Häufige Komplikationen der Schrittmacher- bzw. Defibrillatortherapie sind Infektion und Elektrodenkomplikation. Diese Risiken können durch den kabellosen Herzschrittmacher bzw. den subkutanen Defibrillator reduziert werden. Aufgrund anderer Limitationen werden diese neuen Systeme in den nächsten Jahren jedoch nicht die konventionellen transvenösen Systeme komplett ersetzen. Uns werden künftig transvenöse, kabellose und subkutane Systeme im Alltag begegnen. Aus dem Fehlen einer infraclaviculären Aggregattasche darf nicht geschlossen werden, dass der Patient:in kein Herzschrittmacher oder Defibrillator implantiert wurde.

Fallbeispiel – Dialysepatientin mit Vorhofflimmern
Frau M. erleidet während der Dialyse eine Synkope. In der nachfolgenden Monitorüberwachung zeigen sich Pausen bis 8 Sekunden bei seit Jahren bekanntem permanentem Vorhofflimmern. Da seit zwei Jahren wiederholt Synkopen aufgetreten sind, fällt die Entscheidung für die Implantation eines Herzschrittmachers. Rechtsseitig liegt bereits der Demers-Katheter für die Dialyse. Vor fünf Jahren erfolgte auf der linken Seite eine Mastektomie wegen eines Mammakarzinoms einschließlich Lymphknotenentfernung. Somit besteht für die Schrittmacherimplantation auf der linken Seite eine relative Kontraindikation, rechtsseitig ist das Infektionsrisiko erhöht. Nach Rücksprache mit den Kardiologen wird ein kabelloser Herzschrittmacher implantiert. Das kleine kapselartige Aggregat wird in einem Kathetereingriff über die Leiste direkt in den rechten Ventrikel vorgebracht und dort verankert.

Es war ein großer Fortschritt, als 1958 der schwedische Arzt Ake Senning zusammen mit Rune Elmquist den ersten Herzschrittmacher implantierte. Wichtige Weiterentwicklungen der nächsten 20 Jahre waren die Einführung der Lithium-Ionen-Batterie, die Programmierbarkeit der Schrittmacher und der Wechsel von der epikardialen zur transvenösen Schrittmacherelektrode [7]. Seit über 40 Jahren hat sich an der Schrittmachertechnik jedoch keine weitere wesentliche Veränderung ergeben. Das Aggregat wird rechts oder links infraclaviculär über einen ca. 5 cm großen Hautschnitt implantiert und über transvenös eingebrachte Elektroden mit den Herzkammern verbunden. Hiermit sind bereits die beiden großen Schwachstellen des Systems benannt: die Aggregattasche und die Elektrode mit den resultierenden Hauptkomplikationen Infektion, Elektrodendislokation (früh postoperativ) und Elektrodendefekt im Langzeitverlauf. Die Gefahr einer Infektion des Schrittmachersystems steigt abhängig von patientenindividuellen Risikofaktoren wie z. B. Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz oder immunsuppressiver Medikation [6]. Klinisch kann sich eine Schrittmacherinfektion lokal durch Schmerz oder Rötung bis hin zur Aggregatperforation äußern (Abb. 1). Darüber hinaus können Infektionen entlang der Elektroden auftreten, die sich als Fieber im Rahmen einer Bakteriämie äußern oder gar als Endokarditis manifestieren.

Ein kabelloser Schrittmacher kann unmittelbar in den rechten Ventrikel implantiert werden und kommt daher ohne subkutane Aggregattasche und ohne Schrittmacherelektroden aus. Die Idee hierzu stammt bereits von 1970, brauchte jedoch 40 Jahre bis zur klinischen Reife [5]. Von drei Firmen wurden kabellose Schrittmacher entwickelt, wobei aktuell nur der Micra® der Firma Medtronic marktverfügbar ist. Erforderlich war die Miniaturisierung des Schrittmachers mit Weiterentwicklung der Batterie, um eine ausreichende Aggregatlaufzeit zu ermöglichen. Das Micra®-System hat eine Länge von 25,9 mm und ein Volumen von nur 0,8 ccm bei einem Gewicht von 1,75 g. Mit Hilfe von vier Nitinol-Häkchen wird es im Bereich des interventrikulären Septums im rechten Ventrikel verankert. Die Häufigkeit von Perikardergüssen bzw. -tamponaden hat mit dem Wechsel des Implantationsorts vom Apex hin zum Septum und mit der Erfahrung der Implanteure erheblich abgenommen und tritt heute nicht häufiger auf als bei der Implantation herkömmlicher Schrittmacherelektroden. Insgesamt zeigen sich bislang ein hoher und komplikationsloser Implantationserfolg sowie eine im Verlauf sehr stabile Funktion des kabellosen Schrittmachers [3, 4]. Der Zugang für den Implantationskatheter ist üblicherweise die rechte Leiste. Nach Punktion der V. femoralis wird der kabellose Schrittmacher über einen 27 Fr. großen Katheter zum Herzen vorgebracht. Seltene Komplikationen sind daher Blutergüsse oder Thrombosen im Bereich der Leiste.

