Bei einer reisemedizinischen Beratung oder dem Verdacht auf eine importierte Infektion nach Fernreise ist ein strukturiertes Vorgehen gefragt. Im Rahmen des Infektiologie-Refreshers der Forum Medizin Fortbildung (FOMF) gab Prof. Dr. med. Thomas Löscher, München, einen ausführlichen Überblick zu Basics, die jeder Arzt wissen sollte. Der nachfolgende Bericht greift die Schwerpunkte "Der Weg zur Diagnose" und "Malaria" heraus.

In den letzten beiden Jahren hat die internationale Reisetätigkeit sehr nachgelassen, von 1,5 Milliarden Reisenden im Jahr 2019 auf nur noch 400 Millionen im Jahr 2020 seit Beginn der Pandemie. Dadurch sind auch die importierten Erkrankungen stark zurückgegangen, Typhus z.B. um 68 %, Hepatitis A um 78 %, Malaria um 63 % und Denguefieber um 83 %. Nach wie vor haben aber Urlaubsreisen einen hohen Stellenwert in den Konsumprioritäten und werden möglicherweise auch in absehbarer Zeit wieder stark zunehmen.

Gesundheitsrisiken bei Fernreisen

Welche Erkrankungen sind häufig? Bei Reisen in Entwicklungsländer kommt es in 20 bis 40 % der Fälle zu Reisediarrhoe, die aber meist nur während der Reise besteht. Auch Malaria bei Reisen in Hochinzidenzgebiete ohne Chemoprophylaxe ist ein relativ großes Risiko (10 %). Etwa 1 % machen Influenza A oder B und Denguefieber zusammengenommen aus, informierte Prof. Löscher.

Die häufigsten Leitsymptome bei Reiserückkehrern sind nach Erhebungen des Tropeninstituts München zwischen 1999 und 2014 Durchfälle (39 %), Fieber (28 %) und Dermatosen/Hautveränderungen (22 %).

Durchfallerkrankungen

Meist ist Durchfall durch eine akute Infektion im Sinne einer Reisediarrhoe, verursacht durch bakterielle oder virale Keime (Noroviren, Salmonellen, Campylobacter etc.), hervorgerufen, seltener durch Toxine. In noch selteneren Fällen steckt eine schwerwiegende oder chronische Infektion des Gastrointestinaltrakts dahinter, wie Typhus/Paratyphus, Amöbenruhr, Schistosomiasis u.a. Helminthiasen). Außerdem kommt Durchfall auch bei generalisierten und extraintestinalen Infektionen (z.B. Malaria tropica) vor. Daher wird auch in der aktuellen AWMF-Leitlinie GI-Infektionen darauf hingewiesen, bei einem Tropenrückkehrermit fieberhafter Diarrhoe nach Reise in ein Malariagebiet eine sofortige Malariadiagnostik einzuleiten sowie Blutkulturen, z.B. zum Nachweis von Typhus/Paratyphus, anzulegen.

Eine infektiöse Gastroenteritis muss primär nicht antibiotisch behandelt werden. Eine empirische Antibiose ist aber bei folgenden Konstellationen zu erwägen:
  • bei blutiger Diarrhoe (Dysenteritis)
  • bei Zeichen einer systemischen Infektion (z.B. Fieber > 38,5 °C)
  • bei Immunsuppression (medikamentös, durch Grunderkrankung)

Mittel der Wahl ist heute ein Makrolid (Azithromycin, 500 mg/d p.o. für drei Tage). Alternativ kommen Ciprofloxacin oder Ceftriaxon infrage.

Fieberhafte und systemische reiseassoziierte Erkrankungen

Gemäß einer Analyse des Münchner Tropeninstituts sind das Denguefieber und die Rickettsiosen eher verbreitet bei deutschen Urlaubernund weniger bei Migranten, bei der Malaria ist es umgekehrt.

Die Mehrzahl der importierten Infektionen sind ubiquitäre Infektionen wie virale Atemwegsinfektionen, Enteritiden oder Harnwegsinfektionen. Das Spektrum der tropentypischen Erkrankungen ist abhängig vom Reise-, Aufenthalts- oder Herkunftsort. So wird z.B. Denguefieber vor allem in Asien und Lateinamerika erworben, Malaria, Rickettsiosen und Schistosomiasis in Afrika.

