Die Gicht ist eine häufige und meist chronisch verlaufende Erkrankung, deren Verlauf sowohl durch die Mitarbeit der Patient:innen als auch durch eine adäquat angepasste medikamentöse Therapie steuerbar ist. Neben den "klassischen" Behandlungsoptionen gibt es einige neue Substanzen, die zurzeit noch nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden.

KASUISTIK - Rheuma oder Gicht?
C. M., männlich, 64 Jahre, Zuweisung durch einen internistisch-rheumatologischen Kollegen mit der Diagnose Rheumafaktor-negative, CCP-AK-negative rheumatoide Arthritis.Anamnestisch seit ca. 3 Jahren immer wieder auftretende, sehr schmerzhafte Arthritiden in den Vorfüßen, jetzt zunehmende Krankheitsaktivität mit Beteiligung der Ellenbogen, Hände und Kniegelenke. Zusätzlich in den letzten Monaten Auftreten von derben knotigen Veränderungen an den Ellenbogen, die (trotz negativer Rheumafaktoren!) als Rheumaknoten interpretiert wurden. Seit ca. einem Jahr Therapie mit Methotrexat 15 mg s.c. einmal pro Woche. Darunter keine Besserung der Beschwerden. Klinisch Adipositas, druckschmerzhafte Schwellung am rechten Kniegelenk sowie am linken Ellenbogen.

Laborchemisch moderat erhöhte Entzündungsparameter (CRP 1,3 mg/dl, BSG 29 mmHg. in der ersten Stunde), Harnsäure 8,3 mg/dl, Kreatinin 1,2 mg/dl. Radiologisch keine typischen erosiven Veränderungen im Sinne einer rheumatoiden Arthritis, jedoch große, randständige Defekte am Großzehengrundgelenk beidseits.Das rechte Kniegelenk wurde punktiert und 60 ml trübes Punktat (Abb. 1) gewonnen. Im Polarisationsmikroskop zeigten sich massenhaft Harnsäurekristalle, so dass die Diagnose einer Gicht gestellt werden konnte. Die knotigen Veränderungen wurden als Gichttophi bewertet.

Die Therapie mit Methotrexat wurde – da sich kein Anhalt für eine rheumatoide Arthritis findet – beendet. Akutbehandlung der Arthritiden mit Prednisolon 40 mg und im weiteren Verlauf rasche Reduktion der Dosis. Gleichzeitig Beginn einer Therapie mit Allopurinol 100 mg sowie Ibuprofen 400 mg 2 x tgl. Unter der Kortikoidmedikation deutliche Besserung der Gelenkbeschwerden. Im weiteren Verlauf nach Erhöhung der Allopurinoldosis auf 300 mg/d Senkung der Harnsäure auf 6,1 mg/dl, bisher (seit Therapiebeginn 6 Monate) kein Rezidiv. Ibuprofen konnte beendet werden.

Die Gicht (Arthritis urica) ist eine metabolische Systemerkrankung, die auf eine Hyperurikämie zurückzuführen ist. Eine Hyperurikämie liegt in Deutschland bei etwa 20 % der Erwachsenen vor (Männer >> Frauen).

Die Gicht entsteht durch kristalline Mononatriumurat-Ablagerungen und ist bei Männern die häufigste Form einer Arthritis. Sie gilt als klassische ernährungsabhängige Erkrankung, deren Häufigkeit weltweit ansteigt. Voraussetzung für die Entstehung einer Arthritis urica ist in der Regel eine Hyperurikämie (Harnsäure ≥ 6,8 mg/dl (408 μmol/l).

Die Ursache für eine Erhöhung des Harnsäurespiegels ist in den meisten Fällen eine positive Nettobilanz, bedingt durch eine Kombination von verminderter renaler Ausscheidung und erhöhter Purinzufuhr. Deutlich seltener sind sekundäre Hyperurikämien als Folge einer endogenen Überproduktion von Uraten, z. B. im Rahmen maligner Erkrankungen. Neben einer Hyperurikämie sind auch andere, zum Teil noch unbekannte Faktoren für die Auslösung eines Gichtanfalles verantwortlich.

Wie manifestiert sich eine Gicht klinisch?