Aufgrund des Zugangs über die Leiste stellt der kabellose Schrittmacher eine sinnvolle Alternative dar, wenn wie im o. g. Fallbeispiel der Zugangsweg über die V. subclavia problematisch ist.

Limitationen kabelloser Herzschrittmacher

Die unmittelbare Implantation des Aggregates in den rechten Ventrikel hat zur Folge, dass es sich um einen 1-Kammer-Schrittmacher handelt. Aus rhythmologischer Sicht besteht die Indikation zur Implantation eines solchen VVIR-Schrittmachers insbesondere bei symptomatischem, bradykard übergeleitetem Vorhofflimmern. Dies stellte 2019 jedoch mit 13,1 % aller stationären Schrittmacherimplantationen in Deutschland eher eine seltenere Indikation dar. Erfreulicherweise steht seit 2020 ein kabelloser Schrittmacher zur Verfügung, der eine AV-synchrone Kammerstimulation ermöglicht. Hierdurch kann auch Patient:innen mit AV-Block eine physiologische Schrittmacherversorgung mittels kabellosen Schrittmacher angeboten werden. Technisch wird dies dadurch ermöglicht, dass der implementierte Sensor, der eigentlich für die belastungsabhängige Frequenzsteuerung zuständig ist, die durch die Vorhofkontraktion ausgelöste Erschütterung detektieren kann. Im Anschluss an die so detektierte intrinsische P-Welle stimuliert der Schrittmacher den Ventrikel, die AV-Synchronität bleibt erhalten. Der AV-Micra® (Abb. 2) ist daher in Form und Größe identisch zum VVIR-Micra®.

Für die Indikation des kranken Sinusknotens – 2019 ca. ein Drittel aller Indikationen – steht weiterhin jedoch keine physiologische Stimulationsmöglichkeit über einen kabellosen Schrittmacher zur Verfügung [8].

Ebenfalls ungelöst ist derzeit die Frage, wie bei Erreichen der Batterieerschöpfung nach 8–12 Jahren verfahren werden soll. Ob routinemäßig eine Explantation der vollständig endothelialisierten Schrittmacherkapsel möglich bzw. nötig sein wird oder ob der Einfachheit halber ein zweiter kabelloser Schrittmacher in den rechten Ventrikel implantiert wird, ist derzeit Gegenstand der Diskussion.

Die Entwicklung kabelloser Herzschrittmacher ist eine wichtige Weiterentwicklung bei der Vermeidung mechanischer Komplikationen durch Herzschrittmacher. Eine weitere hiervon völlig unabhängige Weiterentwicklung konventioneller Schrittmachersysteme betrifft den Wunsch nach einer möglichst physiologischen Stimulation. Hierbei geht es um die Optimierung des Stimulationsortes und nicht um Komplikationsvermeidung durch Reduktion von Hardware. Hintergrund ist, dass die rechtsventrikuläre Stimulation, unabhängig ob septal oder apikal, im Vergleich zur Erregungsausbreitung über das His-Purkinje-System immer zu einer unphysiologischen Depolarisation führt. Von besonderer klinischer Relevanz ist hierbei die asynchrone Kontraktion des linken Ventrikels, wodurch eine bestehende Linksherzinsuffizienz verschlechtert oder im schlimmsten Fall erst ausgelöst wird (stimulationsinduzierte Kardiomyopathie) [1]. Um dies zu vermeiden, gibt es derzeit viele Untersuchungen, die die Positionierung der rechtsventrikulären Elektrode unmittelbar am His-Bündel prüfen. Alternativ hierzu wird in jüngster Zeit die direkte Stimulation des linken Tawara-Schenkels probiert, indem eine Stimulationselektrode vom rechten Ventrikel tief ins interventrikuläre Septum eingeschraubt wird [2].

