Frage: Ist eine Impfung gegen HPV-Erkrankungen bei einem 36-jährigen, HPV-positiven Raucher als Prophylaxe von Oropharynx-Infektionen sinnvoll? Bei dem Patienten besteht eine positive Familienanamnese (Onkel).

Antwort:

Der HPV-Impfstoff kann seinen vollen Nutzen nur entfalten, wenn es nicht bereits vor der Impfung zu einer persistierenden HPV-Infektion mit einem im Impfstoff enthaltenen Typen gekommen ist. Nach der Aufnahme von sexuellen Kontakten – im Oropharyngealbereich auch durch Küssen – kommt es sehr schnell zu HPV-Infektionen. Abhängig von der Anzahl der Sexualpartner kann das individuelle Risiko für das Vorliegen einer HPV-Infektion auch nach dem Beginn der sexuellen Aktivität sehr unterschiedlich sein. Selbst wenn es dann schon zu einer eventuell persistierenden HPV-Infektion gekommen sein sollte, kann die Impfung trotzdem noch einen Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten.

Die beiden Impfstoffe Gardasil® und Cervarix® sind ab einem Alter von 9 Jahren ohne obere Altersbegrenzung zugelassen.

Bei Männern zählen das Penis- und Analkarzinom sowie Plattenepithelkarzinome der Mundhöhle und des Rachens zu den HPV-assoziierten Krebsarten. Zu den HPV-assoziierten malignen Tumoren der Kopf-Hals-Region zählen insbesondere die Plattenepithelkarzinome des Oropharynx, der Tonsillen und des Zungengrundes (C01). Für diese drei Tumorlokalisationen konnte ein Zusammenhang mit HPV-Infektionen (insbesondere HR-HPV-Typ 16) belegt werden. Der HPV-Typ 16 ist in beiden zugelassenen Impfstoffen enthalten. Die in der Zulassung genannten Indikationen umfassen Vorstufen maligner Läsionen und Karzinome, die die Zervix, Vulva, Vagina und den Anus betreffen und die durch die Impfstoff-HPV-Typen verursacht werden, sowie Genitalwarzen (Condylomata acuminata), die durch spezifische HPV-Typen verursacht werden. Die Prophylaxe von Plattenepithelkarzinomen des Rachens und der Mundhöhle ist in der Zulassung nicht aufgeführt, der Impfstoff schützt aber auch gegen die durch den im Impfstoff abgedeckten HPV-assoziierten Kopf-Hals-Tumoren.

Zusammenfassend empfehle ich in diesem Fall die Impfung, zumal eine entsprechende Familienanamnese vorliegt. Die Kostenerstattung sollte vorab mit der Krankenkasse geklärt werden – einige Kassen erstatten die Impfung auch bei über 17-Jährigen.

Bei Nachholimpfungen im Alter von > 14 Jahren sind insgesamt drei Impfungen erforderlich – bei Gardasil® zu den Zeitpunkten 0, 2 und 6 Monate.

Die Impfung schützt nicht vor allen HPV-assoziierten Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Neben einer persistierenden HPV-Infektion (vorwiegend mit HPV 16) stellen Tabak- und Alkoholkonsum wesentliche Risikofaktoren für eine Krebserkrankung dar. Der Patient sollte deshalb unbedingt angehalten werden, trotz Impfung auf Rauchen und auf Alkoholgenuss zu verzichten.



Autor:

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Dr. Andreas H. Leischker, M.A.

Klinik für Innere Medizin
Alexianer Krefeld GmbH
47918 Krefeld

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (13) Seite 46