Bisher galt Interleukin-12 (IL-12) – ein Botenstoff der Immunzellen – als einer der Auslöser für die Entstehung von Schuppenflechte. Nun zeigen Forschende der Universität Zürich, dass Interleukin-12 die Hautkrankheit nicht verursacht, sondern davor schützt.

Schuppenflechte ist zwar nicht ursächlich behandelbar, wohl aber können die Symptome mit modernen Therapiemethoden deutlich gelindert werden. Komplexe Veränderungen in den Netzwerken der Immunzellen und den Botenstoffen, mit denen sie miteinander kommunizieren, sind verantwortlich für die Entwicklung der Krankheit. Klinische Studien zeigen, dass Psoriasis-Medikamente besser wirken, wenn nur der Botenstoff Interleukin-23 blockiert wird statt wie bisher üblich Interleukin-23 und Interleukin-12 kombiniert. Nun haben Forschende der Universität Zürich (UZH) die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen aufgedeckt. Die Forschungsteams haben systematisch untersucht, welche Funktion Interleukin-12 bei der Schuppenflechte einnimmt. Sie zeigen, dass Interleukin-12 die Krankheit nicht etwa mitverursacht, sondern im Gegenteil davor schützt. Diese Resultate sind überraschend, da Medikamente zur Behandlung der Schuppenflechte bis jetzt auch auf die Blockade von Interleukin-12 ausgerichtet waren.

IL-12 sorgt für das normale Verhalten von Hautzellen

Detaillierte Untersuchungen zeigen nun, dass auch verschiedene Zelltypen in der Haut mit Rezeptoren für Interleukin-12 ausgestattet sind. Nicht nur die T-Zellen des Immunsystems, sondern auch Keratinozyten, hornbildende Hautzellen, können somit den Botenstoff erkennen. Wie das Forscherteam herausfand, ist diese Erkennung von Interleukin-12 durch diese Hautzellen auch verantwortlich für den schützenden Effekt des Botenstoffes. Interleukin-12 ist demnach essenziell für die normale physiologische Funktion der Keratinozyten. So ­verhindere es etwa die erhöhte Zellteilung, die man bei der Schuppenflechte beobachtet, ­folgern die Autoren.

Therapie verbessern

Diese Erkenntnisse würden darauf hinweisen, dass die Blockade von Interleukin-12 bei Schuppenflechte nicht sinnvoll ist, und es erkläre auch, weshalb gängige Schuppenflechte-Medikamente, die diesen Botenstoff blockieren, kaum wirken. Solche Medikamente sollten deshalb nicht mehr zur Therapie von Psoriasis-Patientinnen und -patienten eingesetzt werden, empfehlen die Wissenschaftler. Schuppenflechte-Medikamente sollten demnach nur noch den Botenstoff Interleukin-23 blockieren, aber nicht mehr Interleukin-23 und -12 gemeinsam.

Die Erkenntnisse könnten auch für die Behandlung von anderen Krankheiten wichtig sein. Die ­kombinierte Blockade von Interleukin-23 und -12 werde auch in der Behandlung von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten und Psoriasis-Arthritis eingesetzt, so die Forscher. In diesen Krankheiten sei die Rolle von Interleukin-12 noch nicht genügend erforscht. Aber auch hier sei eine schützende ­Rolle des Botenstoffs möglich.


Literatur
Zwicky P et al. (2021) Science Immunology. DOI: 10.1126/sciimmunol.abg9012


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (5) Seite 6