Viele kennen es aus dem privaten Bereich, aber von Werbeanrufen bleiben auch die Mitarbeiter in den Arztpraxen nicht verschont. Die MFA erhält telefonische Angebote oder Anfragen, wann ihr Chef zu sprechen ist. Meist sind es unbekannte Anbieter, Werbeverkäufer, die ziemlich hartnäckig vorgehen, um einen Besuchs- oder Telefontermin zu bekommen. Viele dieser unaufgeforderten Werbeanrufe sind rechtswidrig. Mit diesem Wissen und dem richtigen Entgegentreten können Sie sich gegen lästige Werbeanrufe wappnen.

Werbeanrufer arbeiten oft mit einem Callcenter zusammen und kontaktieren die eingekauften Adressen regelmäßig. Oft geht es um den Verkauf von verschiedenstem Büromaterial, Versicherungen oder Telefon- bzw. Internetverträge. Auf diese Anrufe ist man wenig vorbereitet und weiß nicht, wie man spontan reagieren soll. Auf diese Unsicherheit setzt der Anrufer. Besonders schwierig ist es, die Spreu vom Weizen zu trennen und zu erkennen, ob der Anrufer seriös ist. Es könnte auch mal ein interessantes Angebot dabei sein.

Werbeanrufer unterdrücken meist ihre Telefonnummer, so dass auf dem Display der Arztpraxis "anonym" erscheint. Oft melden sich solche Werbeanrufer bewusst undeutlich. Sie wollen nicht lange erklären, um was es geht, und stattdessen direkt den persönlichen Kontakt mit dem Arzt. Sie sind psychologisch sehr gut geschult und versuchen ihr Ziel mit einer antrainierten Taktik zu erreichen. Sehr höflich und ganz raffiniert stellen sie Fragen, die der Arzt (oder seine Mitarbeiter) eigentlich nur mit "Ja" beantworten können: "Sie sind doch sicherlich interessiert an …", "Sie legen doch Wert auf …", "Ihnen ist doch bestimmt … wichtig." Mit jeder Zustimmung kommt der Anrufer seinem Ziel ein Stück näher. Trainierte Anrufer geben dem Gesprächsthema durch einen Termin eine hohe Dringlichkeit. Telefonische Angebote werden dann oft befristet: "Das günstige Angebot gilt nur bis …", "Das Angebot ist gerade jetzt interessant, weil …". Meist wird ein kurzfristiger Besuchstermin vorgeschlagen, der keine Zeit zum Nachdenken lässt. Die Mitarbeiterin soll den Eindruck gewinnen, der Arzt könnte etwas verpassen, wenn er den Besuch des Anrufers und sein Angebot ablehnt. Die Aufforderung an den Anrufer, er möge doch erst mal etwas zuschicken, führt dazu, dass er nach einiger Zeit wieder anruft und nachfasst. Die Frage der Mitarbeiterin, wo man sich im Internet über das Angebot informieren kann, wird erst mal überhört oder man erklärt ihr, dass es dort keine genauen Informationen gibt. Telefonverkäufer erhalten eine gute Provision beim Kaufabschluss, deswegen rufen sie immer wieder an, oft im Abstand von einigen Monaten. Meist versucht es dann ein Kollege des Callcenters, er ist noch nicht vorbelastet und hatte noch keine Abfuhr erhalten. Die meisten Anrufer haben ihr Empfinden für "Aufdringlichkeit" völlig verloren.

Das Gesetz

Unaufgeforderte Werbeanrufe sind nicht nur gegenüber Privatleuten untersagt. Auch die Arztpraxis ist nach dem Gesetz geschützt. Nach § 7 UWG ist "eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer unzumutbar belästigt wird, unzulässig." Das gilt auch für Faxe und die elektronische Post. Die Unterdrückung der Rufnummer bei einer Werbung ist nach dem TKG § 149 17 rechtswidrig. Wenn im Display die Telefonnummer nicht angezeigt ist, sollte auf die juristische Situation und die Unzulässigkeit hingewiesen werden: "Es liegt keine ausdrückliche Einwilligung von Herrn/Frau … für diesen Anruf vor. Bitte rufen Sie nicht wieder an, sonst müssen wir rechtliche Schritte einleiten". Falls der Arzt bestimmte Anrufe doch entgegennehmen möchte, sollte die Mitarbeiterin darüber informiert werden.

Mit Fragen reagieren

Der gut geschulte Telefonverkäufer rechnet mit der Abwehrhaltung bei seinen Anrufen, er weiß, wie schwierig ein Geschäftsabschluss oder ein Besuchstermin ist, und ist deswegen sehr hartnäckig. Wenn man ihn am Telefon fragt, um was es sich handelt, bekommt man nicht immer eine eindeutige Antwort. In Schulungen wird dem Werbeanrufer vermittelt, dass er nur einen Teil der Informationen preisgibt, damit ein persönliches Gespräch noch interessant ist. Oft verwendet der Anrufer Begriffe, mit denen die Mitarbeiter nichts anfangen können. Ist die Verkaufs- oder Werbeabsicht erkennbar, sollte man dem Anrufer weitere Kontakte per Telefon oder Mail mit dem Hinweis auf die gesetzliche Regelung untersagen. Das Praxispersonal sollte auch die übliche Freundlichkeit erkennbar reduzieren.

