Viele Dermatologen verlassen sich bei der Praxisführung mangels wirtschaftlicher Fachkenntnisse auf Erfahrungswissen und Bauchentscheidungen. Das macht es schwer, das „Unternehmen Arztpraxis“ auch wirtschaftlich erfolgreich zu führen. Grundlegende BWL-Instrumente helfen, künftig kein geldwertes Potenzial mehr zu verschenken.

Wer sich mit Praxisstrategie, Ziel­erreichung und der Wirtschaftlichkeit seiner dermatologischen Praxis nicht auseinandersetzt, verschenkt viel Potenzial. Dabei ließe sich dies mit einfachen betriebswirtschaftlichen Instrumenten vermeiden.

Ziele definieren

Ausgangspunkt einer wirtschaftlich erfolgreichen Praxis ist das konkrete Definieren von persönlichen und beruflichen Zielen. Im Idealfall sollten beide Zielsetzungen mit dem Beginn der Niederlassung konkret gefasst und aufeinander abgestimmt sein. Extrem konträre Zielsetzungen wie ein Maximum an Freizeit und ein hoher Praxisertrag passen i. d. R. nicht zusammen. Umso mehr Praxisziele auf die persönlichen Ziele abgestimmt sind, je klarer sind die daraus resultierenden Maßnahmen. Investitionen, Personalentscheidungen, Werbemaßnahmen, medizinische Leistungen etc. wirken dann in ein und dieselbe Richtung. Werden Entscheidungen nicht rational, sondern nach der Tagesform getroffen, können sie die Arztpraxis heute in die eine und morgen in die andere Richtung treiben. Fortschritt oder gar Ziel­erreichung ist ohne klare Orientierung schwer möglich.

Räume für Entscheidung schaffen

Voraussetzung für das Erreichen der Ziele ist auch das Erkennen von unternehmerischen Spielräumen. Dabei ist die Unterscheidbarkeit der eigenen Arztpraxis zu der von Mitbewerbern essenziell. Um sich von anderen Dermatologen abzuheben, kann eine Vielzahl von Stellschrauben genutzt werden, wie z. B. die fachliche Qualifikation und das Leistungsspektrum, die Patientenakquise und die Praxisinfrastruktur. Zu den wichtigen Unterscheidungsmerkmalen gehören aus Patientensicht auch ein besonderer Service, wie eine Abendsprechstunde, eine zeitnahe Terminvergabe und kurze Wartezeiten für spezielle Patientenzielgruppen sowie eine überdurchschnittliche Patientenzuwendung. Wichtig ist, dass die ausgewählte Positionierung entweder zu den gegebenen Rahmenbedingungen passt (Lage der Praxis, fachliche Qualifikation, Ausstattung, Einwohnerstruktur im Umfeld etc.) oder dass die Rahmenbedingungen zumindest so weit veränderbar, dass sie als Nährboden für die erwünschte Positionierung der Praxis taugen. Und das möglichst mit Blick auf die Mitbewerber.

Strukturen optimieren

Mitentscheidend für den Praxiserfolg sind auch die Qualität der Praxisstruktur und der reibungslose Ablauf durch die Praxisorganisation. Prüfen Sie zunächst, ob Sie mit der vorhandenen Praxisstruktur, wie z. B. Personalkapazität und -kompetenz, Praxiseinrichtung und dem eigenen Standort, Ihre Ziele erreichen können. Ist dies nicht der Fall, passen Sie – wenn möglich – die Strukturen entsprechend an.

Die Basis für möglichst reibungslose und effiziente Abläufe im Praxisalltag besteht auch in durchdachten und klar definierten Zuständigkeiten für die einzelnen Mitarbeiter. Je besser und eindeutiger die Frage: „Wer macht was in der Praxis?“ beantwortet wird, umso weniger Zeit geht verloren für die ansonsten individuell entstehende Abklärung. Unklare Zuständigkeiten kosten Zeit und Nerven und sind eine unerschöpfliche Fehlerquelle. Eine klar strukturierte Praxisorganisation gibt dem Team bereits im Vorfeld alle notwendigen Antworten, beispielsweise wie der Praxisablauf, die Honorar­abrechnung und Terminplanung sowie das Bestellsystem funktionieren. Auch der Umgang mit medizinischer Technik sollte jedem Mitarbeiter bekannt sein, ebenso wie welcher Dienstleister oder Kooperationspartner anzusprechen ist.

Außenwirkung nicht vergessen

Der Erfolg einer Arztpraxis steht und fällt mit dem Patientenaufkommen und der Patientenstruktur. Wie erfolgreich eine Praxis funktioniert, hängt daher eng mit der Qualität der Antworten auf folgende Fragen zusammen: Woher kommen die Patienten? Warum kommen sie zu uns? In einer eher ländlichen Region kommen die Patienten z. B. oft schon mangels Alternative in großer Zahl in die Praxis. Wenn die Patienten hingegen wählen können, kommt es auf erkennbare und wertige Praxisbesonderheiten an. Einfluss hat der Praxis­inhaber z. B. auf Faktoren, die auf Patientenbindung und -neuzugang wirken. Erstere wird v. a. beeinflusst von der Qualifikation und der Persönlichkeit des Arztes, aber daneben auch von der Lage und vom Erscheinungsbild der Praxis sowie einem gut funktionierenden Terminmanagement. Die Beeinflussung des Neuzugangs hingegen ist schwieriger. Patienten, die noch nicht vor Ort in der Praxis waren, können diese selber auch nicht beurteilen und treffen ihre Entscheidung anhand von Ersatzkriterien. Eine Rolle spielen z. B. Empfehlung durch Bekannte/Freunde und das Patientenumfeld, die gezielte Ausrichtung der dermatologischen Arztpraxis auf individuelle Bedürfnisse sowie der Auftritt der Praxis inkl. Praxishomepage. Auch eine persönliche Präsenz in der unmittelbaren Gesellschaft (Vereine, Kultur etc.) oder Presse ist hilfreich. Entscheidend ist dabei, auch Mitbewerber im Blick zu behalten.

