Da Patienten nur noch in dringenden Fällen vorstellig werden, ist es in vielen Arztpraxen mittlerweile leer geworden. Das geht mit Honorareinbußen einher. Welche Hilfsmaßnahmen können niedergelassene Ärzte während der COVID-19-Pandemie in Anspruch nehmen und wo liegt die aktuelle Krux mit der Kurzarbeit?

Der Beginn der Corona-Krise sorgte für volle Hausarztpraxen, zumal diese zeitlich mit der klassischen Grippe- und Erkältungssaison zusammenfiel. Doch das hohe Ansteckungspotenzial von SARS-CoV-2 und die strengen Kontaktsperren führten sehr schnell zu einer Umkehr. Da die Bevölkerung aufgerufen wurde, nur noch in dringenden Fällen Arztpraxen aufzusuchen und sich ansonsten nur telefonisch zu melden, blieben nach und nach die Patienten fern. Das führt zu geringeren Fallzahlen auch in den Hausarztpraxen.

Doch nicht nur die geringere Patientenzahl pro Quartal kann zum Problem werden. Umsatzverluste entstehen auch bei den verbliebenen Patienten zusätzlich dadurch, dass manche Behandlungen abgebrochen werden oder bestimmte Leistungen wie z. B. Vorsorgeuntersuchungen, Heimbesuche oder Impfungen derzeit größtenteils entfallen. Videosprechstunden und telefonische Beratung wirken zwar einem rapiden Absinken der Fallzahlen entgegen, werden aber schlechter honoriert und lassen nur eingeschränkte Abrechnungsmöglichkeiten zu.

KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen erklärte hierzu: "Die Praxen haben aufgrund der Corona-Pandemie alle Hände voll zu tun. Trotzdem wird ihr Umsatz sinken, weil sie bestimmte Leistungen aktuell einfach nicht abrechnen können, nicht zuletzt deshalb, weil sie ihre Patienten vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen wollen." [1]

Staatliche Förderung

Ende März wurde vom Gesetzgeber das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz verabschiedet, welches auch einen Schutzschirm für Arztpraxen beinhaltet. Hiermit sollen finanzielle Schieflagen und drohende Praxisschließungen durch die oben beschriebenen Auswirkungen der Pandemie weitestgehend abgefangen werden. Was können Arztpraxen in diesem Zusammenhang erwarten?

Entsprechend der Zusammensetzung der Umsatzeinbußen – verringerte Fallzahlen plus verminderte Leistungserbringung – berücksichtigt der gesetzliche Schutzschirm zwei Ansätze, die aber nicht getrennt, sondern als Gesamtpaket betrachtet werden können:

1. Das Problem der verringerten Fallzahlen wird adressiert durch Maßnahmen bei der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV): Die MGV soll im regulären Umfang ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass die Krankenkassen trotz reduzierter Leistungsmenge genauso viel Geld zur Verfügung stellen müssen, wie ohne die Pandemie eingeplant worden wäre. Um die Ausgleichszahlung zu erhalten, muss die Fallzahlminderung "in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang" [2] ausfallen, so heißt es im Gesetzestext. Wie hoch diese Fallzahlminderung ausfallen muss, um die Förderung zu erhalten, und wie genau das Geld verteilt wird, liegt in der Bestimmung der einzelnen Landes-KVen (in Abstimmung mit den Krankenkassen) und wird über Anpassungen der Honorarverteilung geregelt [3].

2. Entfallene Leistungen werden adressiert durch Maßnahmen bei der Extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV): Ärzte und Psychotherapeuten haben Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für extrabudgetäre Leistungen wie z. B. Früherkennungsuntersuchungen und ambulante Operationen. Dafür muss allerdings der Gesamtumsatz ihrer Praxis (EGV und MGV) um mindestens 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal sinken und die Fallzahl zurückgehen, wie die KBV erläutert [1].

Aktuelle Debatte: Schließt der Schutzschirm Kurzarbeitergeld aus?

