Kiesel, Legosteinchen, Kirschkerne oder anderer Kleinkram, der in der Nase nichts zu suchen hat, ist immer mal wieder auch in der Hausarztpraxis ein Grund für eine Konsultation. Oft sind Kinder oder auch demente Patienten betroffen und manchmal bilden die Fremdkörper nur den Kern des langsam in der Nasenhöhle herangewachsenen Gebildes. Dieses nennt man dann Nasenstein oder Rhinolith. Im folgenden Beitrag sollen Fälle aus der Praxis geschildert und der Natur von endogenen und exogenen Rhinolithen auf den Grund gegangen werden.
Mit folgenden Zeilen (Originalorthographie) wies der Spezialarzt für Hals-, Nasen- und Hautkrankheiten (!) P. H. Gerber aus Königsberg schon vor 130 Jahren in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift [1] auf das gelegentliche Vorkommen von Steinen in der menschlichen Nase hin: "An einer kleinen, wenig beachteten Stelle weist die pathologische Anatomie eine Lücke auf, die freilich nur uns Specialärzten empfindlich sein dürfte. Diese Lücke betrifft das Kapitel von den Nasensteinen. ..." Fakt ist, dass Nasensteine schon seit Jahrhunderten (z. B. bei Thomas Bartholin 1654) erwähnt werden, der Terminus "Rhinolith" für sie aber erst seit 1845 gebräuchlich [2, 10] ist.
Unabhängig von ihrer Genese sind Rhinolithen letztendlich Nasenfremdkörper. Zusammen mit den Fremdkörpern aller Aperturen gehören sie zu seltenen, aber regelmäßig häufig vorkommenden hausärztlichen Beratungsergebnissen (Rangplatz 162 bis 248 bei Danninger, Landolt-Theus, Braun sowie Fink/Haidinger) [3, 4]. Frauen scheinen im Übrigen öfter betroffen zu sein als Männer [10].
Wie kommen Steine in die Nase?
Rhinolithen werden exogen (80 %) oder endogen (20 %) verursacht [5, 10]. Exogener Ursprung bedeutet, dass der zur Bildung eines Rhinolithen erforderliche Kondensationskern als Fremdkörper über einen extranasalen oder retronasalen Zugang in die Nasenhaupthöhle gelangt. Kinder stecken sich gerne "aus Jux" kleine Gegenstände in die Nase: Mineralische (Steinchen wie in Fall 1), pflanzliche (Obstsamen) oder andere Materialien (Fall 2, Abb. 5) werden verwendet und wirken bei längerer Verweildauer als Kondensationskerne. Durch die Anlagerung von Mineralsalzen können sie verhärten, inkrustieren und wachsen. Auch bei Erwachsenen können Fremdkörper unbemerkt oder versehentlich von außen in das Cavum nasi gelangen: bei Unfällen (Eisen- und Glassplitter, Holzstückchen) [6], Kriegsverletzungen (Granatsplitter) [7] oder im Rahmen iatrogener (vergessene/übersehene Tamponaden) und selbstmanipulativer Maßnahmen (Alltagsgegenstände) bei adulten behinderten/dementen Personen.
Der retronasale Zugang zur Nasenhaupthöhle ist gerade bei älteren Menschen mit Schluckbeschwerden nicht so selten. Nahrungsreste können dann regurgitiert werden, so dass kleinere Teile (Knochensplitter, Kirschkerne, Fischgräten) über den Nasenrachenraum retrograd in das Nasenlumen, selten sogar in die Nebenhöhlen gelangen [7]. Weil solche Fremdkörper bei geringer Größe meist keine Beschwerden machen, können sie über Jahrzehnte unentdeckt bleiben [8]. In dieser Zeit wird der Fremdkörper durch Mineralisierung zum Rhinolithen, wobei neben einer langen Entstehungszeit von bis zu 15 Jahren [9] zusätzliche Voraussetzungen (Infokasten) erfüllt sein müssen.
Endogener Ursprung bedeutet, dass der zur Bildung des Rhinolithen erforderliche Kondensationskern im Körperinneren entsteht oder entstanden ist. Das können verbliebene Knochenfragmente und Blutkoagel etwa nach Operationen oder ektope Zähne sein. Aber auch eingedickte Schleimpartikel können im Rahmen langjähriger Sinusitiden und unter bestimmten Voraussetzungen (Infokasten) durch Sekretstau und Mineralisierung zur Rhinolithenbildung führen (Fall 3).
