Tennischampions, die den entscheidenden Ball zum Match-Gewinn ins Aus schlagen, Golfer, die nur wenige Zentimeter vom Loch entfernt, den Ball noch vorbeispielen oder auch Studierende, die in einer entscheidenden Situation zuvor präsentes Wissen nicht abrufen können. „Choking under pressure“ nennt man das Phänomen, wenn Menschen in einer Drucksituation versagen. Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat sich dieses Phänomens angenommen und glaubt, eine Lösung entwickelt zu haben.

Bei der Untersuchung verschiedener Sportarten hatten sie festgestellt, dass sich bei Rechtshänder:innen das dynamische Drücken eines Balls mit der linken Hand als besonders wirkungsvoll erwies, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern. Eine Studie sollte nun zeigen, ob es auch beim Tennis hilft, wenn die Probanden den Tennisball direkt vor dem Aufschlag dynamisch mit der linken Hand drücken. Eine Gruppe praktizierte direkt vor dem Aufschlag den dynamischen Handgriff zehn bis 15 Sekunden lang mit der linken Hand mit dem Tennisball, während die zweite Gruppe den Schlägergriff mit der rechten Hand über zehn bis 15 Sekunden aktiv drückte. Anschließend führten beide Gruppen jeweils acht Aufschläge mit einem vorgegebenen Ziel in einer ersten Runde ohne Druck durch, danach folgten weitere acht Aufschläge unter Druck. In der Gruppe, die mit der linken Hand einen Ball gedrückt hatte, blieb dabei die Genauigkeit der gültigen Aufschläge stabil, während sich bei der anderen Gruppe unter Druck der Abstand der gültigen Aufschläge vom Ziel vergrößerte, was auf einen Leistungsabfall hindeutet. Die grundlegende Annahme der Forscher:innen lautete nun, dass die rechte Gehirnhälfte eine ganzheitliche Ausführung einer hochautomatisierten Bewegung begünstigt, während die linke Gehirnhälfte durch sprachliche Repräsentation eher zu einer Zerlegung der Bewegungsausführung führt. Dies beeinträchtige den Bewegungsfluss und führe zu größerer Ungenauigkeit. Somit sollte durch das Drücken der linken Hand bei Rechtshänderinnen und Rechtshändern eine stärkere Aktivierung der rechten Gehirnhälfte erreicht werden.

Weitere EEG-Untersuchungen zeigten dann aber, dass eher ein Entspannungseffekt, sozusagen ein Reset-Mechanismus, durch das linkshändige dynamische Handdrücken eintritt. Das heißt, dass das Gehirn in den Alpha-Rhythmus übergeht und sich somit eine gewisse Entspannung einstellt. Die EEG-Befunde legen nahe, dass nicht die Aktivierung der rechten Gehirnhälfte erhöht wird, sondern die angstbedingten, störenden sprachlichen Repräsentationen in der linken Gehirnhälfte gehemmt werden, so dass eine automatisierte Bewegung wieder flüssig realisiert werden kann. Die Befunde seien von hoher praktischer Bedeutung, meinen die Autor:innen, denn der Handgriff könnte Teil einer Aufschlagroutine werden, die die Spieler normalerweise vor dem Aufschlag ausführen. Doch der dynamische Handgriff lasse sich auch außerhalb des Sports einsetzen. Wer gerade keinen Ball zur Hand hat, könne auch die Faust der linken Hand ballen und 15 Sekunden pressen. Ob Linkshänder entsprechend die rechte Hand benutzen können, stehe allerdings noch nicht fest.


Quelle:
Beckmann J et al. (2021) PLOS ONE. DOI: 10.1371/journal.pone.0255060