Ein Rückblick auf die Existenzgründungen von Ärzt:innen auf dem Land in den letzten 10 Jahren deutet darauf hin, dass die Förderung der Niederlassung in ländlichen Gebieten allmählich Wirkung entfaltet. Seit 2010 sei der Anteil der ärztlichen Existenzgründer:innen dort jedenfalls auf das Doppelte gestiegen, meldete die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) kürzlich. Besonders positiv entwickle sich die Situation bei den Hausärzt:innen.

In den Jahren 2009 bis 2011 entfielen jährlich etwa 2 % der Praxisgründungen auf den ländlichen Raum, das heißt Regionen bis 5.000 Einwohner:innen). Dieser Umstand löste damals Besorgnis aus, denn bei einem Bevölkerungsanteil auf dem Land von etwa 10 % bedeutete das mittel- bis langfristig einen ernsthaften Engpass für die ärztliche Versorgung der ländlichen Regionen. Politik und Kassenärztliche Vereinigungen entwickelten daraufhin Förder- und Unterstützungsprogramme, um Ärzt:innen für das Land zu gewinnen.

Praxisgründungen auf dem Land nehmen zu

Schon kurze Zeit später, so zeigen es die Analysen der apoBank für 2011/2012, verdoppelte sich die Zahl der Praxisgründungen im ländlichen Raum auf 4 %. In den folgenden Jahren pendelte sich dieser Anstieg bis heute auf zwischen 4 und 5 % ein. Gleichzeitig sank der Anteil der Existenzgründungen in Mittel- und Großstädten mit mehr als 20.000 Einwohner:innen.

Besonders die hausärztliche Versorgung auf dem Land habe Auftrieb bekommen: Während der Anteil der 2009/2010 gegründeten hausärztlichen Praxen bei 6 % lag, stieg er in den darauffolgenden 2 Jahren auf etwa 10 %. Und diese Größenordnung sei bis heute stabil geblieben und entspricht in etwa dem Anteil der dort lebenden Bevölkerung. Zum Vergleich: In Klein- und Mittelstädten lassen sich im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen anteilig weniger Hausärzt:innen nieder. In Großstädten dagegen sind hausärztliche Praxisgründungen überproportional vertreten.

Die fachärztlichen Praxen sind auf dem Land grundsätzlich seltener vorzufinden, denn je spezialisierter Fachärzt:innen sind, desto großflächiger wird die Bedarfsplanung. Doch auch hier ist innerhalb der letzten 10 Jahre ein leichter Anstieg der Anteile der fachärztlichen Praxisgründungen zu beobachten – von knapp 1 % auf 2 bis 3 %.


Anteil ärztlicher Existenzgründungen auf dem Land

Gute Aussichten für das Land?

Gesetzesnovellen und Anreizprogramme scheinen also erste Bewegung ins Gründungsverhalten gebracht zu haben, interpretiert die apoBank die Ergebnisse ihrer Analyse. Klar sei allerdings auch, dass die aktuellen ärztlichen Existenzgründungen in ländlichen Regionen dennoch nicht genügen, um dort eine zufriedenstellende Versorgungssituation zu erreichen und dauerhaft zu gewährleisten. Denn man beobachte in den letzten Jahren vermehrt Praxisabgaben und -schließungen, die die Anzahl der Existenzgründungen übersteigen. Die Gründe dafür seien nicht unbedingt klar nachzuvollziehen, meint die apoBank. An der finanziellen Situation der Landärzt:innen könne es jedenfalls kaum liegen. Denn die ökonomischen Zahlen würden zeigen, dass niedergelassene Ärzt:innen auf dem Land im Schnitt oft höhere Überschüsse als in den Städten erzielen. Die Niederlassung auf dem Land lohne sich also – und das stimme zuversichtlich, dass auch künftig die Gesundheitsversorgung in den ländlichen Regionen aufrechterhalten werden kann, so die apoBank.

Tatsächlich fördert heute fast jede Kassenärztliche Vereinigung in Deutschland die Praxisgründung im ländlichen Raum. Beteiligt sind auch Förder- und Landesbanken, Kommunen, Landkreise und Landesregierungen. Bisher hätten allerdings noch nicht alle Maßnahmen ihre Potenziale voll entfalten können. So befänden sich die ersten Medizinstudierenden, die sich verpflichtet haben, auf dem Land zu arbeiten, derzeit noch im Studium. Die Landarztquote wird ihre Wirkung also erst noch beweisen müssen.

Digitalisierung soll Arbeit erleichtern

Vorteile sieht die apoBank darüber hinaus in der Digitalisierung. Ihrer Ansicht nach werde die Umsetzung der Telematikinfrastruktur in den Praxen durch die neuen Vernetzungs- und Kommunikationswege die Arbeit in ländlichen Regionen deutlich erleichtern und ihr so einen zusätzlichen Schub verleihen – jedenfalls wenn dies mit einer steigenden Akzeptanz auch bei den Patient:innen einhergehe.

Mehr Medizinische Versorgungszentren auf dem Land

Erkennbar ist, laut apoBank, aber auch noch eine andere Entwicklung: So würden auf dem Land zunehmend auch angestellte Ärzt:innen die Gesundheitsversorgung übernehmen – und das passiere überwiegend in Medizinischen Versorgungszen-
tren (MVZ). So sei der Anteil der MVZ in ländlichen Gemeinden inzwischen auf 14 % angewachsen.

Die zahlreichen Fördermaßnahmen hätten also bereits einiges in Bewegung gesetzt. Will man die Gesundheitsversorgung auf dem Land langfristig sichern, dürfe man sich auf den bisherigen Erfolgen jedoch nicht ausruhen. Deshalb dürfe man bei der Förderung der Landarztmedizin nicht nachlassen, denn sie werde weiterhin benötigt.



Autor
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (8) Seite 34-35