Der rheinische Karneval, die Mainzer Fastnacht und der Münchner Fasching sind hierzulande bestens bekannt. Mit Straßenumzügen und Veranstaltungen ziehen sie ein riesiges Publikum an. In Deutschland weniger bekannt ist das Buschofest im ungarischen Städtchen Mohács. Es hat eine sehr lange Tradition und zählt seit 2009 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Das Buschofest ist jedenfalls einen Besuch wert, meint unser Autor – und er muss es wissen, denn er lebt seit vielen Jahren in Mohács.

Das Buschofest gehört zum Kreis solcher Feste, die den Winter verabschieden und den Frühling begrüßen, und die man auch bei anderen Völkern finden kann. Es weist Ähnlichkeiten sowohl mit dem Karneval in Rio und dem Karneval in Venedig als auch mit den Bräuchen afrikanischer Völker auf.

Die Organisatoren lassen sich bei der Planung des Volksfestivals, das sich von Jahr zu Jahr über ein stets wachsendes Interesse freuen kann, von zwei Dingen leiten: Einerseits bestehen sie darauf, die ursprünglichen Elemente und Erscheinungsbilder des Volksbrauchs beizubehalten, andererseits – gerade wegen der steigenden Anzahl der Besucher:innen – wollen sie einheimische und ausländische Tourist:innen mit farbenfroheren Programmen und Veranstaltungen anlocken.

Grausige Kerle mit Tiermasken …

Am Faschingssonntag ist es so weit: Von der größten ungarischen Donauinsel setzen mit viel Tamtam Ruderboote über die eisigen Donaufluten. Ihr Ziel ist der sogenannte Kroatenhafen von Mohács, einem kleinen gemütlichen Städtchen im Süden Transdanubiens. Von einer vieltausendköpfigen Menschenmenge aus nah und fern werden sie am Ufer erwartet – die Buschos. Gar grausig-lustig sind sie anzuschauen. Die Kleidung des Buschos war früher die gleiche wie heute: ein kurzer Schafspelz mit dem Fell nach außen, eine mit Stroh gefüllte weiße Hose, bunte Strumpfhosen aus Wolle gestrickt und Lederbundschuhe. Den Pelz hält ein Gürtel oder ein Rinderseil um die Taille zusammen, an der Seite hängt eine Kuhglocke. Die Buschos halten die unverzichtbare Ratsche oder den vielfach gefiederten Holzstreitkolben in den Händen. Das Wichtigste aber, was den Buscho zu einem Buscho macht, ist die aus Weidenholz geschnitzte und traditionell mit Tierblut bemalte Maske mit einer aus Schafspelz angefertigten Kapuze.

… "verprügeln" die Zuschauer mit Mehlsäckchen

Im Festzug tänzeln die weit über 400 Maskierten, deren Namen geheim sind, dann durch die Stadt, begleitet von Musikern in altertümlichem Gewand. Bunt geschmückte Pferdewagen, Eselsgespanne und "Teufelsräder" sind mit von der Partie und mittendrin die original erhaltene Vorderlader-Buschokanone aus der Türkenzeit von 1687, die mit Böllerschüssen den fröhlichen Tag eröffnet hat. Immer wieder springen "Jankele", vermummte Kinder, aus den Reihen des Festzuges, um mit Mehl- und Pudersäckchen auf die Zuschauer "einzuprügeln".

Auch auf dem Mohácser Marktplatz geht es unterdessen stimmungsvoll zu. Da wird zu Volksweisen getanzt und gesungen und mancher Krug Wein aus den umliegenden Weinbergen geleert. An Marktständen sind Web- und Töpferarbeiten aus dem ganzen Land, Naschereien und natürlich handgefertigte Buschomasken wohlfeil zu haben.

Die Türken oder den Winter vertreiben?

Das Buschofest ist ein alter Brauch der Schokatzen – in Südungarn vor langen Jahren angesiedelte Einwanderer aus Kroatien. Einst flüchteten sie vor der Türkenherrschaft – so sagt es die Legende – in das Sumpfland der Mohácser Insel. Dann, 150 Jahre später, kehrten sie eines Nachts in ihrer abschreckenden, gruseligen Maskerade über die Donau zurück, um die Türken zu vertreiben. Nur hatten sich die tapferen Schokatzen bedauerlicherweise mit fremden Federn geschmückt. Wie die Historiker ermittelten, erfolgte ihre Ansiedlung nämlich erst nach 1700. Die Osmanen waren da bereits seit einigen Jahren außer Landes. So neigt der Betrachter schon mehr zu einer anderen Deutung des Buschofestes: Eine kroatische Faschingstradition wird seit dem 18. Jahrhundert liebevoll gepflegt, die der Vertreibung des Winters gewidmet ist.

Reiseinformationen
  • Reiseliteratur: zu Transdanubien "Westungarn – Budapest, Pécs, Plattensee", Michael Müller Verlag, 19,90 €.
  • Informationen: Buschofest (Busójarás) vom 24. Februar bis 1. März 2022 in Mohács, unweit der Grenzen zu Kroatien und Serbien, rund 17.000 Einwohner (2019) – als nationale Minderheiten Ungarndeutsche, Kroaten, Roma und Serben; Donauhafen und Autobahnanschluss M6 Budapest-Pécs.
  • Zum Vormerken: Auskünfte zum Buschofest: Tourinform, Széchenyi tér 1, H-7700 Mohács, Tel. 0036/69/505515; mohacs@tourinform.hu (auch deutschsprachig). Übernachtung: beispielsweise mit Donaublick im Hotel Szent Janos in Mohács, DZ/F ab etwa 39.900 Forint, Tel. 0036/69/511010; info@mohacshotel.hu .

Die Schokatzen der Region pflegen ihre Traditionen jedenfalls sehr. Für Tourist:innen wird das in Mohács etwa im Buscho-Zentrum in der Eötvös-Straße erlebbar. Hier ist nicht nur die Geschichte des Buschofests anschaulich dargestellt, sondern auch die Tradition der Masken-Schnitzkunst. Im kleinen Museum des Busóudvar von Mohács kann man dies betrachten und wunschweise sogar Masken käuflich erwerben.

Mit dabei beim Buschofest ist seit vielen Jahren Luka Horvat, einer der etwa 2.000 heute noch in Mohács lebenden Kroaten. Von seinen Großeltern hat er die wertvolle Buschomaske vererbt bekommen und schon als fünfjähriger "Jankele" seine ersten Sporen beim Fest verdient.

Am Faschingsdienstag-Abend ist auch für ihn dann der große Kehraus. Nachdem die Buschos tagsüber ihren Familien und Freunden feuchtfröhlich Glück zur Frühlingssonnenwende gewünscht haben, geht es in ausgelassener Stimmung wiederum durch die Gassen und Straßen zum Mohácser Markt. Dort steht ein großer Scheiterhaufen bereit, um unter Böllerschüssen den Winter im schwarzen Holzsarg symbolisch zu verbrennen und damit den Frühling zu begrüßen.



Autor
Ulrich Uhlmann

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (12) Seite 74-76