Wie Fall 4 andererseits zeigt, führen bei weitem nicht alle Sinusitiden oder Irritationen der Nasenschleimhaut zur Bildung von Kondensationskernen mit konsekutiver Rhinolithenbildung. Eine intakte endonasale Schleimhaut ist grundsätzlich in der Lage, sowohl endogen entstandene (Abb. 4) wie auch exogen eingedrungene Partikel durch die Ziliartätigkeit unschädlich zu machen.
Wo liegen die Steine in der Nase?
Weil Rhinolithen nur unter bestimmten Bedingungen (Infokasten) entstehen, kommen sie fast ausschließlich in den Nasenhaupthöhlen vor, nur gelegentlich wurden Antrolithen(Steinbildungen in den Nebenhöhlen) im Sinus maxillaris beschrieben [9, 10]. Nasensteine sind überwiegend unilateral und liegen meist im unteren Nasengang, am Übergang vom vorderen zum hinteren Abschnitt [9].
Welche Symptome machen Nasensteine?
Kleine Rhinolithen sind in der Regel asymptomatisch, werden bei einer klinischen Untersuchung der Nase eher zufällig oder von der Patient:in beim Ausschnäuzen entdeckt. Symptomatische Nasenfremdkörper oder Rhinolithen müssen relativ groß (Fallgeschichte 1) oder schon mehrere Monate (Fallgeschichte 2) da sein, bis die ersten Beschwerden auftreten.
Das primäre Beschwerdebild ist zielführend: eine unilaterale Behinderung der Nasenatmung, begleitet von einer ebenfalls einseitigen, nicht selten purulenten Rhinorrhoe ("Fremdkörperschnupfen"). Wie Fall 2 zeigt, können diese Symptome je nach Verlaufsdauer auch von einer sozial relevanten Ozäna begleitet sein. Gesichts- oder Kopfschmerzen, Geruchsstörungen [11], Epiphora oder rezidivierende Hals- und Stimmbeschwerden [14] sind möglich, aber von Größe, Position und Vorgeschichte des Rhinolithen abhängig. Sekundäre Septum- oder Gaumenperforationen [12] sind sehr selten.
- Der exogen oder endogen in die Nasenhaupthöhle gelangte Fremdkörper (Kondensationskern) muss eine akute oder chronische Entzündung der Nasenschleimhaut mit konsekutiver Bildung von Entzündungssekret auslösen.
- Das Entzündungssekret muss einen hohen Kalzium- und/oder Magnesiumanteil haben.
- Der Abflussweg der entzündlichen Nasensekrete muss durch eine mechanische Obstruktion blockiert oder behindert sein.
- Das entzündliche Sekret muss einem Luftstrom ausgesetzt sein, damit es sich verdichtet und die Mineralsalze präzipitieren. So kann es dann zu Verkrustungen kommen.
Welche Rolle spielen Hausärztin und Hausarzt?
Bei verdächtiger Anamnese und den entsprechenden Symptomen müssen neben anderen Nasenerkrankungen (z. B. vielfältige Rhinitiden und/oder Rhinosinusitiden, Nasenpolypen, intranasale Tumoren) gerade bei strikter Einseitigkeit und bei entsprechenden Risikogruppen (Kinder, behinderte oder demente Patient:innen) Rhinolithen und Fremdkörper als abwendbar gefährlicher Verlauf [16] bedacht und weiterführende Maßnahmen (gründliche anteriore Rhinoskopie, Nasenendoskopie, bildgebende Diagnostik) eingeleitet werden. Schließlich werden Kasuistiken von jahrelang übersehenen oder verkannten Nasenfremdkörpern und Rhinolithen immer wieder publiziert [13, 14, 15]. Eine Inspektion der tieferen Nasenhaupthöhle ist den meisten Hausärzt:innen aus technischen Gründen versagt. Manchmal kann aber schon ein Blick in den Nasenvorhof mit Einmalnasenspekulum und Stablampe (Fälle 1/2) erfolgreich sein.
Fazit
Nasenfremdkörper und Rhinolithen gehören zu den eher seltenen Fällen im hausärztlichen Alltag. Vier Fallgeschichten aus drei Jahrzehnten Praxistätigkeit sollen für dieses Problem sensibilisieren.
Rechte: Alle Rechte für Text und Abbildungen liegen beim Autor.
- Rhinolithen entstehen durch exogen oder endogen in die Nase gelangte Fremdkörper.
- Symptome bei größeren oder älteren Rhinolithen sind vor allem behinderte Nasenatmung und Rhinorrhoe.
- Mit Spekulum und Lampe lassen sie sich oft entdecken.

Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (12) Seite 41-44