Keinesfalls sollte man die neugierigen Fragen des Anrufers beantworten, sondern das Telefonat möglichst schnell beenden. Denkbar ist auch, dem Anrufer selbst unerwartete Fragen zu stellen, um ihn aus der Anonymität zu holen: "Wie kommen Sie auf uns?", "Wer hat Ihnen unsere Rufnummer gegeben?" oder "Weshalb rufen Sie anonym an?" Die Frage "Sind Sie ein Callcenter?" bringt den Anrufer sogar in Bedrängnis. Schlagfertig wirkt auch die Frage "Kann ich mal mit Ihrem Chef sprechen?". Bewährt haben sich auch Aussagen, die klare Grenzen aufzeigen: "Sagen Sie bitte, von welcher Firma Sie anrufen und wer Sie sind!", oder "Ich führe grundsätzlich kein Telefongespräch mit einem unbekannten Anbieter". Auf die ehrliche Antwort "Daran haben wir kein Interesse" ist der Telefonverkäufer vorbereitet und reagiert meist mit der Ja-aber-Methode ("Ja, das verstehe ich, aber das Angebot bietet Ihnen folgende Vorteile …"). Auch der übliche Einwand "im Moment keine Zeit" oder die ehrliche Aussage "Der Chef ist gerade in einer Behandlung" ist nicht zielführend, weil der Anrufer die Praxis dann mit einem späteren Rückruf erneut belästigt. Keinesfalls sollte man die Frage nach einem günstigen Zeitpunkt für einen Rückruf beantworten.

Und wenn Unsicherheit besteht, ob es sich nicht doch um ein passendes und seriöses Angebot handeln könnte? Dann können Sie den Anrufer zu einem schriftlichen Angebot auffordern, aber am besten mit dem Hinweis, nicht telefonisch nachzufassen. Auch auf Drängen darf die Mitarbeiterin die Durchwahl oder Handynummer ihres Chefs keinesfalls bekanntgeben.

Schlagfertig reagieren

Anrufer beziehen sich auch auf Zusendungen, sie behaupten, dass der Praxis bereits ein Angebot vorliegt. Darauf kann man erklären: "Wenn wir uns nicht gemeldet haben, liegt kein Interesse vor und wir möchten auch keine weiteren Kontakte mit Ihnen." Auf weitere Diskussionen sollte man sich dann nicht mehr einlassen. Anrufer behaupten auch, dass bereits ein Gespräch mit dem Praxisinhaber geführt wurde, so dass man glaubt, es gebe schon einen Vorgang.

So reagieren Sie bei unseriösen Werbeanrufern
  1. Misstrauisch sein, wenn im Sichtfeld "anonym" steht
  2. Sich nicht von Angeboten beeindrucken lassen
  3. Die Telefonnummer des Anrufers erfragen
  4. Keine Kontaktdaten herausgeben
  5. Keine Fragen über Zuständigkeiten beantworten
  6. Schlagfertig reagieren, z. B. "Wie kommen Sie gerade auf uns?"
  7. Den Anrufer nicht bitten, später wieder anzurufen
  8. Auf die gesetzlichen Regelungen hinweisen
  9. Keine Zusage über einen eigenen Rückruf machen
  10. Auch unverbindliche Besuchstermine ablehnen


Es ist ein besonderer Trick des Anrufers, wenn er erklärt, dass man ihm die Praxis empfohlen hat. Werbeanrufer wollen den Eindruck erwecken, dass sie in der Branche bekannt sind und viele andere Praxen bereits zu ihren Referenzkunden gehören. Auch beziehen sie sich gerne auf vorhandene Beziehungen, um zu vermitteln, dass sie dem Arzt persönlich schon bekannt sind. Darauf kann man erwidern: "Ich notiere Ihre Telefonverbindung und informiere ihn. Wenn er sich dann nicht meldet, liegt kein Interesse vor, und ich muss Sie auffordern, nicht mehr anzurufen."

Doch nicht jeder Anrufer ist aufdringlich und unseriös. Man darf nicht hinter jedem Anrufer eine Gefahr sehen. Es sind die "Schwarzen Schafe", vor denen man sich schützen sollte. Für das Praxispersonal heißt das, genau hinzuhören. Lieferanten und Vertreter dürfen nicht den Eindruck gewinnen, man verwechsle sie mit den unseriösen Telefonanbietern.



Autor:

Rolf Leicher

Dipl.- Betriebswirt, Fachautor und Referent
69118 Heidelberg

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (13) Seite 50-51