Die elektronische Patientenakte (ePA) verspricht zunächst viel. Sie soll den Austausch von Gesundheitsdaten zwischen den Leistungserbringern und mit den Patient:innen vereinfachen, indem – zumindest theoretisch – alle Patientendaten zentral in der ePA abgelegt werden können. Die absolute Datenhoheit liegt bei den Patient:innen – der Aufwand zum größten Teil bei den (Haus)-Ärzt:innen. Wie sehen die ersten Schritte aus und welche Rolle spielen die Hausarztpraxen?

Sie ist nicht die erste Anwendung innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI), die mit Skepsis begonnen wird und deren Nutzen sich nun erst einmal beweisen muss: die elektronische Patientenakte (ePA). Ihr offizieller Startschuss ist zum 1. Januar 2021 gefallen, ihre Einführung verläuft über ein 3-Phasen-Modell [1, 2]: Die bereits laufende Einführungs- und Testphase findet derzeit in ausgewählten Praxen der KV-Regionen Berlin und Westfalen-Lippe sowie in einigen Krankenhäusern statt. Diese Testphase soll der Überprüfung und Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der ePA dienen, bevor diese flächendeckend implementiert wird. Aber bereits jetzt haben alle Versicherten Anspruch darauf, eine ePA über ihre Krankenkasse zu erhalten. An die Testphase schließt sich im zweiten Quartal 2021 die sogenannte Roll-out-Phase an. Hier wird die ePA mit insgesamt ca. 200.000 Leistungserbringern (niedergelassenen Ärzt:innen, Apotheker:innen, Krankenhäusern) verbunden. Schließlich sind dann ab dem 1. Juli 2021 bundesweit alle vertragsärztlich tätigen Leistungserbringer verpflichtet, die ePA zu nutzen. Andernfalls drohen Sanktionen in Höhe von 1 % Honorarabzug [3].

Das Ziel der ePA

Durch eine einrichtungsübergreifende digitale Bündelung von Gesundheitsinformationen sollen Transparenz, Qualität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens im Allgemeinen und der individuellen Behandlung im Besonderen gefördert werden. Indem sämtliche Daten und Informationen einer Patient:in an zentraler Stelle abgelegt werden, soll eine umfassende Vernetzung des deutschen Gesundheitswesens ermöglicht werden. Zugriff auf die ePA haben – wenn die Patient:in dies wünscht – sämtliche Akteure wie niedergelassene Ärzt:innen, Kliniken, Apotheken und weitere Leistungserbringer und vor allem natürlich die Patient:innen selbst. Die Digitalisierung sämtlicher Dokumente inklusive der Kommunikation soll den Austausch aller Beteiligten vereinfachen. Außerdem sollen die Patient:innen durch die Verwaltung der ePA stärker und eigenverantwortlicher in die eigene Behandlung und Gesundheitsvorsorge eingebunden werden.

Ermöglicht wird dies alles, indem verschiedene Bestandteile der TI (wie z. B. der Notfalldatensatz und der elektronische Medikationsplan, die bereits seit letztem Jahr in den Praxen etabliert werden konnten) sowie weitere Dokumentationen in der ePA zusammenfließen. Hierzu gehört die digitale Dokumentation von Befunden, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Arzt- und Entlassbriefen. Ab 2022 soll die ePA komplettiert werden durch die Möglichkeit, Impfausweis, Mutterpass, U-Heft und Zahn-Bonusheft digital zu integrieren.

Die Patient:in hat die Datenhoheit

Die Nutzung der ePA ist für die Versicherten freiwillig. Über sämtliche Vorgänge im Rahmen der ePA haben sie die volle Kontrolle, nichts läuft ohne ihr Einverständnis. Die Patient:in entscheidet, welche Daten hinterlegt werden, welche Leistungserbringer zugreifen dürfen und auf welche Dokumente sie Zugriff haben. Auch kann die Patient:in jederzeit bestimmte Dokumente wieder löschen. Diese Möglichkeit – so wichtig sie im Sinne des Datenschutzes ist – kann dazu führen, dass der volle Nutzen der ePA nicht ausgeschöpft wird, da sich für manche Ärzt:innen u. U. Lücken in der Dokumentation ergeben.