Urlauber:innen leiden am häufigsten unter Durchfallerkrankungen, Denguefieber, Malaria, Rickettsiosen und Hautinfektionen. Bei Migrant:innen findet man am häufigsten Tuberkulose, chronische Hepatitis B und C sowie HIV. Die Malaria wird vor allem durch den Besuch der Heimatländer importiert.

Vorgehen bei Verdacht auf eine importierte Infektion

Zur Basisdiagnostik gehören natürlich die Anamnese und die klinische Untersuchung sowie ein rasch verfügbares Basislabor. Fragen sollte man nach
  • dem zeitlichen Auftreten und dem Verlauf der Symptome
  • den Aufenthalten, der Reiseroute und den Umständen der Reise
  • den Expositionsrisiken (vgl. Tabelle 1)
  • Vorerkrankungen, Impfstatus und Malariaprophylaxe
  • ähnlichen Symptomen bei Mitreisenden

Aufgrund der Inkubationszeiten einzelner Erkrankungen kann man mit diesen Angaben bereits eine Eingrenzung vornehmen.

Serologische und molekularbiologische Untersuchungen sind nicht Teil der Basisdiagnostik. Es empfiehlt sich aber, etwas mehr Blut abzunehmen und eine Serumprobe einzufrieren, auf die man ggf. später zurückkommen kann.

Zum Basislabor gehören:
  • Malaria-Diagnostik (stets nach Aufenthalt in Endemiegebieten)
  • Blutbild, CRP, Leberwerte, Kreatinin, BZ, Urinstatus
  • Bakteriologische und parasitologische Stuhluntersuchung
  • Blutkulturen (unklares Fieber)

Die Basisdiagnostik entscheidet über das weitere Vorgehen, z.B. auch über die weitere ambulante oder stationäre Betreuung oder die Durchführung weiterer gezielter Diagnostik. Bei begründetem Verdacht ist z.B. eine gezielte mikrobiologische, immunologische und molekularbiologische Diagnostik erforderlich. Dafür sind möglichst genaue Hintergrundinformationen an das Labor wichtig, die dann entscheidend sind für Qualität und Aussagekraft der Diagnostik.

Wichtig, möglichst früh zu klären:

  • Könnte es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handeln (Malaria tropica, Sepsis, Meningitis, schwere Pneumonie, virales hämorrhagisches Fieber (VHF))?
  • Könnte es sich um eine seuchenhygienisch relevante Erkrankung handeln (Lungen-Tb, VHF)? In diesem Fall gilt: mindestens 1,5 m Abstand zur Patient:in, Standardhygiene und Kontaktminimierung, am besten Untersuchung in einem gesonderten Raum

Man kann durch wenige Fragen meist klären, ob eine hochkontagiöse lebensbedrohliche Erkrankung infrage kommt:

  • Wo/wann: Aufenthalt in Endemie-/Ausbruchsgebiet innerhalb der maximalen Inkubationszeit (Ebola u.a. VHF bis zu drei Wochen, sonst meist kürzer)
  • Wie? Ungeschützter Kontakt zu Erkrankten bzw. Krankheitsverdächtigen oder Verstorbenen, infektiösen Tieren oder Probenmaterial (Laborinfektion)
  • Was? Symptomatik und Epidemiologie mit einer Erkrankung vereinbar?

Das Vorgehen bei begründetem Verdacht auf eine lebensbedrohliche, hochkontagiöse Infektion sieht folgendermaßen aus:
  • Absonderung, Zugang minimieren, Infektionsschutzmaßnahmen (Hygieneplan)
  • Kompetenzzentrum (Tel. 112) und Gesundheitsamt alarmieren
  • Ggf. Ausschluss einer Malaria (nach Rücksprache mit Kompetenzzentrum)
  • Verlegung in eines der 7 Behandlungszentren (Spezialtransport durch Kompetenzzentrum): München, Stuttgart, Würzburg, Frankfurt, Düsseldorf, Bochum, Hamburg, Berlin, Leipzig

Malaria

Wichtig ist vor allem die Malaria tropica, weil sie schwer und tödlich verlaufen kann, während bei der M. tertiana und quartana Todesfälle auch ohne Behandlung sehr selten sind, gab Prof. Löscher zu bedenken.

