Was die Arbeitszeiterfassung und eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Arztpraxis gemeinsam haben? In beiden Fällen kann es zum Streit kommen. Daher lohnt es sich für Praxisinhaber durchaus, die jeweils einschlägigen Vorschriften bzw. aktuellen Gerichtsentscheidungen zu kennen.

Beim Thema Arbeitszeiterfassung gibt es noch viele offene Fragen, erklärt Anne-Franziska Weber, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Ecovis. „Klar ist nur, dass die Arbeitszeit verlässlich und objektiv zu erfassen ist. Und zwar schon jetzt.“ Ansonsten bleibt leider vieles noch ungeklärt. Das Bundesarbeitsministerium will zuerst einmal die Entscheidungsgründe eingehend prüfen. „Es läuft auf eine gesetzliche Regelung hinaus“, so Weber. Die Bundesregierung wäre eigentlich schon seit Mai 2019 verpflichtet gewesen, ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in nationales Recht umzusetzen, hat das aber nicht getan. Nach ihrer Ansicht müssen Unternehmen jetzt jedoch nicht in Panik verfallen.

Sie rät Unternehmen, die Aufzeichnungspflicht etwa in Form von Excel-Tabellen an die Mitarbeitenden zu delegieren und die Angaben stichprobenartig zu überprüfen. Da es keine Formvorschriften gibt, könnten kleinere Betriebe wie z. B. Arztpraxen die Aufzeichnungen auch handschriftlich vornehmen. Kontrollen oder gar Bußgelder durch die Gewerbeaufsichtsämter seien derzeit mehr als unwahrscheinlich. Auch künftig drohe nicht die Rückkehr zur Stechuhr, glauben Experten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Vorschriften flexibel und praxisnah umsetzen wird. Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice und flexible Arbeitszeitmodelle sind vermutlich auch in Zukunft möglich. Denn dass diese Regelungen, die auch im Interesse der einzelnen Arbeitnehmer seien, wegfielen, das wolle niemand. Auch dürfte die künftige Aufzeichnungspflicht, je nach Art der Tätigkeit und der Zahl der Beschäftigten, unterschiedlich ausfallen. Aber bis es genauere Regelungen gibt, könnte es noch eine Weile dauern.

Wenn sich der Gebäudenachbar über die Fotovoltaikanlage beschwert

Das OLG Braunschweig hat durch sein Urteil vom 14.07.2022, Az. 8 U 166/21, ein wichtiges Urteil zu diesem Themenfeld getroffen. Denn immer wieder fühlen sich Nachbarn von Lichtreflexionen durch Foto­voltaikanlagen gestört. Zweifelsfrei besteht bei Störungen ein Unterlassungsanspruch, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. So besteht ein Unterlassungsanspruch, der für den Anlagenbesitzer letztlich die Entfernung einzelner Fotovoltaikmodule, deren Verdunkelung oder eine Änderung des Anbringungswinkels nach sich bringen würde, nur bei einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbarn. Im vorliegenden Fall fühlte sich der klagende Nachbar durch Sonnenlichtreflexionen in unzumutbarer Weise geblendet. Strittig war, ob die hier vorliegenden Störungen wesentlich sind.

Laut Urteil kommt es zum einen auf die Dauer, die Häufigkeit als auch die Intensität der Störung an. Dabei müsse zwischen Blendungen und bloßen Aufhellungen unterschieden werden (Letztere sind „unerheblich“). Der Kläger hatte glaubhaft gemacht, dass an 60 Tagen/Jahr wahrnehmbare Reflexionen in einem Zeitumfang von rund 20 Stunden vorliegen. Das wurde vom ­Gericht als unerhebliche Störung eingestuft, die Klage wurde entsprechend abgewiesen.


Literatur
1. Arbeitszeiterfassung: Keine Rückkehr zur Stechuhr, Ecovis, März 2023
2. Störung durch Photovoltaikanlagen in der Regel hinzunehmen, anwalt.de, März 2023


Autorin:
Sabine Mack

Erschienen in: DERMAforum, 2023; 27 (4) Seite 5