Welche Neuerungen im Praxismanagement müssen Sie ab dem Quartal 3/2023 beachten?

Neue Abrechnungsmöglichkeit bei Zweitmeinungsverfahren, Anpassung der TI-Pauschale, Alternativen zum Konnektoren-Tausch bei Ablauf des Sicherheitszertifikats und geänderte Arzneimittel-Richtlinie für die Cannabis-Verordnung: Erhalten Sie hier eine Übersicht über hausarztrelevante Neuigkeiten.

Kein neues Quartal ohne Änderungen, die das Praxismanagement betreffen. Die Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) informieren detailliert über sämtliche Neuerungen. Wir haben herausgefiltert, was für Sie als Hausärzt:innen von Relevanz ist.

Beratung zur Zweitmeinung mehrmals berechnungsfähig

Bei einem Zweitmeinungsverfahren können indikationsstellende Ärzte die Aufklärung und Beratung seit 1. Juli 2023 auch mehrmals im Krankheitsfall abrechnen. Dies ist möglich, wenn ein Patient innerhalb eines Jahres wegen unterschiedlicher Indikationen operiert werden soll. Zudem ist bei paarigen Organen oder Körperteilen die Beratung je Seite berechnungsfähig. Arztpraxen können die Gebührenordnungsposition (GOP) 01645 für die Aufklärung und Beratung zum Zweitmeinungsverfahren bislang nur einmal im Krankheitsfall (= vier Quartale) abrechnen. Mit der zunehmenden Zahl an planbaren Operationen, vor denen Patienten Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung haben, ist dies nicht mehr ausreichend. So kann die Beratung eines Patienten mehr als einmal innerhalb weniger Monate erforderlich sein. Der ergänzte Bewertungsausschuss hat deshalb die GOP 01645 angepasst. Indikationsstellende "Erstmeiner" können die Leistung künftig je Indikation einmal im Krankheitsfall abrechnen. Bei Indikationen, die mit einer Seitenangabe gekennzeichnet sind, ist die GOP je Seite berechnungsfähig. Die GOP 01645 beinhaltet die Aufklärung und Beratung zum Zweitmeinungsverfahren sowie die Zusammenstellung der Befundunterlagen.

Anpassung der TI-Pauschale

Die Finanzierung der Ausstattungs- und Betriebskosten der Telematikinfrastruktur (TI) wurde umgestellt von einer Einmalpauschale bei Anschaffung von TI-Komponenten auf eine monatliche Pauschale ab 1. Juli 2023. Die Umstellung ist bereits zum 1. Juli erfolgt. Praxen erhalten danach monatlich einen festen Betrag, der laut Bundesministerium für Gesundheit die Ausstattungs- und Betriebskosten der Telematikinfrastruktur ausgleichen soll. Voraussetzung für die Auszahlung ist, dass die technischen Voraussetzungen für die Nutzung aller gesetzlich geforderten Anwendungen in der Praxis vorliegen. Anderenfalls wird die Pauschale gekürzt bzw. nicht ausgezahlt. Die Höhe der Pauschale ist dabei von der Praxisgröße abhängig. So erhält eine Praxis mit zwei Ärzten, deren Erstausstattung vor 2021 erfolgte und die den Konnektor noch nicht getauscht hat, beispielsweise eine monatliche Pauschale von 237,78 Euro. Bei mehr als drei Ärzten sind es 282,78 Euro und bei mehr als sechs Ärzten 323,90 Euro. Wurde der Konnektor aufgrund abgelaufener Sicherheitszertifikate bereits getauscht und von den Krankenkassen finanziert, fällt die Pauschale geringer aus. Eine genaue Übersicht erhalten Sie auf den Seiten der KBV: Hier gehts zur Übersicht

Außerdem soll die Pflicht zum Nachweis der Anwendung des eArztbriefs auf den 1. März 2024 verschoben werden. Hintergrund ist, dass noch nicht alle Softwaresysteme den bislang freiwilligen eArztbrief unterstützen. Anfang Juli waren erst 44 Systeme von erwarteten 139 zertifiziert.