In Praxen, in denen nicht mehr genug Arbeit anfällt, um alle Mitarbeiter ausreichend zu beschäftigen, konnten die Praxisinhaber bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) zunächst Kurzarbeitergeld beantragen. Dies ist laut BA dazu bestimmt, den Betrieb und die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer zu erhalten sowie den Arbeitnehmern einen Teil des durch die Kurzarbeit bedingten Lohnausfalls zu ersetzen. Diese Möglichkeit wird den Vertragsarztpraxen jedoch nach einer aktuellen sogenannten fachlichen Weisung der BA vom 24. April 2020 wieder verwehrt, mit der folgenden Begründung: "Vertragsärzte haben bei einem, z. B. auf einer Pandemie beruhenden Honorarausfall von mehr als 10 % Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach § 87a Abs. 3b SGB V. Dadurch wird der Arbeitsausfall ähnlich einer Betriebsausfallversicherung ausgeglichen, so dass kein Raum für die Zahlung von Kurzarbeitergeld besteht." Dies bedeutet also, dass eine Genehmigung der gesetzlichen Ausgleichszahlungen den Anspruch auf Kurzarbeitergeld aktuell kategorisch ausschließt (aktueller Stand zum Redaktionsschluss am 4. Mai 2020).

Davon ausgenommen seien Praxen mit privatärztlicher Tätigkeit, da die Einnahmeausfälle aus der privaten Krankenversicherung nicht durch den GKV-Schutzschirm kompensiert werden.

Ob diese pauschale Ablehnung des Kurzarbeitergeldes für Vertragsarztpraxen auf Dauer Bestand hat, muss sich zum aktuellen Zeitpunkt noch zeigen. Denn schon kurz nach Beganntgabe der Weisung der BA äußerten sich verschiedene Verbände empört. So drängt der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa) in einer Pressmitteilung darauf, dass beim Bezug von Kurzarbeitergeld in Vertragsarztpraxen eine Einzelfallprüfung vorgenommen wird. "Der SpiFa hält eine pauschale Ablehnung von Kurzarbeitergeld in Bezug auf vertragsärztliche Leistungserbringer ohne Einzelfallprüfung für schlicht rechtswidrig", so der Hauptgeschäftsführer des SpiFa, Lars F. Lindemann. Auch der KBV-Vorstand wendet sich in einem Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und bittet um Klarstellung, dass die Frage des Anspruchs immer Ergebnis einer Einzelfallprüfung sein müsse. Ebenso bemüht sich der Virchowbund, eine Lösung auf dem politischen Weg herbeizuführen. Auf seinen Seiten berichtet er kontinuierlich über den aktuellen Stand [5].

Entschädigung bei Quarantäne

Ereignet sich eine Infektion mit SARS-CoV-2 bei einem Praxismitarbeiter, so kann der Praxisbetrieb aus infektionsschutzrechtlichen Gründen untersagt werden (nach Paragraf 56 Infektionsschutzgesetz) bzw. Quarantäne angeordnet werden. In diesen Fällen haben sowohl der Praxisinhaber als auch die angestellten Mitarbeiter Anspruch auf Entschädigung. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, richtet sich bei Selbstständigen nach ihrem Verdienstausfall. Grundlage ist der Steuerbescheid (nach Paragraf 15 SGB IV).

Angestellte haben in den ersten sechs Wochen Anspruch auf die Höhe des Nettogehaltes, danach auf Krankengeld [4]. Die Beiträge der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungspflicht bestehen zwar weiterhin, werden aber von den jeweiligen Bundesländern getragen. Die Beantragung erfolgt über die jeweils zuständige Behörde der Bundesländer. Die KBV hält eine Liste der Behörden bereit. Yvonne Emard


Stand der Informationen: 4. Mai 2020


Literatur
1. KBV-Praxisnachrichten vom 27.03.2020: Schutzschirm für Praxen beschlossen; https://www.kbv.de/html/1150_45220.php
2. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 14: Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz) vom 27. März 2020 (https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl120s0580.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl120s0580.pdf%27%5D__1587999148299)
3. Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit; Pressemitteilung vom 27. März 2020; https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2020/1-quartal/corona-gesetzespaket-im-bundesrat.html
4. KBV PraxisInfo Coronavirus: Anspruch auf Entschädigung bei untersagter Tätigkeit oder Quarantäne –Hinweise und zuständige Behörden; Stand: 3. April 2020; https://www.kbv.de/media/sp/PraxisInfo_Coronavirus_Entschaedigung.pdf
5. Virchowbund: Corona FAQ – Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte: https://www.virchowbund.de/corona/corona_faq/recht_und_finanzen.php#!

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (9) Seite 62-63