Der Kopflausbefall (Pediculosis capitis) ist die häufigste parasitäre Erkrankung im Kindesalter. Die Diagnose kann gestellt werden durch die Sichtung der Parasiten beim feuchten Auskämmen der Haare. Zur Therapie stehen u. a. Medizinprodukte auf Dimeticonbasis zur Verfügung. Gefahr droht durch eine mögliche Übertragung von Bakterien durch die Läuse.

Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) befällt ausschließlich den Menschen, schreibt Prof. Dr. med. Hermann Feldmeier, Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, in der Zeitschrift "tägliche praxis" [1]. Sie können weder fliegen noch springen, sondern krabbeln eher gemächlich auf Oberflächen wie menschlichen Köpfen bzw. Haaren umher. Dabei saugen sie Blut, was für sie überlebensnotwendig ist.

Bekommt eine Kopflaus drei bis sechs Stunden lang keine Blutmahlzeit, etwa, weil sie sich vom Kopf ihres Wirts in die Bettwäsche verirrt hat, dehydriert sie und ist dann nicht mehr infektiös.

Warum Kopfläuse manche Köpfe lieber mögen als andere, ist nicht genau erforscht, so Prof. Feldmeier. Aber es scheint so zu sein, dass sie von bestimmten Substanzen, die die Kopfhaut erzeugt, angezogen werden.

Von Kopf zu Kopf

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet statt, wenn zwei Köpfe sich eng beieinander befinden und der Laus so den Wechsel von einem Haar zum anderen ermöglichen. Kinder sind besonders häufig betroffen.

In Europa entwickeln sich Cluster typischerweise in Kindergärten, Spielgruppen oder Schulklassen. In einer Familie trifft es in der Regel alle Mitglieder, auch Erwachsene.

Auch saisonale Einflüsse gibt es bei der Pediculosis capitis. So beobachtet man besonders viele Fälle im Spätsommer und Herbst. also nach dem Ende der Sommerferien. Ein Grund dafür könnte sein, dass Kinder im Urlaub vermehrt Kontakt untereinander haben und beim Spielen die Köpfe zusammen stecken, vermutet Prof. Feldmeier. In den Wintermonaten nimmt die Inzidenz dann ab.

In südlichen Ländern dagegen ist die Pediculosis capitis bei Kindern endemisch. In Afrika konnte man Inzidenzen von bis zu 65 % feststellen, in Armensiedlungen von Brasilien von bis zu 80 %, so Prof. Feldmeier.

Ein neuer Grund für die Zunahme von Pediculosis capitis bei Teenagern könnte die Beliebtheit von Gruppen-Selfies sein, bei denen die Köpfe mehrere Minuten lang eng in Kontakt kommen, schreibt der Berliner Mikrobiologe.

Kopfbedeckungen oder andere Kleidungsstücke, die ausgetauscht werden, würden dagegen keine Rolle für die Übertragung von Kopfläusen spielen.

Sobald sich die Laus selbstständig fortbewegen kann (ab Nymphenstadium 3) kann eine Übertragung stattfinden. Die typischen Symptome eines Läusebefalls (vor allem Juckreiz) bei einem Erstbefall sind erst vier bis sechs Wochen nach einer Infestation zu erwarten. Daher kann eine Übertragung stattfinden, noch bevor die Diagnose gestellt wurde.

So lebt die Laus

Bei den Kopfläusen gibt es kein Larven- oder Puppenstadium. Aus dem Ei schlüpft sofort die fertige Laus. Allerdings ist sie dann noch sehr klein (Nymphenstadien). 99 % dieser Nymphen schlüpfen innerhalb von sieben bis neu Tagen.

Die Insekten atmen durch sogenannte Stigmen. Das sind kleine Atemöffnungen an den Längsseiten des Lauskörper, sieben an jeder Seite. Diese Stigmen münden in Tracheen, die die Laus mit Sauerstoff versorgen.

Übertragung von Bakterien

Läuse können offensichtlich Bakterien übertragen. Jedenfalls konnte man diverse Bakterienspezies in Kleider- oder Kopfläusen nachweisen.

Mit der Laus als Krankheitsüberträger ist jedenfalls nicht zu spaßen. So ist das Läuserückfallfieber, das im Jahr 2015 bei 28 jugendlichen Flüchtlingen aus Somalia, Äthiopien und Eritrea nachgewiesen wurde, potentiell lebensbedrohlich, schreibt Prof. Feldmeier.

Inzwischen gelte es zudem als wahrscheinlich, dass die große Pestepidemie im Mittelakter durch Läuse und nicht durch den Rattenfloh zustande kam.

Aktuelle Untersuchungen im Kongo würden diese Hypothese stützen. Danach konstatierte man eine Überlappung zwischen Regionen, in denen die Pest noch vorkam und dem Nachweis von Yersinia pestis in Läusen.

Diagnostik

Nachweisen lassen sich die Kopfläuse oder die Eier (Nissen) auf Kinderköpfen am besten durch systematisches Auskämmen von feuchten Haaren. Eine Haarspülung kann helfen, die Haare besser kämmbar zu machen.

Therapie

Zur Therapie der Pediculosis capitis stehen zum einen Arzneimittel in Form von neurotoxisch wirkenden Pediculoziden (Allethrin, Permethrin, Pyrethrum) zur Verfügung, auf die Prof. Feldmeier aber nicht näher eingeht. Zum anderen gibt es Medizinprodukte auf Basis von Dimeticonen, die einen physikalischen Wirkmechanismus haben und die von dem Experten näher erläutert werden: Dimeticone sind Polymere, die nach Applikation auf die Haut nicht resorbiert werden. Sie gelten als sicher untoxisch. Sie wirken, indem sie in die Atemöffnungen der Läuse eindringen und dort den Sauerstoff verdrängen bzw. den Wasserhaushalt der Insekten stören.

Die in Deutschland erhältlichen Dimeticonhaltigen Medizinprodukte sind in Tabelle 2 aufgeführt. Für NYDA®, NYDA® Läusespray, EtoPril/Hedrin und Hedrin® Once Liquid Gel liegen laut Prof. Feldmeier valide Daten vor.

Da die Pedikulozide nicht auf Eier wirken, muss die Behandlung nach sieben bis neun Tagen erneut erfolgen. Nach Durchführung einer wirksamen Therapie darf das Kind den Kindergarten, die Schule etc. wieder besuchen.

Prävention

Einem Kopflausbefall vorzubeugen hält Prof. Feldmeier für schwierig, es gäbe kein schlüsiges Konzept. Da die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung nach den Sommerferien höher zu sein scheint, könnte es Sinn machen, in dieser Zeit die Köpfe der Kinder besonders gründlich zu untersuchen. Epidemien in Kindergärten und Schulen könnte man besser in den Griff bekommen, wenn man alle Kinder einer Klasse/Spielgruppe mit einem erkrankten Kind am selben Tag behandelt.


Literatur
1. H. Feldmeier: Skabies und Pediculosis capitis: Epidemiologie, Diagnose, Therapie und Prävention; tägliche praxis 2021, Band 64/2: 279 - 293


Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (11) Seite 18