Die primäre Manifestation einer Gicht (Stadieneinteilung: vgl. Tabelle 1) ist meist eine akut auftretende Monarthritis. Differenzialdiagnostisch kommen hierfür verschiedene Krankheitsbilder in Betracht (vgl. Tabelle 2). Der Gichtanfall zeichnet sich meist durch massivste Schmerzen, eine ausgeprägte Schwellung sowie eine Rötung und auch durch Hautschuppung des betroffenen Gelenkes aus. Die Anfälle kommen für die Betroffenen oft "aus heiterem Himmel" und beginnen häufig in den Nacht- oder frühen Morgenstunden. Als Trigger können nutritive Faktoren (v. a. Alkohol), eine kürzlich begonnene oder verstärkte Diuretikatherapie (Verschiebungen des Harnsäurepools) oder eine Fastenperiode (Änderung des Uratpools) wirken. Maligne Erkrankungen können eine sekundäre Hyperurikämie verursachen.

Am häufigsten von einem akuten Gichtanfall betroffen ist das Großzehengrundgelenk (Podagra) (Abb. 2), gefolgt von Mittelfuß (Tarsitis), Sprunggelenk, Kniegelenken, Handgelenken (Chiragra) oder Ellenbogengelenken. Die Anfälle klingen meist nach 7 – 14 Tagen von selbst wieder ab. Im weiteren Verlauf sind Rezidive häufig. Zusätzlich finden sich bei vielen Patient:innen Uratablagerungen periartikulär oder in verschiedenen Weichteilen (Gichttophi) (Abb. 3). Eine Besonderheit der oberflächlich gelegenen Gichttophi ist die Neigung zur Exulzeration mit sekundärer Superinfektion (Abb. 4).

Bei ca. 10 – 20 % der Patient:innen kann es im Rahmen einer Gicht zu einer Nephrolithiasis (Urat-/Oxalatsteine) mit dem entsprechenden klinischen Bild rezidivierender Nierenkoliken kommen.

Wie kann man eine Gicht nachweisen?

Goldstandard der Diagnostik ist der direkte Nachweis von Uratkristallen im Gelenkpunktat oder im periartikulären Gewebe. Gerade bei unklaren Fällen sollte dies stets versucht werden. Im Rahmen der Gelenkpunktion kann auch eine wichtige Differenzialdiagnose, die septische Arthritis, ausgeschlossen werden. Aus diesem Grunde sollte mit dem Punktat eine Gramfärbung durchgeführt und eine Kultur angelegt werden. Eine Kristallanalyse (intra- und extrazelluläre Kristalle), möglichst durch ein Polarisationsmikroskop, ist die zentrale Untersuchung zum Nachweis einer Arthritis urica. Zur Kristallanalyse sollte das Punktat nativ oder in EDTA-Röhrchen asserviert werden. Wenn nur vereinzelt Kristalle vorhanden sind, kann es schwer sein, diese im unbehandelten Punktat nachzuweisen. Daher kann es in manchen Fällen nützlich sein, das Punktat zu zentrifugieren und dieses Sediment dann mikroskopisch zu untersuchen.

Erhöhte Harnsäurespiegel bei einer akuten Monarthritis weisen auf eine mögliche Arthritis urica hin. Während eines akuten Gichtanfalles ist es jedoch nicht ungewöhnlich, dass der Serumharnsäurespiegel im Normbereich ist. Bei unauffälligen Harnsäurewerten und dem Verdacht auf eine Gicht sollte darum eine Laborkontrolle nach ca. 2 – 3 Wochen durchgeführt werden. In vielen Fällen steigt in diesem Zeitraum der Harnsäurewert wieder an. Entzündungswerte wie das C-reaktive Protein können im akuten Anfall erhöht sein.

Das konventionelle Röntgen kann gerade in den Frühphasen immer wieder unauffällig sein. Bei chronischen Formen lassen sich häufig randständige Gichttophi in Form von "Lochdefekten" nachweisen (Abb. 5). Röntgenaufnahmen spielen meist nicht die entscheidende Rolle bei der Primärdiagnostik der Gicht, sind aber ein wichtiges Instrument zur Differenzierung der Gicht von anderen Gelenkerkrankungen.

