Die erste Menstruationsblutung in der Jugend markiert den Übergang in das Erwachsenenalter. Bis sich jedoch ein regelmäßiger Menstruationszyklus etabliert hat, kann es in der Pubertät mehrere Jahre dauern. Wenn der Menstruationszyklus in der Adoleszenz langfristig mit gestörtem Rhythmus, verstärkter Periodenblutung oder verändertem Befinden verbunden ist, dann sind eine diagnostische Abklärung und oft auch eine Therapie sinnvoll.

Kasuistik: Jugendliche mit starken Blutungen
Eine 13-jährige sehr blasse und schwache Jugendliche wird von ihrer Mutter in einer gynäkologischen Ambulanz vorgestellt. Seit einigen Monaten sind erste zunächst schwache, zunehmend stärkere Menstruationsblutungen in noch unregelmäßigem Abstand aufgetreten. In den letzten drei Tagen hat die Jugendliche so stark geblutet, dass sie nicht in die Schule gehen konnte. Sie benötigte heute eine Binde alle zwei bis drei Stunden. Am Abend ist ihr schwindelig geworden. Bei der körperlichen Untersuchung fallen Hämatome in unterschiedlicher Färbung am Körper auf. Nach Aufklärung der Mutter über eine wahrscheinliche Gerinnungsstörung erhält die Jugendliche orale Kontrazeptiva und zur Unterstützung der Gerinnung oral Tranexamsäure. Eine interdisziplinäre Abklärung und weitere Betreuung durch die Kinder- und Jugendmedizin und Gynäkologie wird gebahnt.

Wann ist ein Menstruationszyklus in der Adoleszenz auffällig?

Die erste Menstruationsblutung ist ein einschneidendes Erlebnis in der Pubertät. Durchschnittlich tritt sie in Deutschland in einem Lebensalter von 12,3 Jahren auf [1]. Diesem Ereignis gehen mehrere Jahre mit zunehmendem Einfluss der Sexualsteroide auf den kindlichen Körper voraus. Wenn ausreichend Fettgewebe und eine beginnende Aktivierung von Ovarien und Nebennierenrinde mit zunehmender Bildung von Androgenen und Östrogenen die gesunde Entwicklung des Kindes markieren, dann kommt es zur Aktivierung der gonadalen Achse [2]. Ein normalerMenstruationszyklus als Zeichen der ausgereiften endokrinen Regulation der gonadalen Achse zeigt sich durch ...

  • eine Zykluslänge von 24 – 38 Tagen,
  • eine Blutungsmenge von maximal 80 ml pro Zyklus und
  • eine physiologische Blutungsdauer zwischen drei und fünf bis maximal acht Tagen [3].

Eine Menstruationsblutung gilt als verstärkte und abnorme uterine Blutung, wenn...

  • ... Binden oder Tampons regelmäßig schon nach weniger als drei Stunden gewechselt oder die Menstruationstasse bereits nach wenigen Stunden ausgeleert werden,
  • ... nachts die Tampons oder Binden mehrfach gewechselt werden,
  • ... sich im Menstruationsblut viele und/oder dicke Koagel zeigen und
  • ... die Jugendliche sich während der Periode oder danach dauerhaft schwach, müde und antriebslos fühlt und im Blut eine Eisenmangelanämie nachweisbar ist.

Bei Jugendlichen in der Pubertät etabliert sich der regelmäßige Menstruationszyklus erst über Jahre hinweg, so dass die Rahmenbedingungen zur Erkennung von Auffälligkeiten anders als bei der erwachsenen Frau definiert werden und den Bezug zur Pubertätsentwicklung berücksichtigen müssen (Infokasten). Diese Einteilung hilft einerseits Jugendliche zu beruhigen, wenn Störungen des Menstruationszyklus in der Pubertät länger anhalten, andererseits aber auch diejenigen Jugendlichen zu erkennen, die ein höheres Risiko für die Entwicklung von längerfristigen Störungen vor allem des polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS) aufweisen [4].

