Tagtäglich kommt es vor, dass Patienten sich beschweren. Viele MFA stehen dann ratlos da und wissen mit der Situation nicht richtig umzugehen. Dabei ist es gar nicht so schwer, es sind nur ein paar wichtige Regeln zu beachten. Sie als Praxischef sind dafür verantwortlich, dass diese jedem einzelnen Teammitglied auch bekannt sind und eingehalten werden. Bitten Sie auch Ihre Helferinnen, folgenden Beitrag zu lesen, damit die gewonnenen Erkenntnisse bei der nächsten Teamsitzung mit einfließen können.

Am häufigsten dürfte folgende Situation sein: Der Patient kommt wütend und entnervt aus dem Wartezimmer und beschwert sich lautstark, dass er bereits überlange gewartet habe und nun endlich zum Arzt möchte. In dieser Situation heißt es für die MFA unbedingt Ruhe zu bewahren und freundlich zu bleiben, auch wenn es noch so schwerfällt. Ein Lächeln kann hier sehr hilfreich sein, um die Lage zu entspannen. Unterbrechen Sie den Patienten nicht, lassen Sie ihn unbedingt aussprechen und bleiben Sie höflich. Argumentieren Sie nicht dagegen, denn das hat meist sowieso keinen Sinn.

Besser ist es, Sie reagieren mit Verständnis und nehmen seine Beschwerde ernst. Sowie er merkt, dass er mit seiner Beschwerde nicht auf taube Ohren stößt, wird er schnell ruhiger werden und in der Regel wieder auf die Sachebene zurückkommen. Das Gleiche sollten auch Sie unbedingt berücksichtigen. Bedenken Sie, der Patient greift nicht Sie persönlich an, sondern die Wartezeit und den damit verbundenen Ärger für ihn.

Steht der Patient aggressiv vor Ihnen, hilft es, wenn Sie zunächst einfach nur aufstehen. Sind Sie mit ihm auf Augenhöhe, nimmt das Gespräch gleich einen anderen Verlauf. Wer steht, fühlt sich immer im Vorteil und als der Stärkere. Deshalb zunächst die Balance zum Gleichgewicht herstellen.

Dokumentieren ist wichtig

Gerade auch durch das verpflichtende Qualitätsmanagement ist es heute notwendig, Beschwerden zu dokumentieren und Maßnahmen zur Verbesserung einzuleiten. Dies ist eine wichtige Forderung des Gesetzes, das seit dem 1. Januar 2010 in Kraft ist. Sicher ist nicht damit gemeint, jede Beschwerde wegen zu langer Wartezeit zu dokumentieren. Am besten ist es, zusammen mit der Praxisleitung im Team zu klären, wie und vor allem welche Beschwerden schriftlich erfasst werden sollen. Klare Vorgaben erleichtern die Sache ungemein. Am besten ist es, wenn in der Praxis eine gemeinsam festgelegte Prozessbeschreibung zum Thema „Beschwerdemanagement“ existiert, über deren Inhalte alle umfassend und richtig informiert sind.

Kleiner Tipp: Legen Sie im PC eine spezielle Datei für Beschwerdepatienten an. So können Sie von jedem Computer aus Eintragungen vornehmen und nichts geht verloren. Denn gerade in hektischen Sprechstundenzeiten fehlt oft die Zeit für solche Dokumentationen. Tragen Sie zunächst kurz und knapp wichtige Stichpunkte zur Beschwerde, das Datum und Ihr Namenskürzel ein, damit später rückverfolgt werden kann, wer welche Einträge wann gemacht hat. Zur nächsten Teamsitzung können dann die Vorkommnisse ausgedruckt und besprochen werden.