Arthrosonographisch lassen sich Harnsäurekristallablagerungen typischerweise als "Doppelkonturzeichen" (echodichte bandförmige Auflagerungen) am Gelenkknorpel nachweisen. Tophi können sich in der Sonographie als echoreiche wolkige Strukturen darstellen.

In der Dual-Energy-Computertomographie (DECT) lassen sich mit einer hohen Sensitivität Uratdepots mit einem Volumen von > 1 mm3 erkennen (Abb. 6). Da es sich bei der DECT um eine nicht invasive, rasch durchgeführte Diagnostik mit hoher Aussagekraft handelt, rückt diese Untersuchungsmethode bei der Diagnostik der Arthritis urica mehr und mehr in den Vordergrund.

Im Jahre 2015 wurden gemeinsam vom ACR (American College of Rheumatology) und der EULAR (European League Against Rheumatism) neue Klassifikationskriterien für die Gicht publiziert. Eingangskriterium ist das Vorliegen von mindestens einer Episode einer schmerzhaften Schwellung eines peripheren Gelenkes oder aber eine Bursitis. Wenn Uratkristalle im Punktat nachgewiesen werden können, gilt die Diagnose als gesichert. Ansonsten gehen weitere klinische und bildgebende Kriterien in die Beurteilung ein (vgl. Tabelle 3).

Therapie der Gicht – der akute Gichtanfall

Häufig gehen folgende Faktoren einem akuten Gichtanfall voraus:
  • vermehrte Purinzufuhr (ausgedehnte Feiern/ Bierkonsum)
  • Fasten, körperliche Anstrengung
  • Einnahme bestimmter Medikamente (v. a. Neubeginn mit Diuretika)
  • Infekte
  • Traumata
  • Operationen
  • seelische Belastungen

Ziel der Therapie des akuten Gichtanfalles ist eine rasche Analgesie sowie eine entzündungshemmende Wirkung. Lokale Kälteanwendungen (Cool-Pack oder Eis) sowie eine Ruhigstellung des Gelenkes sind im Anfall sinnvoll und werden von den Patient:innen häufig bereits von selbst begonnen.

Entsprechend den im Jahre 2016 veröffentlichten EULAR-Empfehlungen für die Behandlung der Gicht sind die primären pharmakologischen Therapieoptionen im akuten Gichtanfall nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Colchicin und Glukokortikoide (Tabelle 4).

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Trotz einer insgesamt schwachen Evidenz durch Studien haben NSAR in der Behandlung von akuten Gichtanfällen aufgrund der umfangreichen klinischen Erfahrung einen hohen Stellenwert. Dabei zeigt sich, dass die Wirksamkeit weitgehend unabhängig vom verwendeten Präparat besteht. Am effektivsten erweisen sich Präparate mit einer kurzen Halbwertszeit.

Es sollte beachtet werden, dass gerade bei Gichtpatient:innen aufgrund der Begleiterkrankungen (metabolisches Syndrom!) sowie möglicher Komplikationen einer chronischen Gicht (z. B. Niereninsuffizienz) immer wieder Kontraindikationen gegen den Einsatz von NSAR bestehen. In diesen Fällen muss gegebenenfalls die Dosis des NSAR entsprechend angepasst oder die Therapie auf eine andere Substanzklasse geändert werden.

Colchicin

Colchicin erwies sich in mehreren Studien als wirksam beim Einsatz in einem akuten Gichtanfall. Im akuten Anfall wird die Gabe von 1- bis 3-mal 0,5 mg Colchicin täglich empfohlen. Gerade bei den oft älteren Gichtpatient:innen kann eine Einschränkung der Nierenfunktion den Einsatz dieser Substanz limitieren oder verbieten.

Glukokortikoide

Glukokortikoide (Prednisolon, Triamcinolon), systemisch oder intraartikulär, kommen vor allem dann in Betracht, wenn Kontraindikationen gegen NSAR und Colchicin vorhanden sind oder keine ausreichende Wirkung dieser Substanzen besteht.

Interleukin-1ß-Antikörper

Das Zytokin Interleukin-1ß spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung eines akuten Gichtanfalles. Der in Deutschland gegen akute Gichtanfälle zugelassene IL-1ß-Antikörper Canakinumab (150 mg s.c.) senkt die Schmerzintensität besser als intramuskulär verabreichtes Triamcinolon (40 mg). Auch ist die Rezidivrate von Gichtanfällen in den ersten 24 Wochen nach der Behandlung um 62 % geringer als bei der Gabe von Kortikoiden.

