In der Hausarztpraxis sehen wir eine breite Palette von harmlosen Hautveränderungen bis zu akut lebensbedrohlichen Dermatosen. Deshalb ist es hilfreich, wenn Allgemeinärzt:innen auch über einen fundierten Überblick der häufig anzutreffenden dermatologischen Problemstellungen verfügen.

Einfache Hauterkrankungen können in der allgemeinmedizinischen Praxis bereits diagnostiziert und therapiert werden.

Strategie beim Erstkontakt mit Patient:innen

Es empfiehlt sich bei der Beurteilung von Hauteffloreszenzen im Sinne einer standardisierten Systematik vorzugehen. An erster Stelle steht die Beurteilung der Effloreszenzen, gefolgt von einer genauen Anamnese und Erhebung möglicher zusätzlicher Allgemeinsymptome (vgl. Kasten).

Ekzeme

Aufgrund ihrer Häufigkeit verdienen die "Ekzeme" besondere Beachtung und Erwähnung. Deren Ursachen sind mannigfaltig. Der Bogen spannt sich dabei von irritativer, allergischer, atopischer, toxischer, exsikkatorischer, seborrhoischer bis zu photoallergischer Genese. Abb. 1 zeigt die typischen Charakteristika eines Ekzems wie Rötung, Schuppung und ursachenabhängige typische lokale Ausbreitung.

Symptom: Juckreiz

Der auch häufig zusätzlich auftretende Juckreiz ist differenzialdiagnostisch ein wichtiges Leitsystem bei pädiatrischen Hautproblemen. Bis zu 25 % der Kinder im Vorschulalter leiden an Ekzemen, die durch vermehrte Hauttrockenheit verursacht werden. Stellt sich dabei noch ein besonders starker und quälender Juckreiz ein, so kann bereits die Verdachtsdiagnose einer eventuell vorliegenden Neurodermitis gestellt werden (Abb. 2).

Merke:Ekzematöse Hautveränderungen mit quälendem Juckreiz bei Kindern sind richtungsweisend für Neurodermitis.

Infokasten - Übersicht über häufige dermatologische Krankheitsbilder
  • Infektiös bedingt:bakteriell (z.B. Erysipel, Impetigo contagiosa, Borreliose)viral (z.B. Herpes simplex, Herpes zoster, Condylome, Verrucae, Mollusca contagiosa)pilzbedingt (z.B. Tinea, Onychomykose, Candidiasis)parasitär (z.B. Skabies, Pediculosis, Pulicosis, Insektenstiche)
  • Allergisch und immunologisch bedingt:Neurodermitis, Psoriasis, Urticaria, allergisches Kontaktekzem, Alopecia areata, Effluvium
  • Physikalisch bedingt:Verbrennungen, Erfrierungen, Sonnenschäden, Decubitalulcera
  • Tumorös bedingt:benigne Tumoren (Nävus, Lipom, Atherom, Fibrom, Keratosen)präkanzeröse Tumoren (aktinische Keratosen, Morbus Bowen, Cheilitis actinica)maligne Tumoren (Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, Melanom)

In den letzten Jahren wurden auch in der allgemeinmedizinischen Praxis aktuelle Akzentuierungen im Spektrum dermatologischer Krankheitsbilder verzeichnet. Hier ist als Beispiel die Skabies anzuführen, deren Häufigkeit zugenommen hat (Abb. 3). Typischerweise finden sich hier die Skabiesgänge an den Prädilektionsstellen (Interdigitalfalten der Hände, genital, axillär, umbilical, perimamillär) in Verbindung mit einem quälenden nächtlichen Juckreiz.

Merke: Quälender nächtlicher Juckreiz mit Kratzeffloreszenzen = Verdacht auf Skabies!

Es ist auch wichtig, in der allgemeinmedizinischen Praxis bakterielle Infekte wie Fußinfekte nach Bagatelltraumen, Erysipel und Phlegmone bei Diabetiker:innen oder immungeschwächten Personen rasch richtig zu erkennen. Lokale Blasenbildungen und Einblutungen zeigen dabei schon eine verschärfte und fortgeschrittene Verlaufsform. Unter Kenntnis und richtiger Interpretation dieser Hautveränderungen kann damit auch eine unverzügliche adäquate Therapie eingeleitet werden.

Merke: Bakterielle Infekte bei Diabetiker:innen und immunsupprimierten Patient:innen sollte man früh erkennen und entschieden therapieren.

Tumoren

Aufgrund ihrer Gefährlichkeit sind unter den Hauttumoren die Melanome besonders hervorzuheben. Richtungsweisend ist bereits die erste Blickdiagnose. Ein auffälliges, unter allen anderen Naevi besonders hervorstechendes Muttermal sollte immer einen Alarm auslösen. In Abb. 4 ist dieses besonders wichtige Initialkriterium, auch als "Uglyduckling sign" bezeichnet, in typischer Form erkennbar. Gerade beim Melanom ist die Früherkennung von essenzieller Bedeutung, da hier der vertikalen Tumordicke zum Diagnose- bzw. Exzisionszeitpunkt eine entscheidende prognostische Bedeutung zukommt.

Wie gehe ich vor?
  1. Effloreszenzen
  2. Anamnese
  3. Allgemeinsymptome


Merke: Jede unklare hervorstechende solitäre Hautläsion ist als potenziell malignitätsverdächtig einzustufen!

Zusammenfassende Empfehlungen und Tipps für die allgemeinmedizinische Praxis

Symmetrische Hautveränderungen sind in der Regel harmlos (z.B. Neurodermitis, Psoriasis). Einseitige Hautveränderungen sind als suspekt und gefährlich zu betrachten, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist! Insbesondere eine tumoröse oder infektiöse Genese muss dabei zweifelsfrei ausgeschlossen werden.

Im Falle harmloser Hautveränderungen sorgt der Satz "Es ist nicht ansteckend und es ist
nicht bösartig!" für eine sofortige und spürbare Erleichterung
bei den Patient:innen. Die daraus resultierende Entspannung wirkt sich meist sehr günstig auf das weitere therapeutische Management aus.

In einer Allgemeinarztpraxis können viele dermatologische Probleme diagnostiziert und adäquat behandelt werden. Bei komplizierteren oder unklaren Krankheitsbildern sollte jedoch eine unverzügliche zielgerichtete Zuweisung zur Fachärzt:in für Dermatologie erfolgen.

Essentials - Wichtig für die Sprechstunde
  • Bei Hautveränderungen gilt: Effloreszenzen beurteilen, Anamnese erheben, nach Allgemeinsymptomen fragen.
  • Juckreiz ist ein wichtiges Kriterium bei Kindern.
  • Ein unter allen anderen Naevi hervorstechendes Muttermal (Uglyduckling sign) ist immer verdächtig.


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Autorin

© privat
MR Dr. med. univ. Angelika Reitböck

Ärztin für Allgemeinmedizin
Fachärztin für Dermatologie
Präsidentin des Österreichischen Hausärzteverbands
Leiterin des Vorsorgereferates der OÖ Ärztekammer
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (3) Seite 14-16