In einer dermatologischen Praxis arbeiten heute bis zu fünf Generationen. Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen, Intentionen und Hintergründe können Generationenkonflikte mit Sprengkraft entstehen. Das bietet aber auch Chancen, wenn z. B. die Mitglieder der jüngeren Generationen Innovationsbereitschaft und Diversity mehr in den Fokus rücken.

Aktuell findet man in einer dermatologischen Praxis noch nahezu alle Generationen: „Babyboomer“ (geb. 1956 – 1965), die „Generation X“ (geb. 1966 – 1980), Vertreter der „Generation Y“ (geb. 1981 – 1995) und die „Generation Z“ (geb. ab 1996). Viele Praxen beschäftigen hauptsächlich Mitarbeiter aus den Generationen X, Y und Z. Zusätzlich gehören einige Praxisinhaber selbst noch zu den „Traditionalisten“ (geb. bis 1955).

Die „Babyboomer“ und die „Generation X“ geben ihr Wissen bereitwillig weiter, wenn wir sie lassen. Die Vertreter der jüngeren Generationen nehmen dies gern an und auf. Es ist wichtig zu verstehen, dass sie das nicht völlig uneigennützig tun: Ihnen geht es dabei um die persönliche Weiterentwicklung, das Übernehmen von Verantwortung, das Meistern von Herausforderungen und Ähnlichem.

Erfahrung nicht unterschätzen

Eine gute Durchmischung der Generationen hilft, eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitern sicherzustellen. Praxisinhaber, die nur auf jüngere Menschen setzen, nutzen das Gesamtpotenzial dagegen nicht ausreichend, wenn sie z. B. „Babyboomer“ kategorisch ausgrenzen, da sie ihnen „zu alt“ sind. Die Generation der „Babyboomer“ ist aktuell noch stark vertreten und macht ca. ein Drittel aller Mitarbeitenden im ambulanten Gesundheitswesen aus. Davon kann noch einige Jahre profitiert werden, dann wird diese Generation in den Ruhestand ­wechseln. Zurück bleiben dann wenige ­Frauen und Männer aus den Folgegenerationen. Einer Untersuchung von PricewaterhouseCoopers nach fehlen 2030 einige Hunderttausende Fachkräfte im ambulanten Gesundheitswesen. Umso wichtiger ist es, die Wünsche und Bedürfnisse seiner Arbeitnehmer kreativ zu verstehen und ernst zu nehmen.

Unterschiede, die in der Praxis einen Unterschied ausmachen

Typische Stolpersteine sind z. B. die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der Generationen. So wünscht sich die „Generation X“ beim Einstieg in einen neuen Tätigkeitsbereich v. a. fachliche Einarbeitung und Effizienz, während die „Generation Z“ eher eine steigende Lernkurve und individuelle Betreuung präferiert. In der Kommunikation setzen „Babyboomer“ auf persönlichen Austausch oder das Telefon als Medium – im Beruf auch per E-Mail. Die „Generation Z“ bevorzugt eine permanente digitale Kommunikation per Smartphone und visueller Medien. Diese Generation findet die Kommunikationsvorlieben der „Babyboomer“ langsam, wenig transparent und ausgrenzend. „Babyboomer“ neigen dazu, das Kommunikationsverhalten der „Generation Z“ als unreif, anstrengend, flatterhaft und unangemessen zu empfinden: Unterschiede im Verhalten und in der Beurteilung des Verhaltens der anderen, die auch tatsächlich Unterschiede im Arbeitsalltag ausmachen! Lösungsansätze finden ihren Ursprung darin, dass sich Führungskräfte an den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Generation orientieren und – wo immer möglich – diese auch berücksichtigen.

Wer tickt wie?

Es gibt viele Unterschiede, die aus den ganz verschiedenen Einstellungen der Generationen resultieren. Dabei geht es um so individuelle Themen wie Arbeitsmotivation und Arbeitshaltung, aber auch das Karrierestreben allgemein. Im offenen Dialog kann z. B. in Teamsitzungen oder Wochenend-Workshops ein gemeinsames Mindset erarbeitet ­werden, welches ein gutes, kollegiales Miteinander fördert. Die „Generation Y“ kann hier z. B. von den Babyboomern lernen, dass Loyalität für die Praxis und für die Kollegen gut ist. „Babyboomer“ können wiederum von der „Generation Y“ lernen, dass die Ausgewogenheit von Arbeit und Leben wichtig ist und dass es Spaß machen kann, etwas Sinnvolles zu tun. Die „Generation X“ legt großen Wert auf ein Erscheinungsbild, das professionell, kompetent und erfahren wirkt – die „Generation Z“ hingegen setzt auf Marken und ein Outfit, das Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen unterstreicht: Ein einheitliches Praxisoutfit, das auf die Praxis und innerhalb derselben auf den Bereich verweist, kann hier Brücken schlagen.

Junge besser integrieren

Die „Generation Z“ liebt und lebt die Digitalität. Es gilt also, dort nach ihnen zu suchen, wo sie sich gern aufhalten: Social Web 2.0, Videoportale, Mobile Recruiting. Diese Ansprache passt besser in ihre Welt. Sie funktioniert auch besser, wenn auf die Praxiskultur, die Lernmöglichkeiten, Praktika, Schnupperangebote und Tage der offenen Tür aktiv hingewiesen wird. Z-ler mögen Multimediales (Sprache, Bilder, Handeln), persönlich oder virtuell. Das Lernziel sollte für sie mit einem bestimmten Zweck verbunden sein. Die eigene Entfaltung ist während des Lernens genauso wichtig wie individuelle Ziele und Präferenzen. Sie lernen am besten, wenn sie selbstbestimmt lernen: „hands-on“, praktisch und spielerisch. Hilfreich sind kleine Portionen, passend zur Aufmerksamkeitsspanne. Aufgaben, die von vornherein als zu schwer wahrgenommen werden, frustrieren. Z-ler sehen ihren Ausbilder als „einen unter vielen“, der ihnen zweckgebunden etwas beibringen kann, aber trotzdem ersetzbar ist.

Zum Mitnehmen!
  • Die Fähigkeit zur Führung eines Mehr-Generationen-Teams wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die dermatologische Praxis.
  • Generationen-Management dient der Positionierung als attraktivem Unternehmen bei allen Mitarbeitenden.
  • Talent-Management muss hinsichtlich Ausrichtung und Tools künftig anders gedacht werden.
  • Die Individualisierung der Arbeitsbedingungen und persönliche Wertschätzung werden zu entscheidenden Attraktivitätsfaktoren für Arbeitgeber.
  • Generationen-Management verlangt und führt zu einer Weiterentwicklung der Praxiskultur in Richtung Mitarbeiterorientierung.
  • Führung muss Sinn vermitteln und kostet Zeit, ist aber unabdingbar für den langfristigen Erfolg der Praxis.
  • Insbesondere die Z-ler, die z.B. als Azubis neu ins Unternehmen stoßen, möchten einen Zweck hinter ihrer Arbeit sehen, der mehr beinhaltet, als Geld für den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.



Autor:
Stephan F. Kock
Geschäftsführer Kock + Voeste GmbH
Buchautor: „Generationenmanagement in Arzt- und Zahnarztpraxis“

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (12) Seite 14