Nachteile der Gabe von Canakinumab sind eine erhöhte Rate an Nebenwirkungen wie Infektionen, Neutro- oder Thrombopenie sowie die nicht unerheblichen Behandlungskosten. So bleibt die Gabe dieser Substanz vorläufig vor allem auf Patient:innen beschränkt, die auf die anderen Substanzen keine Besserung zeigen oder Kontraindikationen gegen die "klassischen" Substanzen haben.

Wie behandle ich eine chronische Gicht?

Nachdem der erste akute Gichtanfall aufgetreten ist, stellt sich die Frage, wann und wie eine medikamentöse Dauertherapie begonnen und durchgeführt werden soll. Entsprechend der aktuellen EULAR-Leitlinien von 2016 sollte eine Dauertherapie unter folgenden Voraussetzungen begonnen werden:
  • mindestens ein sicherer Gichtanfall aufgetreten
  • chronische Gichtarthritis
  • Nachweis von Harnsäureablagerungen in Form von Tophi
  • anamnestisch Gichtanfälle + Hyperurikämie + eingeschränkte Nierenfunktion (GFR < 90 ml/min/1,73 m2)

Mit einer harnsäuresenkenden Behandlung kann bereits vor dem vollständigen Abklingen eines Gichtanfalles begonnen werden.

Zielwert der Therapie ist in der Regel ein Harnsäurewert von < 6 mg/dl (< 360 µmol/l), bei besonders schweren Fällen (häufige Gichtanfälle, Nachweis von Tophi) sollte ein Wert von 5 mg/dl (300 µmol/l) angestrebt werden. Das Ergebnis der Behandlung sollte eine klinische Remission sein. Dazu gehören das Fehlen von neuen Gichtanfällen sowie eine Rückbildung der Tophi.

Die Harnsäurewerte sollten anfangs häufiger, später mindestens vierteljährlich kontrolliert werden. Die Behandlungsdauer sollte bei Patient:innen ohne Tophi mindestens fünf Jahre, bei Patient:innen mit Tophi über fünf Jahre nach deren Verschwinden fortgeführt werden.

Wird im Anschluss an einen akuten Gichtanfall keine harnsäuresenkende Therapie begonnen, ist die Gefahr sehr hoch, dass es zu Rezidiven kommt (bei 62 % der Patient:innen innerhalb des ersten Jahres, bei 89 % innerhalb von fünf Jahren). Risikofaktoren für erneute Gichtattacken sind vor allem eine KHK, ein arterieller Hypertonus sowie Nierenerkrankungen.

Xanthinoxidasehemmer

Allopurinol und Febuxostat sind die Mittel der ersten Wahl zur Senkung der Harnsäure.

Allopurinol sollte möglichst einschleichend dosiert werden (vgl. Tabelle 5). Die häufigsten Gründe für eine fehlende Wirksamkeit des Allopurinols sind mangelnde Compliance oder eine Unterdosierung der Substanz! Allopurinol sollte generell bei einer Gicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. Dies gilt ausdrücklich auch für Patient:innen mit mittelgradiger bis schwerer Niereninsuffizienz.

Febuxostat ist seit 2010 in Deutschland in einer Dosis von 0 bis 120 mg zugelassen. Eines der Hauptkriterien für den Einsatz dieser Substanz ist – neben einer guten Ansprechrate – die Möglichkeit, Febuxostat auch bei leichter bis mittelschwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion (KreatininClearance 30 – 80 ml/min) ohne Dosisanpassung verabreichen zu können. Febuxostat ist vor allem dann indiziert, wenn Allopurinol nicht vertragen wird, der Harnsäurespiegel unter Allopurinol nicht ausreichend zurückgeht oder eine eingeschränkte Nierenfunktion besteht.

Sowohl Allopurinol als auch Febuxostat dürfen nicht zusammen mit Azathioprin oder Mercaptopurin eingenommen werden. Dies könnte zu einer Akkumulation beider Substanzen führen mit einer potenziellen schweren Knochenmarksdepression.