Da nur durch Reden meist keine Verbesserung erreicht wird, sollte in einem Maßnahmenplan (z. B. in Form einer Tabelle; siehe oben) festgelegt werden, was genau verbessert werden kann. Auch das Wie, Wer und Wann sollten genau dokumentiert sein. Nur wenn klar geregelt ist, wer was macht, wird es auch erledigt; ansonsten könnte das Wort „TEAM“ schnell eine andere Bedeutung erlangen, nämlich „Toll, ein anderer macht's“.

In einem gut geführten Beschwerdemanagement darf nicht vergessen werden, dem Patienten die Verbesserungsmaßnahmen auch mitzuteilen, die durch seine Beschwerde eingeführt wurden. Dies führt dazu, dass sich der Patient mit „seiner“ Praxis eng verbunden fühlt, weil er merkt, dass er hier ernst genommen wird.

Differenzen im Team

Beschwerden kommen aber nicht allein oder ausschließlich von den Patienten, auch im Team selbst gibt es immer wieder mal Reibereien, Meinungsverschiedenheiten und damit Gründe für einen Einspruch oder eine Gegenstimme. Hier gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie oben bereits beschrieben. Gerade unter Kolleginnen und Kollegen sollte es doch möglich sein, all das vorzutragen, was einem nicht passt oder negativ aufstößt, und dann sachlich gemeinsam zu Lösungen zu kommen. Ganz wichtig: „Gleiches Recht für alle!“ Dies gilt auch für Chefs!

Anders als bei Beschwerden von Patienten sollte man bei Reibereien im Team das Konfliktlösungsgespräch suchen. Konkret könnte ein solches Gespräch wie folgt ablaufen: Ein runder Tisch wird einberufen (Leckereien nicht vergessen, sie lockern die Atmosphäre auf). Zuerst werden die Spielregeln festgelegt. Dazu gehören ein klar definierter Zeitrahmen, abgeschaltete Handys etc. Nun stellen die Beteiligten nacheinander ihre Sicht des Konflikts vor. Anschließend werden mögliche Lösungsvorschläge gemeinsam diskutiert. Dabei sind Killerphrasen wie „du musst, du sollst, du hast, du tust“ unbedingt zu vermeiden. Die Ergebnisse und Maßnahmen sind zum Schluss – wie oben bereits erwähnt – schriftlich in einem Plan festzuhalten. In solchen Konfliktgesprächen zeigt sich deutlich, wie ernst die Praxisleitung mit dieser Thematik umgeht. Der Praxischef hat hier klar eine Vorbildfunktion und sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass nur zufriedene Mitarbeiter auch gute Mitarbeiter sind.

Wo haben Freundlichkeiten ihre Grenzen?

Es ist auch in einer Arztpraxis nicht ausgeschlossen, dass es durch das Verhalten von Patienten oder Kollegen zu Situationen kommt, wo wir uns fragen: Müssen wir uns das gefallen lassen? Ruhe bewahren und freundlich bleiben ist zwar in den meisten Fällen zielführend, aber es gibt auch klare Ausnahmen. Dazu gehören:

  • Beleidigungen
  • Erpressungen
  • Persönliche und körperliche Angriffe
  • Bewusste Schikanen
  • Sexuelle Belästigung

In diesen Fällen sollte man sich sofort wehren und wenn nötig die Praxisleitung unverzüglich hinzuziehen bzw. über die Vorfälle unterrichten.

Fazit

Mit Freundlichkeit und einem Lächeln im Gesicht lassen sich viele Stresssituationen leicht in den Griff bekommen. Versuchen Sie immer wieder zur Sachebene zurückzufinden und nehmen Sie Ihren Gesprächspartner ernst. Denn nichts ist schlimmer als Ignoranz und Arroganz. Bedenken Sie: Beschwerden sind dazu da, besser zu werden, gemäß dem Motto: „Wer aufhört, besser zu werden, hört auf, gut zu sein.“



Autorin:

Monika Pohlkamp

Qualitätsmanagerin
Q-Auditorin
48324 Sendenhorst

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (19) Seite 28-29