Perianale Beschwerden wie Blutungen, Schmerzen, Schwellungen oder Juckreiz sind häufig und meist sehr schambehaftet. Patienten wenden sich mit solchen Symptomen lieber an ihren vertrauten Hauarzt als an einen unbekannten Spezialisten. Mit einfachen Mitteln und etwas "Fingerspitzengefühl" gelingt eine suffiziente und weichenstellende Untersuchung in diesem intimen Bereich.

Jeder Untersuchung geht eine gründliche Anamnese voraus. Dabei ist die häufigste Aussage von Patient:innen mit einem proktologischen Problem: "Ich habe Hämorrhoiden." Dies geschieht in der Laien-Annahme, alle analen Beschwerden seien auf Hämorrhoiden zurückzuführen. Dann muss konkretisiert werden: Bestehen Blutungen, Schmerzen, Schwellungen oder Juckreiz?

Kasuistik: Selbstdiagnose Hämorrhoiden
Ein 40-jähriger Mann wendet sich an seinen Hausarzt mit der Aussage: "Ich leide an Hämorrhoiden." Es wird eine Untersuchung in Linksseitenlage vorgenommen. Dabei sieht man in der hinteren Kommissur eine kleine Falte (Vorpostenfalte). Druck auf diese Stelle löst einen massiven Schmerz aus. Eine tiefere Palpation ist nicht möglich. Behutsames Spreizen offenbart eine Analfissur hinter der Vorpostenfalte (Abb. 1).

Wichtige Fragen, die nicht fehlen dürfen:

  • Blutungen ab ano?
  • Verstopfung? Durchfall?
  • Schmerzen, immer oder nur bei der Defäkation?
  • Tastbare Schwellung?
  • Juckreiz?
  • Wann war die letzte Koloskopie?
  • Einnahme von Antikoagulanzien?
  • Kolorektale Karzinome in der Familie?
  • Sexualanamnese: rezeptiver Analverkehr?

Ein Klassiker ist der sogenannte Postdefäkationsschmerz, der Stunden anhalten kann. Löst der Stuhlgang dieses Symptom aus, ist die Diagnose Analfissur (Abb. 1) fast schon sicher (90 % der Fissuren befinden sich an der 6-Uhr-SSL-Position). Die Therapie ist konservativ: Sphinkterrelaxierende Salben (Nifedipin, Diltiazem, Nitrat) lösen den Spasmus und verbessern die Durchblutung.

Ein Karzinom darf nie übersehen werden!

Hellrotes Blut am Toilettenpapier ist als Symptom oft, aber niemals sicher die Folge eines Hämorrhoidalleidens. Andere Blutungsquellen, insbesondere ein tiefsitzendes blutendes Karzinom, müssen immer sicher ausgeschlossen werden.

Innere Hämorrhoiden hat jeder Mensch. Dieser innere arteriovenöse Schwellkörper ist ein wichtiger Bestandteil des anorektalen Kontinenzmechanismus. Hämorrhoiden kann man nicht tasten. Der eingeführte Finger presst die Gefäßpolster aus, wenn sie nicht thrombosiert sind.

Die Untersuchung in der Hausarztpraxis

Nach der Anamnese folgt die Untersuchung. Sie sollte immer im Beisein einer Assistenzperson erfolgen. Die Seitenlage ist am praktikabelsten. Wichtig ist eine gute Beleuchtung. Lokalisationsangaben folgen in der Proktologie üblicherweise der "Anal Clock", bei der die 12-Uhr-Position in Steinschnittlage (SSL) oben ist. In Linksseitenlage liegt die 9-Uhr-SSL-Position oben.

Die Inspektion ermöglicht bereits viele Blickdiagnosen, z.B. Analvenenthrombosen, Kondylome, Ekzeme, Abszesse, Analfistelostien, aber auch Analkarzinome.

Eines der häufigsten Krankheitsbilder in der Analregion ist die plötzlich auftretende und schmerzhafte Analvenenthrombose (Abb. 2). Die Auslöser sind vielfältig (Pressen, Heben, Radfahren u.v.m.). Die Ausprägung reicht von klein (5 mm) bis groß (6 cm). Die Thrombosen befinden sich am Analrand außen, manchmal im Analkanal und sind nicht verschieblich. Forcierte Repositionsversuche können erneute Blutungen auslösen und die Thrombose vergrößern. Kleine Analvenenthrombosen bilden sich innerhalb von zwei bis drei Wochen spontan zurück. Größere und schmerzhafte Analvenenthrombosen können chirurgisch entfernt werden. Thrombosierte Hämorrhoiden (Abb. 3) prolabieren und können inkarzerieren. Eine sanfte Reposition kann gelingen und bringt eine deutliche Schmerzlinderung.

