Es sind insbesondere die ersten und die letzten Momente, in denen Menschen aufeinandertreffen, die besonders starke Wirkung haben. In der Praxis ist es v. a. der Empfang, der einen ersten Eindruck bestimmt und auch den letzten, wenn man wieder geht.

Erleben die Patient:innen hier einen freundlichen, respektvollen Umgang und eine angenehme Atmosphäre, ist das eine gute Basis für eine vertrauensvolle Beziehung.

Der Empfang ist der Platz in der Praxis, an dem alle Fäden zusammenlaufen. Er ist die Visitenkarte nach außen und — im besten Fall — das Aushängeschild der Praxis. Schon in den ersten wenigen Minuten zeigt sich, ob sich Patient:innen in der Praxis wohlfühlen oder nicht. Beachtet zu werden ist ein Bedürfnis von jedem Menschen.

Wir alle möchten gesehen und wahrgenommen werden, wenn wir fremde Räume betreten. Deswegen ist es entscheidend, aufmerksam zu sein und möglichst unmittelbar auf Patient:innen zu reagieren, sobald sie die Praxisräume betreten haben. Wenn es gerade stressig zugeht oder Mitarbeiter:innen gerade noch in einem anderen Gespräch sind, können sie mit Blickkontakt, freundlichem Lächeln und kurzem Kopfnicken den Neuankömmlingen signalisieren, dass sie gesehen und wahrgenommen werden. Ein authentisch-freundlicher Umgang allen Patient:innen gegenüber ist das Einmaleins der guten Kommunikation. Wer als Patient:in mit einem netten Lächeln und freundlicher Stimme begrüßt wird, fühlt sich eher willkommen. Optimal ist es, wenn die Mitarbeiter:innen möglichst einen Schritt vorausdenken können. Dazu gehört auch, neuen Patient:innen ein paar Infos zum Ablegen der Kleidung zu geben, zum Weg ins Wartezimmer und dem weiteren Ablauf. Wenn im stressigen Praxisalltag möglich: Lassen Sie Ihre Patient:innen beim ersten Praxisbesuch persönlich begleiten.Auch sollte der Empfangsbereich möglichst aufgeräumt und ordentlich sein. Ein schönes Ambiente mit hellen Farben, Bildern und gepflegten Pflanzen trägt dazu bei, dass sich Ihre Patient:innen und auch Sie und Ihr Team wohlfühlen.

Die Stimme hat in der Kommunikation eine starke Wirkung, manchmal sogar eine größere als der Inhalt der Worte. Untersuchungen zeigen, dass dem Klang der Stimme etwa fünfmal soviel Bedeutung zukommt als den Worten selbst. Eine freundliche Stimme in angenehmer Lautstärke fördert eine gute Beziehung, gerade wenn man nicht direkt Zeit hat, sich umfassend um die Patient:innen zu kümmern. Am Telefon ist der Klang der Stimme besonders wichtig, da dort alles auf sie und den Inhalt reduziert ist. Neben der Stimme ist die nonverbale Kommunikation essenziell. Dazu gehören der Blickkontakt und eine offene, entspannte Körperhaltung. Insbesondere der Blickkontakt ist entscheidend, über ihn zeigen wir Interesse, Ehrlichkeit und fördern Vertrauen. Patient:innen den Rücken zuzudrehen oder Gespräche mit ihnen zu führen, während die Augen auf die Tastatur gerichtet sind, wirkt unpersönlich und ist unhöflich. Im Idealfall sprechen die Mitarbeitenden mit den Patient:innen im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe. Von daher bietet es sich durchaus an, Gespräche auch im Stehen zu führen.

Praxisbeispiel 1

Kommunikation lebt vom Positiven

Positive Formulierungen wirken nicht nur sympathisch und professionell, sie führen auch zu mehr Optimismus. Der wiederum fördert Offenheit und Verständnis. Beim positiven Formulieren werden Verneinungen und Ablehnungen mit "nein", "nicht" oder "kein" umformiert. Eine Mitarbeiter:in spricht z.B. von Lösungen und Angeboten und nicht von dem, was nicht machbar ist.

Beispielformulierungen:
  • Der nächstmögliche Termin ist am / um ... (Statt: Wir haben keinen Termin frei.)
  • Kann ich Ihnen einen anderen Vorschlag machen? (Statt: Das geht nicht…)
  • Frau Müller ruft Sie gerne zurück, sobald sie… (Statt: Frau Müller ist jetzt nicht zu sprechen.)

Mit Ärger und Stress richtig umgehen

Was Sie im Inneren denken und fühlen, wirkt unbewusst meist auch nach außen. Insbesondere in der Arztpraxis brauchen die Mitarbeiter:innen daher eine gewisse innere Haltung und die Bereitschaft, anderen gegenüber freundlich und respektvoll zu sein. Wer durch den stressigen Praxisalltag in negativer Stimmung, verärgert oder gestresst ist, sollte sich im Optimalfall– wenn irgendwie möglich – eine Mini-Auszeit nehmen und "durchschnaufen": sich kurz sammeln und einige Male tief durchatmen. Gerade nach schwierigen Gesprächen kann ein Moment der Ruhe helfen und auch ein bisschen Humor befreiend wirken. In Stressmanagement-Seminaren und Kommunikations-Workshops erhalten Teammitglieder hilfreiche Tipps zum Gelassenbleiben und zum richtigen Verhalten in schwierigen Gesprächssituationen.

