Die Dermatomyositis ist eine entzündliche, autoimmune Systemerkrankung, die unter anderem die Lunge befallen kann. Sind Anti-MDA5-Antikörper vorhanden, so handelt es sich um einen Notfall, der eine sofortige, aggressive Therapie erfordert.

Auch wenn der Name auf eine im Vordergrund stehende Beteiligung der Haut und der Muskulatur hindeutet, handelt es sich bei der Dermatomyositis doch um eine entzündliche, autoimmune Systemerkrankung, die unter anderem auch Gefäße, die Lunge, die Muskulatur sowie die Gelenke betreffen kann. Die Erkrankung ist mit einer Inzidenz zwischen 2 und 7 pro Million selten und kann in jedem Alter auftreten, wobei der Altersgipfel zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr liegt. Eine Tumorassoziation ist häufig.

In manchen Fällen komme es zu ungewöhnlichen und lebensgefährlichen Komplikationen, wie PD Dr. med. Britta Maurer vom Universitätsspital Zürich beim Rheuma Top 2020 am Beispiel der rapid progressiven, MDA5-positiven interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) erläuterte. Die MDA5-positive Dermatomyositis kann sehr unterschiedliche Verlaufsformen annehmen. MDA5 (Melanom-­Differenzierungsantigen 5) ist ein Resistenzfaktor gegen RNA-Viren. Der Autoantikörper Anti-MDA5 kommt bei bis zu 15 %der Dermatomyositis-Patienten vor und ist mit einer schweren Lungenbeteiligung assoziiert.

Die rapid progressiv verlaufende interstitielle Lungenerkrankung (ILD) weist eine Letalität von bis zu 80 % selbst bei früher Diagnose und intensiver immunsuppressiver Therapie auf. Rapide Progredienz ist im Fall der ILD definiert durch die Verschlechterung der radiologischen interstitiellen Veränderungen mit progressiver Dyspnoe und Hypoxämie innerhalb eines Monats nach Erstmanifestation der respiratorischen Symptome.

Eine Reihe von Biomarkern, die für einen ungünstigen Verlauf sprechen, ist bekannt, so Maurer. Der Antikörpertiter gegen MDA5 korreliert mit der Schwere der Erkrankung – je höher er ist, desto schlechter ist die Prognose. Wird die ILD überlebt, so kann ein steigender Antikörpertiter auf ein bevorstehendes Rezidiv hinweisen. Weiterhin korreliert Ferritin mit der Aktivität der ILD; Ferritin-Spiegel jenseits der 1.000 ng/ml sind prognostisch ungünstig. Ebenso sind ein erhöhtes CRP und ein Patientenalter jenseits der 60 mit einer schlechten Prognose assoziiert.

Empfehlungen für das Management der Erkrankung wurden kürzlich publiziert [1]. Sie beruhen allerdings, so Maurer, auf einer Reihe sehr kleiner Studien und Fallserien. Die wichtigste Botschaft laute, dass bei einer rapide progredienten ILD die Therapie sofort und aggressiv begonnen werden müsse, und zwar eine Kombinationstherapie aus einem hoch dosierten, systemischen Glukokortikoid und Ciclosporin oder Tacrolimus. Meist wird als dritter Kombinationspartner noch Cyclophosphamid hinzukommen. Können Ciclosporin oder Tacrolimus nicht gegeben werden, stellen Rituximab oder Mycophenolat Alternativen dar. ­Initiale Triple-Therapie sollte die Regel sein, so Maurer. Aufgrund der schlechten Prognose der Erkrankung muss das Ansprechen innerhalb von maximal einer Woche evaluiert werden. Bei klinischer oder radiologischer Verschlechterung muss die Therapie umgehend verändert werden – wobei die Optionen sehr begrenzt sind. Therapieanpassungen laufen also zumeist auf Variationen der genannten Kombinationen hinaus.

Angesichts der hohen Mortalität und der möglicherweise verzweifelten Situation könnten, so Maurer, in der Zweitlinie auch Therapien gewählt werden, die in diesem Setting rein experimentell seien. Maurer nannte in diesem Zusammenhang JAK-­Inhibitoren. Auch eine Plasmapherese und Immunglobuline werden diskutiert. Bringt auch das keinen Erfolg, ist der Patient ein Kandidat für eine ­Lungentransplantation, wobei die Zeit bis zur Transplantation häufig an der ECMO überbrückt werden muss. Nicht bewährt haben sich die in der Rheumatologie eingesetzten konventionellen DMARD wie Methotrexat oder die Anti-TNF-Biologika, ebenso wenig Infliximab, Pirfenidon und Nintedanib.


Quelle
Vortrag „Neues bei Myopathien“ beim ­Rheuma Top 2020, online am 27. August 2020.

Literatur
1. Romero-Bueno F et al. : Recommendations for the treatment of anti-melanoma differentiation-associated gene 5-positive dermatomyositis-associated rapidly progressive ­interstitial lung disease. Semin Arthritis Rheum 2020; 50(4): 776–790


Autor:
Reno Barth


Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Congress Selection, November 2020


Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (3) Seite 7