Infokasten: Wann ist der Menstruationszyklus in der Adoleszenz normal [nach 4]?
Beurteilung des Zeitpunkts der Menarche im Zusammenhang mit der Pubertätsentwicklung
  • - Menarche ist bis zum 15. Geburtstag eingetreten
  • - Intervall zwischen Beginn des Brustwachstums und der ersten Menstruationsblutung beträgt weniger als drei Jahre.
  • - Ein unregelmäßiger Rhythmus des Menstruationszyklus ist im ersten Jahr nach der Menarche physiologisch.

Kriterien für einen physiologischen Zyklus in der Adoleszenz in den Jahren nach der Menarche
  • - Ab dem 1. bis zum 3. Jahr nach Menarche sind Zykluslängen von 21 – 45 Tagen, ab dem 3. Jahr nach Menarche von 21 – 35 Tagen oder mindestens 8 Menstruationszyklen im Jahr normal.
  • - Im ersten Jahr nach Menarche eine maximale Dauer von 90 Tagen in einem Zyklus.


Welche Blutungsstörungen sollten in der Adoleszenz abgeklärt werden?

Wenn Jugendliche verstärkt bluten, während der Menstruationsblutung durch das häufige Wechseln der Hygieneprodukte (Binden, Tampons, Menstruationstassen) im Alltag beeinträchtigt sind oder Unterbauch-/Beckenschmerzen, andere begleitende Beschwerden wie Schwäche, Kopfschmerzen, Migräne oder Zeichen der Androgenisierung wie verstärkte Akne in der Pubertät auftreten, dann ist eine Vorstellung in der Kinder- und Jugendmedizin oder Frauenheilkunde sinnvoll. Zunächst erfolgt dort eine sorgfältige – hauptsächlich mit der Jugendlichen selbst geführte – Anamnese bezüglich Lebensalltag, Pubertätsentwicklung, Erkrankungen, Operationen oder Medikation unter Berücksichtigung der Familienanamnese. Im nächsten Schritt nach Abschätzung, ob die Blutungsstörung nicht mehr physiologisch ist, wird die sinnvolle Diagnostik zur Abklärung von besonderen und behandelbaren Befunden geplant. Eine interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe für Kinder- und Jugendgynäkologie bietet eine informative Website und ein strukturiertes Fortbildungsprogramm für Interessierte an.

Sinnvolle Diagnostik von Blutungsstörungen in der Adoleszenz

Die Tabelle zeigt eine Übersicht über die diagnostischen Abläufe. Körperliche Untersuchung und abdominaler Ultraschall sind wegweisend, um die wichtigsten Differenzialdiagnosen der primären Amenorrhoe zu berücksichtigen: Fehlbildungen des inneren Genitales mit Fehlen von Scheide, Uterus oder Ovarien. Grundsätzlich sollte eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden, hierfür eignet sich der Nachweis von humanem Choriongonadotropin (hCG) im Urin und bei vermuteter Schwangerschaft der Ultraschall. Tritt eine verstärkte, anämisierende uterine Blutung im Zusammenhang mit den ersten Menstruationsblutungen auf, so sollte an eine Gerinnungsstörung gedacht werden. Besonders häufig finden sich dann eine Form des von-Willebrand-Syndroms oder angeborene oder erworbene Thrombozytenfunktionsstörungen wie in der oben beschriebenen Fallskizze.

Sinnvolle Therapieansätze für Blutungsstörungen in der Adoleszenz

In Abhängigkeit von den Ursachen für die Blutungsstörungen und zusätzlichen Wünschen an eine mögliche Therapie, z.B. in Bezug auf Kontrazeption oder Dysmenorrhoe, wird eine Therapie sinnvoll.

