Haarausfall kann offenbar ebenfalls ein Symptom sein, das nach einer überstandenen COVID-19-Erkrankung auftritt. Amerikanische Dermatologen wollten nun herausfinden, wie es zu diesem Haarverlust kommt.

Wenn die akuten Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion abgeklungen sind, kommt es bei rund jedem zehnten Erkrankten zu weiteren, oft über lange Zeit andauernden Beschwerden, die sehr vielfältig sein können. Man spricht dann – je nach Dauer – von einem Long- oder Post-COVID-Syndrom.

Vielfältige Post-COVID-Symptome

Die gesundheitlichen Langzeitfolgen umfassen Beeinträchtigungen der körperlichen, geistigen und psychischen Gesundheit. Die Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und -schmerzen. Und in einigen Fällen kommt es auch zu einem Haarverlust. Wie es zu diesem kommt, wollten amerikanische Dermatologen etwas genauer wissen. Sie analysierten dafür Daten von insgesamt 28 Studien mit rund 1.000 Patientinnen und Patienten.

Meist liegt ein telogenes Effluvium zugrunde

Dabei zeigte sich, dass bei der Mehrzahl der Patienten der gesteigerte Haarverlust auf ein telogenes Effluvium (TE) zurückzuführen war. Nur bei 38 Probanden ergaben sich Hinweise auf eine Alopecia areata. Deutlich geringer war die Zahl der Patienten mit einem anagenen Effluvium (n = 4) bzw. einer fibrosierenden Alopezie (n = 2). Wie die Forscher bemerkten, war der Anteil der Frauen auffallend hoch, bei den Teilnehmern mit telogenem Effluvium lag er bei 81 Prozent. Die ersten Symptome zeigten sich in der TE-Gruppe etwa 56 Tage nach der SARS-CoV-2-Infektion. Bei Betroffenen mit Alopecia areata, anagenem Effluvium und fibrosierender Alopezie setzte der Haarausfall im Durchschnitt 38, 10 bzw. 90 Tage nach Infektion ein.

Haarverlust kommt nach sechs Monaten zum Stillstand

Nicht bei allen für die Auswertung herangezogenen Studien wurden die Probanden über längere Zeit nachbeobachtet. Dort wo dies aber der Fall war, zeigte sich, dass der Haarverlust spätestens nach sechs Monaten zum Stillstand kam. Eine Behandlung erfolgte am häufigsten mit Minoxidil, entweder oral oder topisch. In ihrem Fazit halten die Dermatologen fest, dass es sich beim COVID-19-induzierten Haarausfall also meist um ein telogenes Effluvium handelt. Neben pro­inflammatorischen Zytokinen könnte auch eine direkte Schädigung der Haarfollikel Ursache für den vermehrten Haarverlust sein, vermuten die Wissenschaftler. Da fast alle Patienten mit telogenem Effluvium im Laufe ihrer Coronaerkrankung stationär behandelt worden waren, könne allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass auch die COVID-19-Therapie selbst eine Ursache für den Haarausfall sein könnte, so die Autoren.


Literatur
Abushukur Y et al. (2022) Int J Dermatol. DOI: https://doi.org/10.1111/ijd.16542


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2023; 27 (4) Seite 6