Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat die Inzidenz von atopischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in den Jahren 2013 bis 2020 analysiert. Während die Zahlen beim Asthma sinken, steigen sie bei Neurodermitis und Heuschnupfen.

Die Inzidenz der chronischen, entzündlichen Atemwegserkrankung Asthma bronchiale ist zwischen 2013 und 2019 bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland um 28 % zurückgegangen. Im Folgejahr 2020, dem ersten Jahr der COVID-19-Pandemie, zeigte sich ein weiterer, aber deutlich stärkerer Rückgang als in den Vorjahren.

Asthma-Inzidenz sinkt vor allem in den letzten Jahren

Konkret ging die jährliche Anzahl an Neuerkrankungen pro 1.000 gesetzlich versicherten Kindern und Jugendlichen von 11,7 im Jahr 2013 auf 8,4 im Jahr 2019 zurück. Zwischen 2019 auf 2020 wurde eine stark überproportionale Abnahme (2020: 5,9 Neuerkrankungen je 1.000 Versicherte) beobachtet.

Beim atopischen Ekzem stagnieren die Zahlen

Die Neuerkrankungszahlen der beiden weiteren atopischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, des atopischen Ekzems (Neurodermitis) und des Heuschnupfens, tendierten zwischen 2013 und 2019 uneinheitlich. Während die Inzidenz des atopischen Ekzems einen weitgehend stagnierenden Verlauf zeigte (2013: 13,6 Neuerkrankungen je 1.000 Versicherte, 2020: 14,3), variierte die Heuschnupfen-Inzidenz im zeitlichen Verlauf und wies zwischen 2013 (8,4 Neuerkrankungen pro 1.000 Versicherte) und 2017 (6,4) die stärkste Abnahme (-23 %) auf.

In Ostdeutschland steigt die Heuschnupfen-Inzidenz

Die deutlichste Zunahme konnte zwischen 2019 (6,7) und 2020 (7,8) beobachtet werden. Im Gegensatz zu Beobachtungen in den ersten Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung weisen die Ergebnisse auf ein mittlerweile erhöhtes Risiko für Heuschnupfen bei ost- gegenüber westdeutschen Kindern hin.

Sinkende Exposition gegenüber Zigarettenrauch und weniger RSV

Das sind die zentralen Ergebnisse einer Versorgungsatlas-Studie über „Aktuelle Trends der Inzidenz diagnostizierter atopischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Zu möglichen Einflussfaktoren der Asthma-Erkrankung zählen eine abnehmende Exposition werdender Mütter und Kinder durch Zigarettenrauch, ein substanzieller Rückgang des Antibiotikagebrauchs bei jungen Kindern sowie eine stark reduzierte Zirkulation von Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) und Rhinoviren im Jahr 2020. Letztere könnte mit den Kontaktbeschränkungen sowie anderen Präventions- und Kontrollmaßnahmen, die mit dem Ziel der Eindämmung der COVID-­19-Pandemie in Deutschland ergriffen worden waren, in Zusammenhang stehen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.

Unterschiedliche saisonale Muster bei Atopien

Im Kindes- und Jugendalter zählen atopische Erkrankungen wie das atopische Ekzem (Neurodermitis), Heuschnupfen (Pollinosis) und Asthma bronchiale zu den am häufigsten auftretenden gesundheitlichen Beschwerden. Neben Heuschnupfen bzw. saisonaler allergischer Rhinitis weisen auch das atopische Ekzem und Asthma bronchiale unterschiedliche saisonale Muster gehäuften Auftretens in der Bevölkerung auf.

Krankenkassendaten als Basis

Grundlage für die statistische Analyse sind die bundesweiten krankenkassenübergreifenden vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Jahre 2010 bis 2021 von Kindern und Jugendlichen im Altersbereich 0 bis 17 Jahre. Die Erfassung der Inzidenz der allergischen Erkrankungen atopisches Ekzem, Heuschnupfen und Asthma bronchiale erfolgte pro Jahr im Zeitraum 2013 bis 2020 und pro Quartal im Zeitraum 1/2013 bis 3/2021. Das Neuauftreten einer atopischen Erkrankung wurde angenommen, wenn eine „gesicherte“ Diagnose erstmalig in einem Quartal des Berichtsjahres und wiederholt zumindest einmalig in den folgenden vier Quartalen verschlüsselt wurde.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (12) Seite 13