Bei der Malaria tropica beträgt die Inkubationszeit 7 bis 30 Tage, evtl. auch länger. Sie äußert sich durch unregelmäßige Fieberschübe und Organkomplikationen. Zwischen 2014 und 2019 gab es pro Jahr um die 1.000 eingeschleppte Malariafälle in Deutschland, 2020 und 2021 coronabedingt jeweils nur 366 bzw. 514. Etwa 70 % entfallen auf die Malaria tropica (Plasmodium falciparum), zu 94 % aus Afrika importiert, zurzeit zum größten Teil durch VSR (visiting friends and relatives).

Klassisch wird die Malaria diagnostiziert durch den Blutausstrich und den Dicken Tropfen. Mit einer Schnellfärbung dauert das Ganze etwa 4 Minuten. Es werden teils auch noch Antigen-Schnelltests eingesetzt. Das Problem dabei: Es gibt genetische Veränderungen (Deletionen) unter den Falciparum-Stämmen, die dann nicht erfasst werden. Ein PCR-Test wäre sehr gut, allerdings muss die Diagnostik sehr schnell durchgeführt werden (innerhalb einer halben Stunde) und möglicherweise ist – je nach Wochentag und Uhrzeit – diese Diagnostik dann nicht verfügbar. Schnell-PCR-Tests innerhalb von 15 Minuten gibt es inzwischen auch, stehen aber nicht überall zur Verfügung. Bei negativem Schnelltest, aber klinischem Verdacht muss auf jeden Fall noch ein mikroskopischer Test angeschlossen werden (Labors machen das auch nachts). Auch bei positivem Schnelltest ist der Ausstrich nicht verzichtbar, weil nur mit ihm eine Aussage zum Grad der Virämie (befallene Erythrozyten) möglich ist. Um Resistenzen zu erkennen, sind darüber hinaus auch unter Therapie tägliche mikroskopische Tests notwendig.

Was die reisemedizinische Beratung angeht, sollte in puncto Malaria zunächst die Expositionsprophylaxe, also der Mückenschutz, angesprochen werden. Dazu gehören:
  • Hautbedeckende helle Kleidung
  • mit Permethrin imprägnierte Textilien
  • ggf. langanhaltend vorimprägnierte Kleidung (kommerziell erhältlich)
  • nachts Aufenthalt in mückensicheren Räumen (Klimaanlage, Mückengitter)
  • Verwendung von Moskitonetzen über dem Bett
  • Imprägnierung von Bettnetzen mit Permethrin oder Verwendung vorimprägnierter Netze (LLIN, long lasting insecticid impregnated nets)
  • Einreiben unbedeckter Haut mit Repellents (20–30 min nach dem Auftragen von Sonnenschutz).

Was die Repellents angeht, unterscheidet man zwischen chemischen und pflanzlichen Wirkstoffen. Zu den chemischen gehören DEET (führend gegen Moskitos), Icaridin und IR3535, zu den pflanzlichen das Öl des Zitroneneukalyptus oder – mit begrenzter Wirksamkeit – Citronellaöl.

Prophylaxe und Therapie

Für die medikamentöse Prophylaxe der Malaria stehen Atovaquon/Proguanil, Doxycyclin und Mefloquin zur Verfügung (Tabelle 2), zur Therapie Atovaquon/Proguanil oder Artemether/Lumefantrin (Riamet® u.a.) (Tabelle 2).

Eine notfallmäßige Selbstbehandlung würde man empfehlen, wenn das Malariarisiko gering ist oder die Reisenden keine Malariaprophylaxe einnehmen möchten. Voraussetzung für eine Verordnung ist eine schlechte medizinische Versorgung bzw. -erreichbarkeit im Reiseland. Ist die medizinische Versorgung gut mit Möglichkeit zur Malariadiagnostik und -therapie und kann ein Arzt innerhalb von zwei Tagen erreicht werden, ist keine NSB erforderlich.

ESSENTIALS - Wichtig für die Sprechstunde
  • Durchfall nach Fernreise kann auch verursacht sein durch eine Malaria tropica.
  • Eine infektiöse Gastroenteritis muss primär nicht antibiotisch behandelt werden.
  • Durch die Anamnese und Berücksichtigung der Inkubationszeiten lässt sich eine gute Eingrenzung vornehmen.

Quelle: Vortrag Prof. Dr. med. Thomas Löscher, ehemaliger Direktor Abt. Infektions- und Tropenmedizin Universität München, ärztlicher Leiter CITM (Centrum Infektions-, Tropen- und Reisemedizin München)



Autorin
Dr. Vera Seifert



Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (5) Seite 42-47