Konnektortausch und Laufzeitverlängerung

Zwei Konnektorenhersteller (Secunet und RISE) haben angekündigt, im zweiten Halbjahr eine Laufzeitverlängerung der Geräte per Software-Update zu ermöglichen. Damit hätten Praxen eine weitere Alternative zu einem Austausch des Konnektors. In den Konnektoren sind Chips fest verbaut, die ein Sicherheitszertifikat tragen. Aufgrund des hohen Sicherheitsniveaus der Telematikinfrastruktur ist dieses auf fünf Jahre begrenzt. Mit dem Software-Update kann das Sicherheitszertifikat nun verlängert werden, ohne dass der gesamte Konnektor getauscht werden muss. Werden Konnektoren, die ihre Gültigkeit verloren haben, nicht rechtzeitig ersetzt bzw. wird ihre Laufzeit nicht verlängert, kann sich die Praxis nicht mehr mit der TI verbinden.

Eine Alternative zum Austausch oder zur Laufzeitverlängerung ist eine Zulassung für sogenannte TI-as-a-Service-Anbieter, die von der TI-Betreibergesellschaft angeboten wird. Bei diesem Modell stehen die Konnektoren nicht mehr in den Praxen, sondern zentral in einem Rechenzentrum eines Dienstleisters. Über ein TI-Gateway ist die Praxis mit der TI verbunden. Sowohl der Anbieter als auch der Rechenzentrums-Konnektor benötigen eine Zulassung der gematik. Damit ist im Herbst 2023 zu rechnen. Es gibt jedoch bereits alternative Anbindungslösungen über Rechenzentren auf dem Markt. Diese sind zwar nicht von der gematik zugelassen, aber nutzbar.

Auch weitere TI-Komponenten verfügen über einen Chip mit begrenzter Laufzeit, der nach Ablauf durch einen neuen ersetzt werden muss. Hierzu zählen das Kartenterminal, der Praxisausweis und der elektronische Heilberufsausweis. Praxen sollten auch hier die Laufzeiten prüfen und sich um einen fristgerechten Austausch dieser Komponenten kümmern.

Verordnung von Cannabis in Arzneimittel-Richtlinie geregelt

Die geänderte Arzneimittel-Richtlinie hinsichtlich der Verordnung von medizinischem Cannabis auf Kassenrezept ist in Kraft getreten und ab sofort zu beachten. Für Ärzt:innen ändert sich allerdings nicht viel. Neu ist unter anderem, dass Cannabisverordnungen in der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung keiner Genehmigung der Krankenkassen mehr bedürfen. Außerdem gilt die verkürzte Genehmigungsfrist von drei Tagen nun nicht mehr nur bei Folgebehandlungen nach einer stationär begonnenen Cannabistherapie, sondern auch für die Verordnung in der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung. Vom Tisch ist die Forderung des GKV-Spitzenverbandes, dass nur Fachärzte Cannabisarzneimittel verordnen dürfen. Auch Hausärzten ist dies weiterhin erlaubt. Laut Gesetzgeber dürfen Cannabisarzneimittel nur bei einer "schwerwiegenden Erkrankung" verordnet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) konkretisiert diese Vorgabe. Danach gilt eine Erkrankung als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt. Bevor Ärzte getrocknete Cannabisblüten oder -extrakte verordnen, sollen sie prüfen, ob zur Behandlung des jeweiligen Patienten geeignete cannabishaltige Fertigarzneimittel verfügbar sind. Die Verordnung von Cannabisblüten ist zu begründen. Die Zweckmäßigkeit einer Weiterbehandlung mit Cannabis ist in den ersten drei Monaten engmaschig und anschließend in regelmäßigen Abständen zu beurteilen. Art, Dauer und Ergebnis der Behandlung sind in der Patientenakte zu dokumentieren.

Quelle: KBV


Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (8) Seite 46-47