Die Masern-Impfpflicht ist da: Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) tritt das Masernschutzgesetz zum 1. März 2020 in Kraft und hat für Hausärzte nicht allein aufgrund der Durchführung der Impfung bei Patienten Relevanz. So müssen alle Mitarbeiter einer Arztpraxis einen Impfnachweis erbringen, der Praxisinhaber steht hierfür in der Verantwortung. An wen sich die Impfpflicht genau richtet und was Praxisinhaber nun beachten müssen, beantwortet dieser Beitrag in 4 Fragen – 4 Antworten.

1. Wen betrifft die Impfpflicht und wer muss keinen Impfnachweis erbringen?

Allgemein formuliert betrifft die Impfpflicht alle Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen. D. h. die Nachweispflicht über einen ausreichenden Impfschutz bzw. über eine Immunität gegen Masern gilt für Kinder in Kitas und Schulen oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen, für Tagesmütter, Bewohner und Mitarbeiter in Flüchtlingsunterkünften und für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen, ambulanten Pflegediensten oder Krankenhäusern. Die Regelung umfasst also nicht nur medizinisches Personal, sondern ebenso Küchen- und Reinigungskräfte, ehrenamtliche Mitarbeiter und Praktikanten [1, 2].

Hierbei gelten im Wesentlichen zwei Ausnahmen, die von der Impfpflicht befreit sind: Zum einen Personen, die vor dem (oder am) 31. Dezember 1970 geboren wurden – bei ihnen wird davon ausgegangen, dass sie aufgrund einer bereits durchgemachten Masernerkrankung immun sind [3]. Zum anderen benötigen solche Personen keinen Impfnachweis, bei denen eine medizinische Kontraindikation für eine Masernimpfung vorliegt. Diese muss allerdings durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden [1, 2].

2. Was beinhaltet der Pflichtnachweis?

Die gesetzlichen Vorgaben orientieren sich an den Empfehlungen der STIKO [4]. Hiernach müssen Kinder ab einem Jahr eine Masern-Schutzimpfung (oder Masern-Immunität) nachweisen, Kinder ab zwei Jahren und Erwachsene, die nach 1970 geboren sind, müssen den vollständigen Masernschutz (also mindestens zwei Schutzimpfungen) oder ein ärztliches Zeugnis über eine ausreichende Immunität gegen Masern nachweisen. Bei unklarem Impfstatus kann eine Titer-Bestimmung erfolgen, die STIKO empfiehlt aber stattdessen bei unklarem Impfstatus die Impfung nachzuholen [2].

Zur Impfung soll laut STIKO vorzugsweise ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) verwendet werden. Ebenso steht ein Kombi-Impfstoff gegen Mumps, Masern, Röteln, Varizellen (MMRV) zur Verfügung. Da in Deutschland zurzeit kein monovalenter Masern-Impfstoff zugelassen ist, sind dies derzeit die einzigen Optionen [3, 4].

3. Ab wann gilt die Impfpflicht und was passiert, wenn dieser nicht nachgekommen wird?

Die Impfpflicht gilt mit sofortiger Wirkung, also seit dem 1. März 2020. Stellen Sie also in Ihrer Praxis einen neuen Mitarbeiter ein, muss dieser ab sofort einen Impfnachweis erbringen, ansonsten dürfen Sie ihn nicht einstellen. Für bereits beschäftigtes Personal (inkl. Praxisinhaber) gibt es eine Übergangsfrist für den Nachweis bis zum 31. Juli 2021, in dieser Zeit können bestehende Impflücken geschlossen werden. Nach diesem Stichtag müssen Personen, die keinen Immunitätsnachweis erbringen können, dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Sie als Praxisinhaber tragen die Verantwortung, dass bis zu diesem Tag alle erforderlichen Nachweise vorliegen. Kommen Sie dieser Aufgabe nicht nach, können u. U. Bußgelder in Höhe von bis zu 2.500 Euro drohen (s. Kasten). Das Gesundheitsamt kann ein Beschäftigungsverbot gegenüber dem betroffenen Angestellten aussprechen, Sie als Praxisinhaber müssen Ihrem Mitarbeiter sogar kündigen, wenn er sich weiterhin der Impfpflicht verschließt [5, 6].

