Die Allergologie ist ein wichtiges Querschnittsfach. Auch unter den Patienten einer Hautarztpraxis findet sich ein großer Teil mit allergologischen Problemen im HNO-Gebiet, betonte Dr. Adam Chaker, HNO-Arzt und Allergologie, TUM München, auf der Tagung „Dermatologie kompakt & praxisnah“.

Die Diagnostik bei Allergien gegen Aeroallergene ist standardisiert und umfasst folgende Punkte, erklärt Dr. Chaker:

  1. Anamnese und Symptomerfassung
  2. Klinische Untersuchung (inklusive Nasenendoskopie)
  3. Funktionsdiagnostik (Rhinomanometrie, Spirometrie, FeNO)
  4. Allergiediagnostik
  5. Ggf. Bildgebung
  6. Serodiagnostik (IgE, Immundiagnostik), Blutbild, ggf. Biopsien

Welche Fragen muss man stellen?

Bei der Erhebung der Anamnese ist es wichtig zu fragen, warum der Patient kommt, was ihn bzw. sie am meisten stört und warum Sie heute konsultiert werden. Gerade bei den Aeroallergenen gilt es, obere und untere Atemwege zu erfassen. Dr. Chaker fragt deshalb immer auch nach komorbidem Asthma, chronischem Husten, Infektneigung und Sinusitiden, außerdem auch nach atopischem Ekzem und urtikariellen Reaktionen.

Ist auch die Lunge involviert (z. B. bei einem Asthma), besteht mehr Handlungsbedarf. Manche Patienten nehmen sich auch gar nicht als Asthmatiker wahr. Dann hilft die Frage weiter: „Werden Sie manchmal in den frühen Morgenstunden wach durch Husten oder Atemnot?“ Dieses betrifft auch Schimmelpilz- oder Milbenallergiker mit asthmatischen Reaktionen. Außerdem ist es wichtig, die Manifestationsorte abzufragen, also Nase und Nasennebenhöhlen, Konjunktiven, Bronchien, Mundhöhle sowie die genauen Symptome (nasale Obstruktion, Juckreiz, Niesreiz, Riechstörungen, Sekretion, Tränen, Kurzatmigkeit, Giemen, Exazerbationen). Gehen Sie dabei auch explizit auf mögliche locodiurnale Muster (z. B. Besserung am Wochenende, überwiegend Symptome bei der Arbeit oder nachts oder weniger Beschwerden am Meer oder in den Bergen), Saisonalität und offensichtliche und vermutete Auslöser ein.

Um das Bild abzurunden, sollte man Lebensmittelallergien und ein orales Allergiesyndrom erfassen, weil dies als Kreuzreaktivität gerade bei den Birkenpollenallergikern klinisch relevant ist. Anaphylaxien in der Vorgeschichte sind ebenfalls wichtig, zum einen wegen der Versorgung mit einem Notfallset und auch wenn später eine spezifische Immuntherapie geplant ist.

Untersuchung der Atemwege

Beim Endoskopieren der Nase sollte man zunächst die Mukosa beurteilen, das Nasenseptum und die Nasenmuscheln, eine gängige Differenzialdiagnose können z. B. Nasenpolypen (chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen) sein (Abb. 1). In seltenen Fällen gibt es auch Lymphome und Karzinome in der Nasenhaupthöhle. Eine Endoskopie der Nase erfordert HNO-ärztliche Expertise.

Hauttest

Den Skin-Pricktest könnte man als das „Working Horse“ der Allergie-Diagnostik bezeichnen, so Dr. Chaker. Er ist die billigste, sicherste und einfachste Art, einen guten Überblick über Sensibilisierungs­muster zu bekommen. Idealer­weise ­sollte er mit standardisierten zugelassenen Extrakten erfolgen. Bei seltenen Allergenen ist ein Prick-to-Prick-Test möglich, hierfür ist aber eine Anzeige nach § 67 des Arzneimittelgesetzes an die Bezirksregierung zur Herstellung von Testallergenen erforderlich. Es ist aber zu berücksichtigen, dass ein Prick-to-Prick-Test viel gefährlicher sein kann, da das Allergen nicht standardisiert ist. Und das könne schwere Anaphylaxien nach sich ziehen. Dr. Chaker favorisiert diese Methode daher nicht: „Wenn ich kein standardisiertes Aeroallergen zur Verfügung habe, würde ich die Labordiagnostik bevorzugen.“ Vorteile des standardisierten Prick-Haut-Tests sind hohe Spezifität, Einfachheit und Schnelligkeit, der Nachteil: Er ist nur mäßig sensitiv. Zudem können die Soforttypreaktionen beeinflusst werden durch diverse Einflussfaktoren wie Medikamente. In der Regel kommt es dann zu einer Unterdrückung der Reaktion. Glukokortikoide, Psychopharmaka (Trizyklika, Neuroleptika) und länger wirksame H2-Blocker (Astemizol) sollten deshalb mehrere Wochen vor der Testung abgesetzt werden. Deshalb sollten vor einem Hauttest Anaphylaxien in der Vorgeschichte und Medikamenteneinnahmen erfragt werden und eine schriftliche Aufklärung über Testverfahren erfolgen.

