Die Operation gilt in Deutschland immer noch als Goldstandard bei der Therapie von Varizen. Aber es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Alternativen, die individuell mit der Patient:in besprochen und auf ihre besondere Situation maßgeschneidert werden sollten. Außer dem Therapieerfolg sind dabei auch Risiken und Rezidivraten zu berücksichtigen.

Seit ca. fünfzehn Jahren sprießen immer neue Therapieoptionen in der Behandlung der Varikose als Alternative zur Operation hervor. Alle versprechen weniger invasiv zu sein bei mindestens gleichem Erfolg. In der Regel handelt es sich um Medizinprodukte, die als solche von diversen Firmen vermarktet werden. Die Bilanz lässt sich erst nach Jahren ziehen, da großangelegte Studien vor Markteinführung, wie bei Medikamenten gefordert, fehlen. Viele dieser Verfahren haben, schaut man über den deutschen Tellerrand hinaus, große Erfolge und sind zum Teil in Leitlinien bereits präferiert. Hierbei muss man aber unbedingt die jeweilige Vergütungsstruktur des Landes berücksichtigen, aus dem die Leitlinie kommt, und die Evidenz hinter den Empfehlungen kritisch hinterfragen [5, 7, 15, 25].

Nichtthermische Verfahren:

1) Moderne Varizenoperation

Die Operation gilt immer noch, auf jeden Fall in Deutschland, als Goldstandard. Mit moderner Technik (nichtresorbierbares Nahtmaterial an der tiefen Vene, Verschluss oder Koagulation des freiliegenden Stumpfendothels, tiefe Barrierenaht, Stripping nur bis zum unteren Insuffizienzpunkt) führt sie zu ausgesprochen geringen Rezidivquoten in der Leiste (< 5 % nach 5 – 10 Jahren) [16]. Die Patientenzufriedenheit, insbesondere bei Durchführung mit Tumeszenz-Lokalanästhesie und Seitenast
exhairesein mikrochirurgischer Technik mit dem Phlebektomiehäkchen, ist sehr hoch und in kontrollierten Studien durch kein Alternativverfahren übertroffen [9, 10, 24]. Ob dieser Eingriff ambulant erfolgen kann, wie im entsprechenden Katalog gefordert, ist abhängig von vielen Faktoren [8].

2) Schaumsklerosierung

Die Sklerosierung ist seit langem ein Standardverfahren in der Phlebologie. Sie hat durch die Zulassung als Polidocanol-Schaum eine erhebliche Wirkungsverstärkung und durch die Kombination mit der Duplexsonographie eine Renaissance, auch in Deutschland, erfahren [22]. Sie ist Therapie der Wahl bei der Sklerosierung von Besenreisern in flüssiger Form und geschäumter Variante [2]. Bei der Behandlung von Varizen um Ulcera herum und bei der Behandlung von Leisten- oder Poplietalrezidivenmit nur kleinem Anschluss (Neovaskularisation) ist sie eine hervorragende, komplikationsarme Option. Bei der Behandlung von Stammvenen ist die Wiedereröffnungsquote hoch (bis zu 80 % nach 5 Jahren). Hier sollte sie nur bei dringendem Behandlungsbedarf und Wegfall von Alternativen zum Einsatz kommen [12].

3) Mechano-chemische Ablation (MOCA)

Dies ist eine Abwandlung der Schaumsklerosierung. Hierbei wird das Sklerosierungsmittel über einen Katheter mit rotierender Spitze appliziert. Die Datenlage ist dünn [4]. Die zugelassenen Grenzwerte für die Applikation von Polidocanol (2 mg/kg Körpergewicht) reichen für die Behandlung der V. saphena magna oft nicht aus. Für die Behandlung der V. saphena parva wird diese Therapie dagegen häufig in Betracht gezogen [13].

4) Endovenöse Cyanoacrylat-Verklebung

Hierbei wird über einen per Ultraschall platzierten Katheter eine Cyanoacrylat-Variante punktuell in die Stammvene appliziert und diese verklebt. Eine Anästhesie ist hierfür nicht erforderlich, was diese Therapie für viele Behandler attraktiv macht. Die Datenlage ist auch hier dünn [14]. Der Kleber ist nicht resorbierbar und stellt ein dauerhaftes Implantat dar. Einzelfallberichte über allergische Reaktionen und Vordringen des Klebers in die tiefe Vene sind beschrieben [19].