Vom transvenösen zum "subkutanen" Defibrillator

Implantierbare Defibrillatoren können Lebensretter sein. Ähnlich wie bei Schrittmachern sind im Verlauf auch hier die Aggregattasche und die transvenöse Elektrode Ausgang für die häufigsten Komplikationen: Infektion und Elektrodendefekte. Können Elektrodendefekte bei Schrittmacherpatient:innen zu einem (intermittierenden) Verlust effektiver Stimulation führen, kommt bei Defibrillationssonden das Risiko inadäquater Schockabgaben hinzu: Defekte Elektroden führen zu elektrischen Artefaktsignalen, die als ventrikuläre Tachyarrhythmie fehlinterpretiert und so zu nicht erforderlichen Therapieabgaben durch den Defibrillator führen können. Der Wunsch, auf die transvenöse Elektrode verzichten zu können, führte zur Entwicklung des S-ICD. Das "S" steht für subkutan, womit die Lage der Defibrillationselektrode gemeint ist, die nun nicht mehr transvenös zum Herzen führt. Stattdessen verläuft die Elektrode extrathorakal entlang des Sternums und des linken Rippenbogens zum Aggregat, das unter den M. latissimus dorsi implantiert wird (vgl. Abb. 3). Die Stromabgabe zwischen Aggregat und parasternal liegender Defi-Elektrode gewährleistet eine ausreichende Stromdichte am Myokard, um Kammerflimmern zu terminieren. Da die subkutane Defi-Elektrode nicht kontinuierlich dem Blutstrom ausgesetzt ist und nicht den thorakalen und kardialen Bewegungen folgen muss, ist die Konstruktion wesentlich robuster, so dass mit Elektrodendefekten deutlich weniger zu rechnen ist als bei transvenösen Elektroden. Da Elektrode und Aggregat extrathorakal zu liegen kommen, ist die erforderliche Defibrillationsenergie höher als beim transvenösen System (max. 80 J anstelle von max. 40 J). Hierdurch ist eine größere Batterie erforderlich und somit das Aggregat größer als bei herkömmlichen transvenösen Systemen. Auch erscheint die Lage unterhalb des M. latissimus dorsi ungewöhnlich. Nach kurzer Eingewöhnung berichten jedoch auch sehr schlanke Patient:innen über einen sehr guten Tragekomfort.

Aus dem Verzicht auf eine intrakardiale Elektrode resultiert gleichzeitig der größte Nachteil des S-ICD, die fehlende Stimulationsmöglichkeit. Somit kann der S-ICD weder im Falle von Bradykardien eine VVI-Back-up-Stimulation ermöglichen, noch ist eine schmerzlose antitachykarde Überstimulation (ATP) im Falle monomorpher ventrikulärer Tachykardien möglich. Der S-ICD ist einzig darauf ausgelegt, den plötzlichen Herztod durch Abgabe von Elektroschocks zu verhindern. Künftig wird es wohl die Option geben, den S-ICD mit einem kabellosen Schrittmacher zu kombinieren, um die Therapieoptionen zu erweitern. Das Emblem®-System der Firma Boston Scientific ist seit mehreren Jahren in Erprobung, steht aktuell aber noch nicht für den Routineeinsatz zur Verfügung.

ESSENTIALS – Wichtig für die Sprechstunde
  • Typische Komplikationen herkömmlicher Schrittmacher sind Infektion und Elektrodendislokation.
  • Kabellose Schrittmacher brauchen keine Aggregattasche und keine Elektroden, haben jedoch andere Schwächen.
  • Neuere ICDs verzichten auf transvenöse Elektroden.


Literatur:
1. Abdelrahman M, Subzposh FA, Beer D et al (2018) Clinical Outcomes of His Bundle Pacing Compared to Right Ventricular Pacing. Journal of the American College of Cardiology 71:2319–2330. https://doi.org/10.1016/j.jacc.2018.02.048
2. Arnold AD, Whinnett Z, Vijayaraman P (2020) His–Purkinje Conduction System Pacing: State of the Art in 2020. Arrhythmia & Electrophysiology Review. https://doi.org/10.15420/aer.2020.14
3. Duray GZ, Ritter P, El-Chami M et al (2017) Long-term performance of a transcatheter pacing system: 12-Month results from the Micra Transcatheter Pacing Study. Heart Rhythm 14:702–709. https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2017.01.035
4. El-Chami MF, Al-Samadi F, Clementy N et al (2018) Updated performance of the Micra transcatheter pacemaker in the real-world setting: A comparison to the investigational study and a transvenous historical control. Heart Rhythm 15:1800–1807. https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2018.08.005
5. Spickler JW, Rasor NS, Kezdi P et al (1970) Totally self-contained intracardiac pacemaker*. Journal of Electrocardiology 3:325–331
6. Tarakji KG, Heart and Vascular Institute, Cleveland Clinic, Ohio, US, Ellis CR et al (2016) Cardiac Implantable Electronic Device Infection in Patients at Risk. Arrhythmia & Electrophysiology Review 5:65. https://doi.org/10.15420/aer.2015.27.2
7. Verma N, Division of Cardiology, Department of Medicine, Northwestern University, Feinberg School of Medicine, Chicago, IL, US, Knight BP, Division of Cardiology, Department of Medicine, Northwestern University, Feinberg School of Medicine, Chicago, IL, US (2019) Update in Cardiac Pacing. Arrhythmia & Electrophysiology Review 8:228–233. https://doi.org/10.15420/aer.2019.15.3
8. QSKH_09n1-HSM-IMPL_2019_BUAW_V02_2020-07-14.pdf.


Autor

Dr. med. Oliver Przibille

CCB am Agaplesion Bethanien Krankenhaus
60389 Frankfurt

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (6) Seite 43-45