Die Toleranz des Menschen gegenüber schwülheißem Wetter ist offenbar geringer als bislang angenommen, wie ein aktuelles Experiment ergeben hat.

Bisher galt die Annahme, dass ein gesunder Mensch eine Kühlgrenztemperatur von 35 Grad nicht viel länger als 6 Stunden überleben kann. Empirische Daten gab es dazu bislang allerdings nicht. Das hat sich nun geändert: Für ihre Studie setzten Forscher:innen 24 gesunde Testpersonen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren in Klimakammern verschiedenen Kombinationen von Hitze und Luftfeuchtigkeit aus. Alle Teilnehmenden bewegten sich langsam auf einem Laufband oder Fahrrad, um die für Alltagsaktivitäten typische Bewegung nachzubilden. Schweißproduktion und Hauttemperatur wurden an mehreren Körperregionen gemessen, eine verschluckte Sensorkapsel zeichnete kontinuierlich die Kerntemperatur auf. Die Messungen enthüllten: Die Kerntemperatur der Testpersonen erreichte schon deutlich unterhalb der gängigen Kühlgrenztemperatur von 35 Grad kritische Werte. Bei hoher Luftfeuchtigkeit von nahe 100 % lagen die Grenzwerte stattdessen bei 30 bis 31 Grad. Interessant auch: Anders als bislang angenommen führte ein leichtes Absinken der Luftfeuchtigkeit nicht zu höheren Hitzetoleranzen. Stattdessen lag die kritische Kühlgrenztemperatur unter diesen Bedingungen sogar bei 25 bis 28 Grad und damit fast 10 Grad niedriger als die Literaturwerte. Dies lag zum Teil daran, dass die Probanden trotz geringerer Luftfeuchtigkeit ihre Schweißproduktion ab einem bestimmten Temperaturwert nicht weiter erhöhten, so die Wissenschaftler:innen. Nach Ansicht der Forschenden deuten diese Ergebnisse darauf hin, „dass wir uns in schwülwarmen Regionen der Erde schon dann Sorgen machen sollten, wenn die Kühlgrenztemperatur über 31 Grad steigt.“ Denn selbst junge, gesunde Menschen könnten von diesen Bedingungen schon körperlich überfordert sein – von älteren und kranken Personen ganz zu schweigen.


Quelle:
Vecellio DJ et al. (2022) J Appl Physiol. DOI: 10.1152/japplphysiol.00738.2021)