Thermische Verfahren

5) Endovenöse Lasertherapie

Die endovenöse Lasertherapie verfügt mittlerweile über eine gute Datenlage. Sie ist sicher, mit guten Erfolgsraten und geringen Komplikationsraten. Es sollten längere Wellenlängen mit zirkumferent abstrahlenden Lichtleitern verwendet werden [18].Die perioperative Morbidität, Mortalität und Lebensqualität ist in Studien identisch zur modernen Varizenchirurgie. Die Behandlung erfolgt in der Regel in Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA), oft kombiniert mit einer Analgosedierung. Bei der Behandlung der V. saphena parva wird bei allen thermischen Verfahren immer das Nervenverletzungsrisiko diskutiert. Dies ist hier sicher erhöht aufgrund der räumlichen Nähe zum N. suralis und zu den motorischen Nerven in der Kniekehle [6].Das Risiko von Rezidiven aus der Leiste ist im Vergleich zur Operation deutlich erhöht. Diese treten jedoch in der Regel erst nach einer Karenzvon mehr als 5 Jahren auf [20, 21].

6) Endovenöse Radiofrequenzablation

Die endovenöse Radiofrequenzablation wird häufig angewandt. Die vorhandenen Daten zeigen ein identisches Bild wie bei der endovenösen Lasertherapie. Allerdings ist die Datenlage erheblich schlechter. Die perioperativen Risiken, insbesondere die Ausbildung eines endovenös-hitzeinduzierten Thrombus (EHIT), scheinen erhöht [11]. Sowohl bei der Lasertherapie als auch bei der Radiofrequenzablation sollen die vorhandenen Seitenäste direkt mitbehandelt werden [15]. Von vielen Anwender:innen wird ein spontanes Verschwinden der sichtbaren Varizen im Verlauf nach der Behandlung postuliert und abgewartet. Wie oft dies zu einer weiteren, von der Patient:in oft nicht gewollten Behandlung führt, ist unklar.

Konservative Therapie

7) Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie ist die Basistherapie bei der Behandlung der Varikose [15, 23]. Ein Unterschenkelkompressionsstrumpf (A–D) ist hier in der Regel ausreichend. Wichtig ist immer eine Therapie zu wählen, die die Patient:in auch durchführt. In der Schublade ist der Kompressionsstrumpf nicht wirksam. Neue Studien zeigen, dass auch der Kompressionsstrumpf der Klasse I ähnlich dem der KKL II wirksam ist [3]. Er ist voll verschreibungsfähig. Alle Strümpfe haben eine Hilfsmittelnummer (7 auf dem Rezept ankreuzen) und sind somit nicht budgetrelevant. Auch für die Therapie von venösen Ulcera sind zweiteilige Strumpfsysteme einer Bandagierung überlegen [1, 17].

Auswahl der optimalen Behandlungsoption für die Patient:in

Die optimale Therapie muss immer im Einzelfall anhand des Befundes und Einbeziehung der Erstattungssituation der Patient:in getroffen werden. Behandlungsindikation ist ein Reflux mit Varizen oder zumindest nachvollziehbaren, auf den Reflux zurückführbaren Beschwerden (Schwellung, Schmerz). Ein alleiniger Reflux ist keine Therapieindikation. Die Diagnostik kann hier mit einem Handdoppler auch in der Allgemeinarztpraxis orientierend, einfach und kostengünstig erfolgen.

Das Risiko eines Rezidivs nach einer Therapie mit endovenösen Verfahren ist eng mit dem Durchmesser der V. saphena magna gekoppelt. Gefäße über 10 mm profitieren wahrscheinlich dauerhafter von einer guten Operation. Auch die primäre V. acc. ant.-Insuffizienz ist eher mit einer Operation dauerhaft gut bedient.

Natürlich müssen die im Umfeld vorhandenen Angebote in die Therapieentscheidung mit einbezogen werden, ebenso wie der Patientenwunsch. Eine Patient:in zu einer Selbstzahlerleistung zu drängen, lässt sich evidenzbasiert nicht begründen. In einer Einrichtung, die sowohl die moderne Operation als auch die Sklerosierung und die endovenösen Verfahren anbietet, ist eine indikationsbezogene Therapieentscheidung am ehesten zu erwarten.

Wichtig für die Sprechstunde
  • Die Patientenzufriedenheit bei der modernen Varizenoperation ist sehr hoch, die Rezidivrate niedrig.
  • Man unterscheidet thermische Verfahren (z. B. Laser) von nichtthermischen (z. B. Schaumsklerosierung).
  • Jeder Patient muss individuell beraten werden.


Literatur:
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Autor:innen

© privat
Dr. med. Guido Bruning

Stefania Aglaia Gerontopoulou
Krankenhaus Tabea GmbH & Co. KG
Zentrum für Venen- und Dermatochirurgie,
22587 Hamburg
Interessenkonflikte: Die Autor:innen haben keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (5) Seite 41-43