Marisken werden auch oft mit Hämorrhoiden verwechselt. Bei Marisken (Abb. 4) handelt es sich um harmlose perianale Hautfalten. Wenn sie die Analhygiene behindern, können sie entfernt werden.

Ein Analprolaps (Abb. 5) ist die Maximalvariante des prolabierenden Hämorrhoidalleidens (radiäre Fältelung). Im Akutstadium gelingt eine Reposition meist nicht. Das Abschwellen muss unterstützt werden (Ruhe, Liegen, Kühlen, Stuhlregulation, NSAR). Ein Rektumprolaps (Abb. 6) sieht völlig anders aus (zirkuläre Schleimhautfalten). In Seitenlage kann der Darm innenliegen, ein Prolaps kann manchmal nur im Sitzen evoziert werden. Bei innenliegendem Prolaps findet man meist einen schwachen und klaffenden Sphinkter. Ein kleines Analkarzinom darf nicht übersehen werden (Abb. 7). Die Inspektion muss auch die Umgebung mit einbeziehen: äußeres Genitale, Gesäß, Rima ani (Pilonidalsinus) und Leistenregion.

Palpation

Verwenden Sie zur digitalen Austastung am besten ein Lidocain-haltiges Gel. Kündigen Sie die Untersuchung an und passieren Sie vorsichtig und langsam den Analkanal. Achten Sie als Erstes auf eine raue Stelle bei 6 (seltener 12) Uhr SSL, wenn diese vorliegt und schmerzhaft ist, so ist hier eine Fissur. Setzen Sie die Untersuchung nur fort, wenn keine starken Schmerzen bestehen.

Dann tasten Sie das untere Rektum aus. Stuhlballen können einen Tumor vortäuschen, sie sind aber verschieblich. Ein Karzinom in dieser Region ist unverschieblich und hat bei tiefem Sitz oft den Schließmuskel infiltriert. Auch die Prostata sollte untersucht werden. Abschließend sollte man versuchen, mit der Fingerspitze so tief wie möglich zu tasten, um ein Rektumkarzinom bei 8 cm auch noch zu erreichen.

Eine einfache, aber sehr valide Funktionsprüfung des Sphinkters gelingt durch die Ermittlung des DRESS(Digital rectal examination scoring system)-Score (vgl. Tabelle 1). Normal ist DRESS 3.

Nach dem Entfernen des tastenden Fingers achtet man auf Blut und Schleim am Fingerling.

Proktoskopie und Rektoskopie sind in der hausärztlichen Praxis nicht obligat. Es ist aber von Vorteil, Abstriche aus eitrigem oder glasigem Rektalsekret gewinnen zu können, wenn der Verdacht auf eine infektiöse Proktitis besteht (Gonokokken, Chlamydien).

Berichtet die Patient:in von Blut am Toilettenpapier oder Blut im oder auf dem Stuhlgang oder von Blutspritzern in der Toilette, so muss die Blutungsquelle lokalisiert werden. Blutende Hämorrhoiden können proktoskopisch gesehen und behandelt werden. Höhergelegene Blutungsquellen müssen gegebenenfalls endoskopisch ausgeschlossen werden ("In dubio pro Colo"). Stuhltestungen auf okkultes Blut sind bei anamnestisch sichtbarem Blut absolut nicht hilfreich.

Es sind nicht immer Hämorrhoiden

Analekzeme (Abb. 8) sind häufig. Bei allergischen Ekzemen muss die Noxe ermittelt werden. Atopische Ekzeme bedürfen einer adäquaten Hautpflege und eventuell einer kurzfristigen topischen Steroidbehandlung. Das häufigste Ekzem ist das sogenannte irritativ-toxische Analekzem. Auslöser, wie z. B. nässende Hämorrhoiden, sezernierende Fisteln, sekundär heilende Wunden oder Stuhlinkontinenz, müssen therapiert werden. Kurze Behandlungen mit Steroid-Salben nehmen den häufig unerträglichen Juckreiz.

Weitere häufige Blickdiagnosen, die eine chirurgische Sanierung notwendig machen, sind perianale Condylomata acuminata (Abb. 9), Analabszesse (Abb. 10) und Analfisteln (Abb. 11).

Wichtig für die Sprechstunde
  • Bei Blut im Analbereich muss die Blutungsquelle immer lokalisiert werden.
  • Die rektale Palpation sollte angekündigt werden und immer vorsichtig und langsam erfolgen.
  • Es sind nicht immer Hämorrhoiden!



Autor

© privat
Dr. med. Daniel Sterzing

Facharzt für Allgemeinchirurgie u. Proktologie
Proktologisches Zentrum
10719 Berlin
Interessenkonflikte:Der Autor hat keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (2) Seite 34-36