Was wird getestet? Es gibt ein europäisches Panel, das größtenteils gut funktioniert, für Mittel- oder Nordeuropa aber nicht immer geeignet ist. Dr. Chaker orientiert sich an dem Vorschlag von Rueff et al. aus der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie [1] (Tabelle 1). Leider gibt es aktuell immer wieder Einschränkungen bei der Lieferbarkeit einzelner Testallergene.

Bei eindeutigen anamnestischen Angaben und dazu passendem Hauttest ist keine weitere Diagnostik nötig. Auf dieser Basis kann man sehr sauber therapieren. Meistens ist es aber nicht so eindeutig.

In-vitro-Diagnostik

Die In-vitro-Diagnostik hat viele Vorteile. Die extraktbasierte Testung von spezifischem IgE involviert sowohl allergenspezifische Komponenten als auch kreuzreaktive Allergenkomponenten. Allerdings ist die komponentenbasierte Testung mit molekularen Testallergenen wesentlich zielgenauer. Hierdurch lassen sich z. B. spezifische IgE im Serum gegen Bet v1 und seine Homologe erfassen, primäre und sekundäre Sensibilisierungen und kreuzreaktive Muster diagnostizieren. Bei den gängigen respiratorischen Allergien, z. B. gegen früh blühende Bäume, zeigen die Sensibilisierungsprofile gegen Majorallergene ein potenzielles Ansprechen auf eine spezifische Immuntherapie an, während bei Profilin-Sensibilisierungen ein Ansprechen eher fraglich ist. Ähnlich ist es bei Gräserallergien mit den Majorallergenen z. B. Phl p1 und Phl p5, die auf eine relevante und gut immuntherapierbare Primärsensibilisierung hinweisen.

Wichtig ist auch die Kreuzreaktivität zu Olive und zu Esche, ­betonte D. Chaker: Wenn z. B. eine Immuntherapie gegen Birke versagt, könnte eine Kreuzsensibilisierung gegen Esche oder Olive eine Erklärung sein.

Allergenprovokation

Diese diagnostische Methode ist ein weiteres wichtiges Instrument. Bei der nasalen Allergenprovokation mit standardisierten Testallergenen werden dabei Symptome beobachtet und eine Rhinomanometrie sowie eine Flowmessung durchgeführt. Eine Abnahme des nasalen Flows von über 40 % oder mehr als 3 Symptome gelten als positive Reaktion. Bei einer Abnahme von unter 40 % und weniger als drei Symptomen sollte der Test wiederholt werden. Konjunktivale Provokationen sind gut reproduzierbar, aber in Deutschland seltener etabliert. Bronchiale Allergenprovokationen sind z. B. in der Arbeitsmedizin oder in klinischen Studien üblich und ebenfalls eher in spezialisierten Zentren etabliert.

An Funktionsdiagnostik der Atemwege steht neben der Rhinomanometrie zur Beurteilung der Nasenatmung die Spirometrie zur Verfügung, um eine bronchiale Obstruktion aufzudecken. Die Messung von exhaliertem NO beim Asthma wird inzwischen häufig eingesetzt, ist aber bisher nicht erstattungsfähig.

Lebensqualität beurteilen

Um die Beeinträchtigung durch die Symptome beurteilen zu können, sollte man nach der Dauer der Symptome fragen. Als intermittierend gelten weniger als vier Tage pro Woche oder insgesamt weniger als vier Wochen, als persistierend mehr als vier Tage pro Woche und mehr als vier Wochen insgesamt. Lebensqualitätsparameter sind die Schlafqualität, schulische oder berufliche Leistungen, Alltagstätigkeiten und sportliche Aktivitäten. Der Impact der Symptome ist entscheidend für die Therapieentscheidung, also z. B. für die Wahl zwischen zunächst symptomatischer medikamentöser Therapie oder einer klaren Indikation zur spezifischen Immuntherapie.

Fazit
  • Fokussieren Sie sich auf die Symptome und die Kontrolle bei Ihren Patienten!
  • Banalisieren Sie nicht die Rhinitis!
  • Interagieren Sie mit anderen Fachdisziplinen, indem Sie auch das pharmakologische Management gezielt auf die einzelnen Etagen abstimmen!
  • Versuchen Sie so gut wie möglich, die Sensibilisierungen und die Entzündungslast zu charakterisieren!
  • Bestellen Sie die Patienten wieder ein, um den Therapieerfolg zu kontrollieren!
  • Vergessen Sie nicht die spezifische Immuntherapie als langfristige Option.


Literatur
1. F. Rueff et al.: Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttypreaktionen: Allergo J 2010; 19: 402–415


Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (9) Seite 18