American College of Rheumatology - Empfehlungen zur Gicht-Therapie
Die aktuellen Empfehlungen des American College of Rheumatology (2020) für den Beginn einer harnsäuresenkenden Dauerbehandlung unterscheiden sich von den EULAR-Leitlinien:
  • Dringende Behandlungsempfehlung: ≥ 1 Gichttophus vorhanden/radiologisch gichttypische Veränderungen/ häufige Gichtanfälle (≥ 2/Jahr)
  • Mögliche Behandlung: Bisher > 1 Gichtanfall bei geringer Häufigkeit (< 2/Jahr)
  • Keine Behandlungsempfehlung bei Patient:innen, die bisher nur einen Gichtanfall hatten. Ausnahme dann, wenn die Patient:innen an einer schweren chronischen Nierenerkrankung/an einer Nephrolithiasis leiden oder wenn der Harnsäurewert > 9 mg/dl beträgt
  • Ebenfalls keine Behandlungsempfehlung besteht für Patient:innen mit einer asymptomatischen Hyperurikämie

Urikosurika (z. B. Benzbromaron)

Es handelt sich hier um Substanzen, die in der Regel erst dann eingesetzt werden, wenn die Urikostatika Allopurinol oder Febuxostat nicht gegeben werden können oder deren Wirkung nicht ausreicht. Grundsätzlich ist auch eine Kombination der Substanzgruppen möglich, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Da Urikosurika die renale Harnsäureausscheidung erhöhen, ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Trinkmenge > 2 l/d) zu achten. Kontraindikationen sind fortgeschrittene Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 50 ml/min), eine Nephrolithiasis oder eine Hyperurikämie aufgrund einer vermehrten endogenen Harnsäureproduktion.

Urikolytika (z. B. Pegloticase)

Es handelt sich hierbei um Reservemedikamente bei Patient:innen mit einer schweren chronischen Gicht. Sie kommen wegen ihrer Nebenwirkungsgefahr und der hohen Kosten eher als Notfallmaßnahme als für eine Dauertherapie infrage.

Anfallsprophylaxe

Gerade mit dem Beginn einer harnsäuresenkenden Medikation kann es durch die Veränderungen im Harnsäurepool zu einer Umverteilung und dadurch Mobilisierung der Harnsäure kommen. Dadurch können Gichtanfälle ausgelöst werden. Aus diesem Grunde sollte gleichzeitig mit dem Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie eine Anfallsprophylaxe durchgeführt werden.

Die Zeitdauer einer solchen Prophylaxe ist umstritten. Grundsätzlich gilt, dass sie zwischen acht Wochen und sechs Monate nach Therapiebeginn betragen sollte. In der Praxis reicht bei voll informierten Patient:innen nach den ersten vier bis acht Wochen eventuell auch eine "Pill-in-the-pocket-Strategie" für Colchicin bei Bedarf aus.

Zur Anfallsprophylaxe bei Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie sind geeignet:

  • Colchicin in niedriger Dosis (z. B. 0,6 mg/d)
  • Bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit von Colchicin NSAR oder Glukokortikoide in niedriger Dosis (z. B. Naproxen 500 mg/d).

Lebensstilinterventionen

Einen erwiesenen Effekt auf die Inzidenz der Erkrankung haben
  • Gewichtsreduktion
  • Bewegung
  • Nikotinkarenz
  • Reduktion von fruktosehaltigen/alkoholischen Getränken, Fleisch und Schalentieren

Da es sich bei der Gicht um eine potenziell heilbare Erkrankung handelt, ist eine Schulung von Patient:innen zu ihrer Erkrankung sinnvoll.

ESSENTIALS - Wichtig für die Sprechstunde
  • Die Primärmanifestation der Gicht ist oft die akute Monarthritis, am häufigsten am Großzehengrundgelenk.
  • Während des Anfalls ist die Harnsäure oft noch normal.
  • Die primäre Therapie des Gichtanfalls besteht aus NSAR, Colchicin und Glukokortikoiden.


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Autor

© privat
Dr. med. Walter Hermann

Facharzt Innere Medizin/Rheumatologie/Physikalische Medizin
Kerckhoff-Klinik GmbH
61231 Bad Nauheim

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert

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Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (9) Seite 32-37