Eine befreundete Hausärztin schwärmt, wie viele Neupatient:innen über ihre Website in die Praxis kommen – digitale Patientenakquise sei das Nonplusultra. Ein anderer Kollege schimpft, er habe schon so viel Geld investiert, aber das Ergebnis ließe zu wünschen übrig. Ist die Praxiswebsite denn wirklich so wichtig?

Eines vorab: Ja, das ist sie. Die Praxiswebsite als virtuelle Eingangstür in die Hausarztpraxis sollte den Dreh- und Angelpunkt aller digitalen Marketingmaßnahmen bilden −Social Media hin oder her. Denn etwa 70% der Deutschen suchen bereits online nach einer Arztpraxis. Zeitgemäße Patientenakquise braucht Online-Marketing. Auch bei der Praxisabgabe, ob an Kolleg:innen oder Investor:innen, ist eine positiv gewachsene Internetpräsenz zunehmend von monetärem Wert. Clever konzipiert können Online-Bewertungen & Co. von Praxisnachfolger:innen übernommen werden.

Ein 360°-Digitalcheck ist sozusagen der Gesundheitscheck für die Praxiswebsite. Große Unternehmen nutzen solche Check-ups als Basis für Investitionsentscheidungen. Manchmal lässt sich mit Einzelmaßnahmen bereits viel bewegen, manchmal ist eine komplette Neukonzeption unumgänglich. Das lohnt sich auch für die Praxiswebsite: Bevor Geld verpulvert wird, einen qualifizierten Überblick erhalten. Sie starten eine Behandlung ja auch nicht ohne Anamnese und Diagnose! Die Effektivität einer Website hängt dabei von diversen Faktoren ab, die ineinandergreifen. Beim Design einer Website geht es um mehr als ein hübsches Logo, freundliche Farben und schöne Praxisfotos. Besucher:innen entscheiden in weniger als drei Sekunden, ob sie eine Website – und damit die Betreiber:in der Website (Ihre Arztpraxis) – für vertrauenswürdig halten. Wenn nicht, wird "weggeklickt".

Was funktioniert, was nicht?

UI-Design ist eine Kombination aus Technologie, Web- und Grafikdesign − mit dem Ziel, Benutzeroberflächen technisch und visuell optimal zu gestalten. Zum einen soll das Design ästhetisch ansprechend sein und die gewünschten Emotionen triggern. Zum anderen muss der Zugang zum Informations- und Serviceangebot so einfach wie möglich sein. Für die intuitive Bedienbarkeit spielen Erfahrungswerte der User eine Rolle, aber auch Schrifttypen, -größen, Farbkontraste u. v. m. Ist z.B. die Maske für die Online-Terminbuchung nicht selbsterklärend für durchschnittliche User:innen, surfen sie im Zweifel einfach zur nächsten Praxiswebsite weiter. UX steht für User Experience: Aufgabe des UX-Designs ist die strategische Gestaltung des Nutzungserlebnisses einer Praxiswebsite. Es werden u. a. Methoden aus der Verhaltenspsychologie herangezogen, um die potenziellen Neupatient:innen auf ihrer Patientenreise abzuholen und in die Hausarztpraxis zu leiten. Eine professionelle UX-Designer:in wird für die Gestaltung einer Praxiswebsite deshalb Branchen- und Wettbewerbsinformationen ebenso wie technische Standards und Wissen um Zielgruppen-Hemmnisse heranziehen.

SEO: Das steckt dahinter

Suchmaschinenoptimierung (SEO) hilft Arztpraxen, die Sichtbarkeit ihrer Website bei Suchmaschinen — vor allem Google — zu erhöhen. Ziel ist, in der organischen Suche besser gefunden zu werden. Im Gegensatz zu Google-Ads muss hierbei nicht pro Klick gezahlt werden. Sucht eine potenzielle Neupatient:in z.B. online nach "Hausarztpraxis Grünwald", möchte eine Hausärzt:in in Grünwald mit ihrer Website natürlich unter den ersten Ergebnistreffern angezeigt werden. Das gilt aber auch für andere Suchanfragen wie "Gesundheitscheck Grünwald" oder "Infusionstherapie Grünwald".

SEO-Expert:innen können am Sichtbarkeitsindex bei relevanten Keywords ablesen, ob sich eine Website im Ranking durchsetzt und der zugehörige Link auffällt. Voraussetzung ist, die optimalen Keywords zu identifizieren. OttoNormalverbraucher sucht bei Google eben nicht nach Allgemeinmediziner:in, sondern nach Hausarzt. Für die Analyse der vorhandenen SEO werden aber noch zahlreiche weitere Kennzahlen hinzugezogen, wie z.B. Absprungraten, Klicks, Konversionsraten, Page Impressions, Unique Visitors und Visits. Auch als Laie kann man sehen, ob die eigene Website richtig suchmaschinenoptimiert ist: Landet sie erst auf einer späteren Ergebnisseite, ist sie es nicht. Dann wurden die goldenen SEO-Regeln wohl nicht befolgt.

Beispielfragen:

  • Ist jede Information mit maximal 3–4 Klicks für die Websitebesucher:in erreichbar?
  • Hat jede Unterseite eine URL, die ihren Inhalt klar beschreibt?
  • Laden alle Bilder sofort?
  • Funktioniert die Nutzung der Praxiswebsite problemlos sowohl am PC als auch am Smartphone?
  • Gibt es ein einladendes Google-Snippet? Das ist der kurze Text, der auf der Google-Trefferseite angezeigt wird.
  • Wird guter Content bereitgestellt (einzigartig, Zielgruppen-gerecht, übersichtlich, passt stilistisch zur Praxis und Zielgruppe, abwechslungsreich durch Bilder, Aufzählungen, Hervorhebungen etc.)?