Dieselbe Nachweispflicht gilt im Übrigen auch für die Aufnahme von Kindern in Kitas und Schulen, mit der Besonderheit, dass die Schulpflicht Vorrang hat: Auch ungeimpfte Kinder müssen die Schule besuchen, jedoch können uneinsichtige Erziehungsberechtigte künftig ebenfalls mit einem Bußgeld belangt werden [7].

Mögliche Bußgelder für Praxisinhaber
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erläutert zum Thema Bußgeld Folgendes: "Eine Pflicht zur Verhängung einer Geldbuße besteht für die zuständigen (§§ 36, 37 Ordnungswidrigkeitengesetz, OWiG) Behörden nicht. Es liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (§ 47 OWiG). Bei § 73 Infektionsschutzgesetz (IfSG) handelt es sich ausdrücklich um eine "Kann-Regelung". Die Leitung einer Einrichtung, die entgegen der gesetzlichen Verbote eine Person betreut oder beschäftigt oder im Falle einer Benachrichtigungspflicht die Gesundheitsämter nicht informiert sowie Personen, die trotz Nachweispflicht und Anforderung des Gesundheitsamtes keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist erbringen, müssen mit einer Geldbuße bis zu 2.500 EUR rechnen. Die begangene Ordnungswidrigkeit muss vorwerfbar sein. Außerdem müssen die zuständigen Behörden dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend bei unterschiedlichen Verstößen die Geldbuße entsprechend unterschiedlich bestimmen."Quelle: [3]

4. Wer übernimmt die Kosten, wie rechne ich ab?

Die Masernimpfung gehört als Schutzimpfung zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Titer-Bestimmung (bei unklarem Impfstatus) ist jedoch keine Kassenleistung und muss vom Patienten privat bezahlt werden (GOÄ-Abrechnung: Beratung nach Ziffer 1, kleine körperliche Untersuchung nach Ziffer 5, Blutentnahme nach Ziffer 250). Die Laborkosten werden ebenfalls dem Patienten in Rechnung gestellt (GOÄ-Ziffer 4396). Ebenso kann das Ausstellen eines ärztlichen Zeugnisses über eine bestehende Kontraindikation für Masernimpfung nach GOÄ abgerechnet werden (Ziffer 75) [5].

Die Grenzen der fachärztlichen Tätigkeit sind in dem Bereich Schutzimpfung aufgehoben worden, so dass nun alle Ärzte impfen dürfen, so z. B. auch Pädiater die Eltern der Kinder oder Gynäkologen die Partner der Patientinnen [2]. Auch die Impf-Dokumentation darf neben dem Gesundheitsamt von jedem Arzt vorgenommen werden, auch von denen, die nicht selbst geimpft haben. Ein Nachtrag der Schutzimpfung im Impfausweis ist bei Vorliegen eines entsprechenden Nachweises (z. B. Titer-Nachweis) von jedem Arzt möglich und kann auch entsprechend nach GOÄ abgerechnet werden. Steht die Dokumentation jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Impfung, ist sie Bestandteil der Impfleistung und kann nicht gesondert berechnet werden.


Yvonne Emard


Literatur
1. Bundesministerium für Gesundheit. Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz). 20. Dezember 2019; https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/M/Masernschutzgesetz-RefE.pdf
2. Kassenärztliche Bundesvereinigung: PraxisInfo Masern-Schutzimpfung (Stand 02/2020)
3. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Masernschutzgesetz: Beschäftigte in Gemeinschaftseinrichtungen und medizinischen Einrichtungen; https://www.masernschutz.de/beschaeftigte-in-einrichtungen.html
4. Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 2/2020 (Stand: 9. Januar 2020)
5. Virchowbund: Praxisinfo "Masernschutzgesetz"; www.virchowbund.de/ma
sern
6. Bornhofen B, Masernschutzgesetz: Was kommt ab März 2020 auf die hessischen Ärztinnen und Ärzte zu?, Hessisches Ärzteblatt 2/2020, 86–87
7. Bundesministerium für Gesundheit: Fragen und Antworten zum Masernschutzgesetz; https://www.bundesgesundheitsministerium.de/impfpflicht/faq-masernschutzgesetz.html


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (5) Seite 64-65