Die lange geforderte Aktualisierung der Gebührenordnung für Ärzte lässt weiter auf sich warten. Gleichzeitig schwindet die Hoffnung mehr und mehr, dass sich unter Bundesgesundheitsminister Lauterbach an der derzeitigen Situation der GOÄneu noch etwas ändern wird. Dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) reicht es jetzt.

Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) fordert seine Mitglieder deshalb auf, bei privatärztlichen Abrechnungen nach der veralteten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) höhere Steigerungsfaktoren bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten zu nutzen als den seit Jahren üblichen Regelsteigerungsfaktor 2,3. Hintergrund ist die Blockadehaltung des Bundesgesundheitsministers bei der Einführung einer neuen, betriebswirtschaftlich kalkulierten GOÄ.

Wirtschaftliche Situation in den Praxen verlangt eine Anpassung

„Wir sind gezwungen, die seit 1996 unveränderten Honorare der bestehenden Gebührenordnung für Ärzte der aktuellen von Inflation und Kostensteigerungen geprägten wirtschaftlichen Situation in den dermatologischen Praxen anzupassen. Aus diesem Grund werden wir als Fachgruppe den Paragrafenteil der GOÄ künftig in seiner Lesart genau nutzen und von den Möglichkeiten einer Faktorensteigerung mit Begründung vermehrt und einheitlich Gebrauch machen“, kündigte BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski an.

Vielen Dermatologinnen und Dermatologen sei in ihrem Praxisalltag nicht bewusst, dass sie die am Patienten erbrachte Leistung je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand bis zum 3,5-Fachen des Gebührensatzes steigern könnten. Gleiches gelte für die sogenannte Abdingung, also den Abschluss einer abweichenden Honorarvereinbarung für privatärztliche Leistungen mit dem Patienten auf der Grundlage der GOÄ. Viele Kollegen würden bislang weder die Steigerungsmöglichkeiten der GOÄ vollumfänglich nutzen noch das Instrument der Abdingung oder täten dies nur zögerlich, zum Teil aus Unkenntnis, zum Teil aber auch, um Auseinandersetzungen mit den Patienten beziehungsweise mit den privaten Krankenversicherungen und der Beihilfe aus dem Weg zu gehen, so der BVDD-Präsident. Man werde deshalb in Abstimmung mit den verbandsinternen Gebührenordnungs-Experten rechtskonforme Handreichungen für die BVDD-Mitglieder erstellen, um Hemmschwellen abzubauen.

Moderne Dermatologie benötigt eine moderne Gebührenordnung

Der BVDD will damit Bewegung in die festgefahrene Situation um die GOÄneu bringen, die von ärztlicher Seite ausgearbeitet und kalkuliert dem Bundesgesundheitsminister vorliegt, von diesem aber aus ideologischen Gründen blockiert werde. Tatsächlich sieht allerdings auch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) als Kostenträger noch Änderungsbedarf bei den Preisen der Leistungen. „Wir können nicht länger darauf hoffen, dass sich unser Bundesgesundheitsminister bequemt, seinen Plan einer Bürgerversicherung aufzugeben und den Weg frei zu machen für die neue GOÄ“, beklagt von Kiedrowski.

Ein modernes Fach wie die Dermatologie benötige aber dringend eine Gebührenordnung, die die technischen und therapeutischen Neuerungen der vergangenen 30 Jahre endlich adäquat abbildet. Das Abrechnen von Analogziffern sei völlig unzureichend. Wenn man nun höhere Steigerungsfaktoren als bislang konsequenter nutze, werden vielleicht auch die Kostenträger merken, dass es günstiger ist, die GOÄneu so einzuführen, wie sie aktuell kalkuliert ist, auch wenn hier sogar bereits Nachbewertungen erforderlich sein werden, denn die Kalkulationen hätten als Datenbasis 2017 und die Zahlen würden daher bei der aktuellen Inflation schon gar nicht mehr stimmen. „Aber auch dies verdeutlicht das aktuelle Dilemma, einerseits als Ärzteschaft eine aktuelle Gebührenordnung, wie sie jeder freie Beruf benötigt, zu bekommen, andererseits jetzt agieren zu wollen“, so Dr. Ralph von Kiedrowski.

Berufsverband macht Druck

Der Berufsverband übernehme mit der Information seiner Mitglieder über Steigerung und Abdingung eine Aufgabe, die der Deutsche Ärztetag 2022 eigentlich der Bundesärztekammer sowie den Landesärztekammern aufgetragen hatte. Doch von dort seien bislang noch kaum Informationen an die Niedergelassenen gelangt.

Unterdessen laufen die Verhandlungen zur neuen GOÄ zwischen Bundesärztekammer und PKV auf Hochtouren. Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt stellt sich auf dem Ärztetag im Mai in Essen einer möglichen Wiederwahl. Die Hoffnung besteht, dass er dann eine fertig konsentierte GOÄ in den Händen hält.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2023; 27 (4) Seite 2