Für die Datenverarbeitung und den Datenschutz ist der Anbieter der ePA verantwortlich, also i. d. R. die Kassen. Alle Dokumenteninhalte sind verschlüsselt, so dass nur Berechtigte darauf zugreifen können.

Schritt für Schritt zur Nutzung der ePA

Zur Nutzung der ePA muss die Praxis an die TI angebunden sein und die Ärzt:in muss einen elektronischen Arztausweis beantragt haben, mit dem sie sich authentifizieren kann (wir berichteten in Ausgabe 1/2021; s. QR-Code). Darüber hinaus muss der Kommunikationsdienst KIM installiert sein. Dieser ermöglicht den sicheren elektronischen Datenaustausch zwischen allen Leistungserbringern.

Die Patient:in beantragt bei ihrer Krankenkasse die ePA, welche in Form einer App auf das Smartphone oder Tablet geladen werden kann. Über diese Endgeräte können die Patient:in und später auch die Leistungserbringer die Daten und Dokumente verwalten. Besitzt die Patient:in kein solches Endgerät, können die Daten bei den Leistungserbringern wie der Hausärzt:in oder der Krankenkasse eingesehen werden. Hierzu muss von der Patient:in die elektronische Gesundheitskarte (eGK) vorgelegt und eine von der Krankenkasse vergebene PIN ins Kartenterminal eingegeben werden.

Bevor Sie als Ärzt:in Zugriff auf die ePA erhalten, muss die Patient:in dies explizit erlauben. Dies erfolgt entweder über die App der Patient:in oder beim Anmelden vor Ort in der Praxis über die eGK und die entsprechende PIN.

Die Aufgaben der Ärzt:in

Für Sie als Hausärzt:in ist vorgesehen, die Patient:innen beim ersten Befüllen der ePA sowie ggf. auch beim weiteren Aktualisieren und Verwalten der Daten zu unterstützen. Ihr Zugriff auf die Daten erfolgt direkt über Ihr Praxisverwaltungssystem (PVS). Zusammen mit der Patient:in können Sie die gewünschten Dokumente direkt aus Ihrem PVS in die ePA hochladen. Bei den hinterlegten Dokumenten – häufig in Form von PDFs – handelt es sich um Kopien, die Originale verbleiben stets im PVS.

Bei dem vorgesehenen Prozedere ist sehr gut denkbar, dass zum einen insbesondere den Hausärzt:innen eine wesentliche Rolle bei der Erstbefüllung der ePA zukommen wird. Zum anderen ist ebenfalls absehbar, dass dies eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen wird. Da stellt sich natürlich die Frage nach der Vergütung und die wird in der Ärzteschaft als "mau" kommentiert. Für die Erstbefüllung der ePA ist eine Vergütung über 10 € vorgesehen. Die erforderlichen Abrechnungsvoraussetzungen und darüber hinausgehende Vergütungen für die weitere Aktualisierung und Pflege der ePA zur Aufnahme in den EBM werden derzeit noch verhandelt [3]. Neben der Einsparung von Papier-, Druck- und Portokosten sollen durch die Nutzung der ePA auch zeitliche Ressourcen in den Praxen frei werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Hinweis, dass die Bearbeitung der ePA durchaus auch an das Praxispersonal delegiert werden darf. Yvonne Emard |

Nehmen Sie teil: Digitale Veranstaltung zum Thema ePA
Im Zuge der "MedTalks"-Veranstaltungsreihe lädt das Gesundheitsunternehmen Kry zu einer interaktiven Paneldiskussion mit dem Titel "ePA: Problemlöser oder Stolperfalle?" ein. In dem einstündigen Fokus-Event soll gemeinsam mit ausgewählten Expert:innen aus Politik, Wirtschaft und Medizin die aktuelle Entwicklung im Zusammenhang mit der ePA erörtert werden. Die kostenfreie Veranstaltung findet am 4. März digital statt. Anmeldung und Infos finden Sie unter
http://www.kry.de/events.


Quellen
1. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/elektronische-patientenakte.html#c16307 2. https://www.gematik.de/anwendungen/e-patientenakte/ 3. https://www.kbv.de/html/1150_47010.php


Autorin:
Yvonne Emard

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (2) Seite 54-55