Tipp
Das Seminar „Betriebswirtschaftliche Praxisführung“ hilft, betriebswirtschaflitche Kenntnisse aufzufrischen und zu erweitern sowie die wirtschaftlichen Herausforderungen in der Praxis besser zu verstehen. Der nächste Termin ist im September www.frielingsdorf-akademie.de

Personal führen und fördern

Ein reibungsloser Praxisablauf ist wichtig für die individuelle Arbeits- und Lebensqualität. Neben einer strukturierten Ablauforganisation ist für einen effizienten Praxisbetrieb auch eine ausreichende Anzahl des auf die einzelnen Tätigkeitsbereiche passenden Personals Voraussetzung. Auch das Führungsverhalten des Praxisinhabers hat wesentliche Auswirkungen auf die Arbeitseffizienz des Teams. Positives Führungsverhalten bedeutet insbesondere, dass Feedback gegeben werden sollte, sowohl positiv als auch negativ. Kritik und Lob sollte stets auf einen konkreten Anlass bezogen sein und möglichst zeitnah erfolgen. In beiden Fällen unbedingt „unter vier Augen“ und nicht vor den Kollegen. Das richtige Delegieren von Aufgaben demonstriert nicht nur positive Führungsqualität, sondern spiegelt auch Vertrauen wider. Mitarbeiter, die auf diese Weise Förderung, Rückendeckung und Wertschätzung durch die Praxisleitung erhalten, sind motiviert, dieses Vertrauen zurückzugeben. Erfahrungsgemäß spielt für den Praxiserfolg auch die Fehlerkultur eine Rolle: Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass aus der Bekanntgabe eines eigenen Fehlers ein echter Lerneffekt und eben kein persönlicher Nachteil entsteht, kann die Praxisleitung sicher sein, von Fehlern rechtzeitig zu erfahren.

Erfolgreich Geld verdienen

Ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Merksatz lautet „Umsatz vor Kosten“. Dies bedeutet nicht, dass ungünstige Kostenstrukturen ignoriert werden sollen, aber dass Maßnahmen zur Umsatzsteigerung üblicherweise eine höhere Priorität in der Unternehmenssteuerung haben als Maßnahmen zur Kostensenkung. Hintergrund dieser Regel ist, dass sich Kostensenkungsmaßnahmen im Regelfall nur kurzfristig positiv auf das Betriebsergebnis auswirken. Langfristig verursachen solche Maßnahmen oft einen erheblichen Verlust bei Qualität und Quantität der Leistung. Personaleinsparungen können außerdem dazu führen, dass sich der Praxisinhaber nicht mehr vollständig auf die Behandlung von Patienten (also das Erzielen von Umsatz) konzentrieren kann und so mittelfristig der Praxiserfolg gemindert wird. Maßnahmen zur Umsatzsteigerung hingegen, die mit dem bestehenden Personalstamm erzielt werden können, haben meist einen langfristigen Effekt. Entscheidend ist hierbei, genau zu wissen, welchen wirtschaftlichen Effekt einzelne Leistungen haben.

Ergebnisse im Blick behalten

Aktiver Teil der Praxisstrategie oder nicht: In jedem Fall sollte die Wirtschaftlichkeit Ihrer dermatologischen Praxis stimmen. Eine einfache Grundlage zur Überprüfung des wirtschaftlichen Ergebnisses bieten die betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters. Diese erhalten Sie auch unterjährig (z. B. monatlich/quartalsweise). In den BWA können Sie auch die Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses prüfen (z. B. Einnahme-/Kostenarten) sowie die jeweiligen Höhen und Veränderungen im Zeitverlauf (insbesondere zum Vorjahr) sehen. Auch die KV-Honorarbescheide bieten eine gute Grundlage zur Prüfung der wirtschaftlichen Zusammensetzung Ihres GKV-Honorars. Die Nutzbarkeit der Bescheide zur Eigenprüfung ist von KV zu KV unterschiedlich. Hilfreich können u. U. auch gezielte Prüfungen der KV-Honorarabrechnung durch spezialisierte Praxisberater sein.

Wissen gibt mehr Sicherheit

Wenn für Sie selbst BWA und KV-Honorarbescheid böhmische Dörfer sind, sollten Sie sich mindestens ein betriebswirtschaftliches Grundwissen aneignen. Denn als Inhaber einer dermatologischen Praxis sind Sie auch Unternehmer und damit vom wirtschaftlichen Erfolg Ihres Unternehmens direkt tangiert.



Autoren:

Andrea Becker


Stefan Hoch

Frielingsdorf Consult GmbH
Praxisberatung und Schulung zu Strategie, Kooperationsmodellen sowie Wirtschaftlichkeit

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (9) Seite 4