdachter Pläne zur zahlenmäßigen Reduktion wartender Patient:innen wird oft der dringend notwendige Arztbesuch gar nicht erst vereinbart oder kurzfristig wieder abgesagt. Das hat deutliche Auswirkungen. In einer aktuellen Untersuchung (Nielsen Sanofi Gesundheitstrend Q1/2021) geben fast zwei Drittel der Befragten (62 %) an, wegen kleinerer Beschwerden seltener in die Praxis zu gehen. Eine Routineuntersuchung hat bereits nahezu jeder Dritte (30 %) wegen der Corona-Pandemie schon einmal verschoben, um nicht in die Praxis zu müssen. 38 % üben sich verstärkt in Selbstdiagnose und Selbstbehandlung, indem sie versuchen, ihre eigene Ärzt:in zu sein und dafür im Internet recherchieren. Fast die Hälfte (46 %) setzt seit der Pandemie öfter auf Selbstmedikation, anstatt eine Arztpraxis aufzusuchen.

Wie können niedergelassene Ärzt:innen also dafür sorgen, dass Patient:innen mit einem guten Gefühl in die Praxis kommen? Plexiglasscheiben am Empfang, FFP2- oder FFP3-Masken während Untersuchung und Behandlung sowie Desinfektionsmittel im Außen- und Praxisbereich sind gängige Mittel und werden bereits umgesetzt. Gesucht wird jedoch weiterhin nach Konzepten und Lösungen, um den Infektionsschutz weiter zu optimieren und den Patient:innen das Gefühl zu vermitteln, während des Praxisaufenthalts sicher vor einer Infektion zu sein.

Fensterlüftung alleine reicht nicht

Wissenschaftlicher Konsens ist, dass Aerosole durch Lüften effektiv abgeführt werden können. Praktisch ist das jedoch oft ein Ding der Unmöglichkeit: Zugluft und Kälte stören das Wohlbefinden der Patient:innen, das Personal hat einen deutlichen Mehraufwand und zudem steigen auch noch die Heizkosten. Fensterlüftung sorgt außerdem aufgrund baulicher und thermischer Bedingungen nur in den wenigsten Fällen für den nötigen Luftaustausch. Maschinelle Lüftungsanlagen tauschen Luft kontinuierlich aus und ersetzen verbrauchte Luft durch Frischluft, was die Aerosole und damit das Infektionsrisiko effektiv reduziert. Auch können Luftfeuchtigkeit und Temperatur auf ein individuelles Wohlfühlklima geregelt und Gerüche und CO2 auf einem kleinen Level gehalten werden. Ein weiterer Vorteil: Fensterlüftung ist eine organisatorische Maßnahme und kann schlichtweg vergessen werden. Maschinelle Lüftungsanlagen hingegen sind meist gegen Fremdeingriff verriegelt und werden automatisch überwacht.

Mit HEPA-Filtern gegen Viren und Bakterien

Maschinelle Lüftungsanlagen können jedoch nicht ohne baulichen Aufwand installiert werden. In solchen Fällen bieten ausreichend dimensionierte Sekundärluftreinigungsgeräte, sog. Luftreiniger, eine gute und schnelle Lösung. Sie sind mit HEPA-Filtern (Hocheffizienzpartikelfilter) ausgestattet und in der Lage, mehr als 99,95 % der Viren, Bakterien und Mikroorganismen sicher aus der Luft zu filtern. Damit reduzieren sie das Infektionsrisiko deutlich und sind so, als zusätzliche Maßnahme zur regelmäßigen Fensterlüftung, eine effiziente Möglichkeit für einen adäquaten Infektionsschutz.

Ein Versuch, den das Klinikum Nürnberg im Auftrag des Hochbauamtes der Stadt mit einem Luftreiniger der Firma TROX durchgeführt hat, verifiziert das: In einem Klassenraum mit 15 Schüler:innen ohne eingeschalteten Luftreiniger steigt die Konzentration der Partikel in der Größe von Coronaviren stark an. Nach einer halben Stunde kommen weitere 15 Schüler:innen dazu und es kommt zu einem weiteren, sehr deutlichen Anstieg. 45 Minuten später, zur Pause, wird der Luftreiniger eingeschaltet. Die Partikelkonzentration sinkt von fast 9.000.000 auf einen Wert von unter 2.000.000 ab – und bleibt auch im weiteren Unterrichtsverlauf mit weiterhin eingeschaltetem Luftreiniger auf sicherem Niveau.

Luftreiniger ist nicht gleich Luftreiniger!

Bestimmte Kriterien, beispielsweise Geräuschpegel, Zugentwicklung und Volumenstrom, sollten jedoch vor der Anschaffung eines Luftreinigers beachtet werden. Leider gibt es bis dato keine einheitliche Zertifizierung für die Geräte, auf dem Markt gibt es daher derzeit auch viele Anbieter, die die hohen Ansprüche an Akustik, Strömungstechnik und das Leckageverhalten nicht immer so einhalten können, wie das meist seit Jahrzehnten etablierte Hersteller gewährleisten. Das böse Erwachen kommt also spätestens, wenn die Geräte aufgestellt wurden und sich dann herausstellt, dass sie beispielsweise zu laut oder nicht leistungsfähig genug und damit für den dauerhaften Einsatz nicht geeignet sind.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Luftführung. Wird die Reinluft über Kopfhöhe ausgeführt, kann das Gerät mit großer Luftleistung arbeiten, ohne dass Zugluft entsteht. Zugleich wird vermieden, dass sich Viren eines Erkrankten direkt mit der ausströmenden Luft im Raum verteilen.

Worauf man auch achten sollte: Kommt es durch Verschmutzung der Filter zu einem Druckverlust, sollte der Luftreiniger automatisch nachregeln. So kommt beispielsweise bei dem in der Nürnberger Schule eingesetzten TROX-Luftreiniger, der bis zu 1.600 m2 Luft innerhalb einer Stunde filtern kann, immer die gleiche Luftmenge im Raum an, auch wenn die Filter beladen sind. Wenn dieses Kriterium nicht erfüllt wird, kann das bezogen auf den Infektionsschutz fatal sein – die Geräte gaukeln in diesem Fall eine falsche Sicherheit vor, da die empfohlene Luftwechselrate und/oder Kubikmeter Luft pro Person und Stunde im Raum nicht mehr erreicht wird. Beachten sollte man jedoch: Das Tragen einer Atemschutzmaske und das Einhalten der allgemeinen Hygiene-Regeln bleiben obligatorisch. Denn eine mögliche Infektion durch direktes Anhusten oder durch eine lange Unterhalten ohne Maske und Mindestabstand können auch Luftreiniger nicht verhindern.

Nicht nur gegen Corona wirksam

Irgendwann wird die Corona-Pandemie (hoffentlich) zu Ende sein, doch auch dann haben Luftreiniger noch einen Nutzen. Sie filtern nicht nur Coronaviren aus der Luft, sondern auch alle anderen Viren, Bakterien und auch Allergene wie Pollen. Das bedeutet: Das Risiko, sich mit Erkältung, Grippe oder einer anderen Infektionskrankheit im ärztlichen Wartezimmer anzustecken, wird ebenfalls deutlich gemindert, und auch Heuschnupfengeplagte profitieren. In der Arzt-Patienten-Kommunikation kann man also vermitteln, dass ein Praxisbesuch gefahrlos möglich ist.



Autor
Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (4) Seite 54-55