Grundsätzlich können Zyklusstörungen mit Ausbleiben der Menstruation unter Berücksichtigung der konstitutionellen Entwicklung der Jugendlichen erstmal beobachtet werden. Dabei müssen wichtige Differenzialdiagnosen wie angeborene Störungen, funktionelle Störungen der gonadalen Achse, vor allem Essstörungen ausgeschlossen werden. Wenn als Ursache der verzögerten Pubertätsentwicklung Essstörungen mit Unter- oder Übergewicht vermutet werden, sollten mit einem interdisziplinären Ansatz Unterstützungsangebote gemacht werden. Störungen des Menstruationszyklus geben einen Anhalt für die allgemeine Gesundheit der Jugendlichen und sind "Red Flags".

Die Möglichkeiten zur hormonellen Regulation des Menstruationszyklus sind die wichtigsten therapeutischen Ansätze bei verstärkter Blutung, begleitenden Schmerzen und den Alltag störender längeranhaltender Unregelmäßigkeit. Orale Kontrazeptiva können nach individueller Aufklärung auch bei Jugendlichen eingesetzt werden. Das Thromboserisiko durch niedrigere Dosierung der Östrogene in den modernen "Pillenpräparaten" und in einigen Präparaten durch die Kombination mit dem metabolisch günstigeren Östradiol im Vergleich zum synthetischen Ethinylestradiol ist geringer als früher, muss aber auch bei Jugendlichen berücksichtigt werden. Auch intrauterine Spiralen mit Gestagen führen zu einem verbesserten Blutungsprofil, reine Kupferspiralen jedoch nicht. Jugendliche und junge Frauen stehen der hormonellen Kontrazeption heute eher kritisch gegenüber. Sie lassen sich aber nach individueller und die Person und Haltung wertschätzender Aufklärung über die Gründe, warum hormonelle Behandlungen sinnvoll sein können und gleichzeitig mit sicherer Kontrazeption verbunden sind, gut überzeugen.

Wichtig für die Sprechstunde
  • Ein normaler Menstruationszyklus hat eine Länge von 24 – 38 Tagen und eine Blutungsmenge von max. 80 ml.
  • Ein regelmäßiger Zyklus etabliert sich erst über Jahre.
  • Die hormonelle Regulation des Zyklus ist der wichtigste therapeutische Ansatz.


Literatur:
1. Mumm R, Scheffler C, Hermannussen M. Developing differential height, weight and body mass index references for girls that reflect the impact of the menarche. Acta Paediatr 2014; 103: e213-6. Doi:10.1111/apa.12625
2. Pinkney J, Streeter A, Hosking et al. Adiposity, chronic inflammation, and the prepubertal decline of sex hormone binding globulin in children: evidence for associations with the timing of puberty. J Clin Endocrinol Metab. 2014 99: 3224-32. doi: 10.1210/jc.2013-3902
3. Munro MG. Practical aspects of the two FIGO systems for management of abnormal uterine bleeding in the reproductive years. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol. 2017 Apr;40:3-22. doi: 10.1016/j.bpobgyn.2016.09.011.
4. Teede, H. J., Misso, M. L., Costello, M. F., Dokras, A., Laven, J., Moran, L., Piltonen, T., Norman, R. J., Andersen, M., Azziz, R., Balen, A., Baye, E., Boyle, J., Brennan, L., Broekmans, F., Dabadghao, P., Devoto, L., Dewailly, D., Downes, L., … Yildiz, B. O. (2018). Recommendations from the international evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome. Fertility and Sterility, 110(3), 364–379. https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2018.05.004
5. Goeckenjan M, Gabry M. Zyklusstörungen im Jugendalter. Korasion. 2020 (8) 35: 100-105


Autor:innen

© privat
Dr. med. Maren Goeckenjan (Foto)

Dr. med. Magda Gabrys
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Sexualmedizin
Kinder- und Jugendgynäkologie
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden
01307 Dresden
Interessenkonflikte: M. Goeckenjan gibt an, als Referentin Honorare für Vortragstätigkeit von der Firma Gedeon Richter, Merck und Ferring erhalten zu haben.



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (6) Seite 10-13