Es reicht also nicht, ein paar Mal "Hausarzt Grünwald" im Text unterzubringen, um bei Google vorne zu landen.Google setzt mittlerweile einen sehr ausgeklügelten Algorithmus ein, der ganz klar die Nutzerbedürfnisse im Fokus hat. Nur wenn die Suchmaschine davon überzeugt ist, dass eine Website einen echten Mehrwert für die User:innen bietet, setzt sie diese im Ranking hoch. Deshalb ist SEO quasi eine Wissenschaft für sich und hat wichtige Schnittmengen mit den Bereichen Design, Technologie und Redaktion.

Auch ohne umfassendes Detailwissen leuchtet ein: Die richtige Technik ist wichtig. Gute Ladezeiten, Ressourcenkomprimierung, Caching und Sicherheitskonzepte sollten unauffällig im Hintergrund laufen. Aber wenn es ‚hakt‘, fällt das auch dem Laien negativ auf. Bei einer professionellen System- und Performance-Analyse einer Praxiswebsite, also der Ermittlung von technologischen Stärken und Schwächen, sind Stichpunkte wie Page Score, Page Speed und andere Leistungsmerkmale wichtig. Klingt kompliziert, aber tatsächlich ist die Steigerung der Performance durch technologische Maßnahmen bei Praxiswebsites oft gar nicht schwer zu realisieren. Wenn man weiß wie, ergibt wenig Aufwand einen großen Nutzen.

Beispielfragen:

  • Haben Sie Zugang zum Backend? Können Sie selbst Änderungen vornehmen?
  • Wurde ein Content-Management-System gewählt, das einfach genug ist, um von Ihnen selbst befüllt zu werden? Wenn Sie z.B. Text und Foto zu einer neuen Mitarbeiter:in einstellen oder Praxis-News hochladen möchten.
  • Wurde ein zukunftssicheres System gewählt? Es gibt Konzepte, bei denen absehbar ist, dass z.B. wegen (fehlender) Updates Programmiermehraufwand entsteht, um Funktionalitäten zu erhalten oder Sicherheitslücken zu schließen. Dann wären Folgeinvestitionen oder eine fehlerhafte Website vorprogrammiert.

Wann ist Inhalt guter Inhalt?

Online-Fachredakteur:innen sollten verschiedene Qualitäten mitbringen: zum einen ein gewisses medizinisches Hintergrundwissen, zum anderen sollten sie in der Lage sein, selbst komplexe medizinische Fragestellungen für die Zielgruppe Patient:innen herunterzubrechen und fachlich korrekt zu bleiben. Des Weiteren können sie SEO-relevante Keywords in den Texten verarbeiten, ohne dass diese den Leser:innen als solche ins Augespringen. Last but not least setzen sie eine Sprachkultur um, die das Leitbild der jeweiligen Hausarztpraxis widerspiegelt. Bei alledem schaffen sie es idealerweise, kurzweilig zu bleiben und die Leser:innen zu fesseln.

Achtung: Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung können zu Abmahnungen und hohen Kosten führen. Die wenigsten Internetauftritte von Arztpraxen erfüllen wirklich alle aktuellen gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit. Das Problem liegt v. a. darin, dass die Datenschutzanforderungen sich laufend ändern. Entsprechend müsste die Website regelmäßig aktualisiert werden. Das passiert aber fast nie. So entstehen Lücken in der Datenschutzerklärung. Die Einstellungen und rechtlichen Hinweise im Kontaktformular folgen irgendwann nicht mehr den aktuellen Datenschutzempfehlungen. Häufig sind auch nicht alle Seiten nach dem sicheren SSL-Verfahren verschlüsselt. Welche Ärzt:in weiß schon, was in puncto Datenschutz zu beachten ist, wenn die Website Besucherstatistiken etc. erhebt? Tools wie GoogleAnalytics, die individuelle Daten von User:innen aufzeichnen, sind mit Bedacht zu nutzen.

Wenn schon, dann aber richtig

Bei einem Check-up geht es um die Gesundheit der Patient:innen. Beim 360°-Digitalcheck steht Ihr Geld als Praxisinhaber:in im Fokus. Ein ausgewogenes Verhältnis von Kassen- und Privatpatient:innen sichert langfristig die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Ein ausbalancierter Mix digitaler Marketingmaßnahmen wiederum sichert einen kontinuierlichen Zustrom neuer Patient:innen. Denn wenn wir heute von Patientenakquise sprechen, reden wir v. a. von der digitalen Patientenakquise. Für diese müssen im Netz mögliche Berührungspunkte für potenzielle Neukund:innen erschaffen werden. Das wird erzielt, indem man Antworten auf Fragen liefert, die im Laufe einer Patientenreise relevant werden. Den Mittelpunkt der digitalen Patientenakquise bildet die Website. Damit die bestmöglich funktioniert, sollten Aspekte wie Design, Suchmaschinenoptimierung, Content Marketing optimal ineinandergreifen. Fazit: Geld auszugeben, einfach um überhaupt eine Website zu haben, bringt gar nichts. Das sollte man sich lieber "sparen".

Infokasten
mediorbis hat sich auf innovative Webtechnologie im Gesundheitssektor spezialisiert. Dazu gehören u. a. Praxisbörse, Ärzteberaterverzeichnis, ein Praxiswertrechner sowie eine eigene Jobbörse, aber auch Support bei der Erstellung von medizinischem Content.

Weitere Informationen zum Thema Gesundheitscheck finden Sie hier



Autorin

Mira Ross-Büttgen

CEO mediorbis GmbH



Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (4) Seite 22-24