Diskretion und Intimsphäre achten

Dieser Punkt ist wohl der wichtigste von allen. Deswegen ist z. B. das Mithören von Patientengesprächen ein absolutes No-Go! Dennoch kommt es im Praxisalltag immer wieder vor, dass Patient:innen im Empfangsbereich sensible Gesprächsinhalte mitbekommen. Sorgen Sie deswegen dafür, dass sich diese nicht lange im Empfangsbereich aufhalten, sondern grundsätzlich im Wartezimmer warten. Die Tür zwischen Empfang und Wartebereich sollte aus diesem Grund auch immer geschlossen bleiben. Hinweisschilder mit Bitte um Diskretion oder Markierungen für mehr persönlichen Abstand sind gute Lösungen, um Patient:innen zu sensibilisieren und um sie auf die Einhaltung hinzuweisen (nicht erst seit Corona). Werden solche Schilder von Patient:innen missachtet, sollten diese freundlich darauf hingewiesen werden. Das ist auch aus Sicht des Datenschutzes wichtig, denn bei gesundheitlichen Informationen geht es in vielen Fällen um sensible Inhalte. Außerdem sieht die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vor, dass nur solche Daten mündlich oder schriftlich erhoben werden dürfen, welche zur Auftragserbringung tatsächlich nötig sind (Datenminimierung). Von daher macht es Sinn, die Abläufe rund um die Patientenaufnahme und Datenerfassung einmal grundsätzlich zu überdenken und – wenn sinnvoll – zu verändern.

Praxisbeispiel 2

Bei Beschwerden hilft die "A-Regel" weiter

Annehmen der Beschwerde — ohne Wertung — bedeutet:

  • Ausreden lassen und aktiv zuhören
  • Anliegen mit eigenen Worten wiederholen
  • Angebot machen (Klärung, Rücksprache halten u. a.)
  • Abschluss immer positiv gestalten (bedanken)

Persönlich ansprechbar

Ganz gleich, in welcher Form Sie das machen, ob über ein personalisiertes T-Shirt, ein klassisches Namensschild oder einen kleinen Aufsteller: Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden sich mit Namen präsentieren. Mit der persönlichen Vorstellung machen Sie es den Patient:innen leichter, Ihre Mitarbeitenden wiederzuerkennen, und diese signalisieren, dass sie ansprechbar sind. Namentlich vorstellen bedeutet auch, dass die Mitarbeitenden "mit ihrem Namen" hinter dem stehen, was sie sagen und den Patient:innen zusagen. Einheitliche Shirts oder auch Namensschilder im Corporate Design der Hausarztpraxis setzen ein Zeichen nach außen, aber auch nach innen. Sie zeigen, dass sich Mitarbeitende mit der Praxis identifizieren, fördern den Teamgedanken und das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Wenn es die Zeit erlaubt oder einfach während der Begleitung der Patient:in eignet sich auch immer ein Small Talk. Smal Talk ist perfekt, um gut ins Gespräch einzusteigen, und lockert die Atmosphäre insgesamt auf. Durch Small Talk können Sie auf leichte Weise bei den Patient:innen Sympathiepunkte sammeln und den Beziehungsaufbau, also die emotionale Verbindung zur Praxis, fördern. Außerdem kann ein leichtes, neutrales Thema die Stimmung positiv beeinflussen und den Patient:innen ihre Anspannung vor der Behandlung nehmen.

Beispielfragen für Smal Talk in der Praxis:

  • Anfahrt: Wie lange waren Sie unterwegs? Haben Sie uns gut finden können?
  • Feiertage: Wissen Sie schon, wie Sie die Feiertage verbringen werden?
  • Wochenende: Haben Sie schon Planungen für Ihr Wochenende?
  • Gemeinsamkeiten: Ich erinnere mich daran, dass Sie – so wie ich - …?
  • Familiäres: Sie hatten mir beim letzten Mal erzählt …?

Tabuthemen beim Small Talk:
Praxisinsider, Politik, Religion, Klatsch & Tratsch und natürlich Lästereien.

Mit Beschwerden professionell umgehen

Patient:innen möchten ernst genommen werden und sich verstanden fühlen, gerade dann, wenn sie sich nicht gut behandelt oder missverstanden fühlen. Im Grunde ist es gleich, um welche Art der Beschwerde es sich handelt, wichtig ist, zunächst ehrlich zuzuhören: ohne zu unterbrechen, ohne zu werten – und ohne sich zu rechtfertigen.

Wenn Patient:innen beim Anbringen ihrer Beschwerde die Möglichkeit bekommen, über ihre persönliche Erfahrung zu sprechen und ihre Meinung zu äußern, ist das "die halbe Miete". Zeigen Sie, dass Sie die Patient:in mit ihrem Anliegen und der Beschwerde ernst nehmen und dass Sie um eine Lösung bemüht sind. Beschwerden sind kein persönlicher Vorwurf, sondern eine Möglichkeit und Chance, eine Situation zum Positiven zu verändern.

Dazu passt z. B. auch das Zitat von der Bestsellerautorin Sabine Asgodom. Sie vergleicht Kommunikation mit einem Tennisspiel: "Wie der Ball kommt, können wir nicht immer beeinflussen. Aber unseren Return und unsere Leistung schon." Sollte es dennoch zu einer hitzigen Diskussion kommen, setzen Sie das Gespräch besser in einem Nebenraum fort. Das Image der Praxis in der Wahrnehmung der einzelnen Patient:innen setzt sich immer aus der Summe aller Eindrücke, die man als Praxisbesucher:in sammelt, zusammen. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, Freundlichkeit und Wärme auszustrahlen und somit Vertrauen zu fördern und den Praxisbesuch so angenehm wie möglich zu machen.



Autorin:

© Christiane Fleissner Mielke
privat

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Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (8) Seite 52-54