Existiert ein Zusammenhang zwischen Psoriasis und verschiedenen Zungenveränderungen? Es gibt Studien, die dies für die Lingua geographica nahelegen und diese sogar als orale Form der Psoriasis interpretieren. Eine Wiener Studiengruppe konnte dies nicht bestätigen.

Unter einer Lingua geographica (LG) versteht man eine Zunge mit entzündlichen Veränderungen unklarer Genese. Sie ist gekennzeichnet durch ringförmige erythematöse Bereiche mit weißlichen Rändern (Abb. 1), was der Zunge ein landkartenartiges Aussehen verleiht. Die Lingua plicata (LP) zeichnet sich durch eine Längsfurche am Zungenrücken und gelegentlich zusätzliche kleinere seitliche Furchen aus (Abb. 2). Beide Zungenveränderungen sind harmlos, in der Regel asymptomatisch und bedürfen keiner Therapie.

Verschiedene Untersuchungen konnten einen Zusammenhang zwischen Psoriasis und LG oder LP nachweisen. Allerdings lagen für Europa bislang nur wenige Daten über die Häufigkeit von Lingua geographica (LG) und Lingua plicata (LP) bei Psoriasispatienten vor.

Neue Studie aus Wien

Forscher aus Wien wollten dieses Datendefizit nun beheben. Sie schlossen 173 Patienten mit Psoriasis sowie 173 gesunde Kontrollpersonen in ihre prospektive Fall-Kontroll-Studie ein [1]. Im Mittel waren die Psoriasis­patienten 50 Jahre alt, die Kontrollen 54. Der mediane PASI-Score lag bei 2 (0 – 4,1), die Krankheitsaktivität war also gering. Eine Lingua geographica fand sich bei jeweils 2 Teilnehmern aus jeder der beiden Gruppen, war also nicht mit Psoriasis assoziiert. Dagegen hatten 25 Personen aus der Psoriasis-Gruppe eine Lingua plicata, aber nur 13 aus der Kontrollgruppe – ein signifikanter Unterschied.
Eine weitere Erkenntnis bestand darin, dass eine Lingua geographica signifikant mit Rauchen assoziiert war.

Psoriasis an der Zunge?

Die Hypothese, dass die Lingua geographica eine orale Manifestation der Psoriasis ist, konnte durch die neue Studie also nicht unterstützt werden. Allerdings geben die Autoren zu bedenken, dass unterschiedliche Prävalenzraten der LG in unterschiedlichen Ethnizitäten oder Regionen denkbar seien.

Außerdem waren die meisten Psoriasispatienten der Wiener Studie mit systemischen Medikamenten behandelt, was auch den niedrigen PASI-Score erklärt. Es sei nicht auszuschließen, so die Forscher, dass die Behandlung auch einen Einfluss auf die Zungenveränderungen haben könnte. Daten zur Therapie würden in den früheren Studien zwar nicht vorliegen, eine Therapie mit modernen Biologika sei aber unwahrscheinlich, weil diese Substanzen ­damals zum Teil noch gar nicht auf dem Markt waren.

Die Frage, ob die Lingua geographica, mit der Psoriasis in der Wiener Studie signifikant assoziiert war, eine Ausdrucksform der Psoriasis ist, könne vorerst nicht beantwortet werden und müsse in weiteren Studien geklärt werden.


Literatur
1. B Monshi et al.: Psoriasis ist mit Lingua plicata jedoch nicht mit Lingua geographica assoziiert: eine prospektive Fall-Kontroll-Studie, Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG), Volume 19, Issue 8, August 2021: 1170 – 1177


Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2023; 27 (4) Seite 17