Die Umsetzung des Qualitätsmanagements stellt für einige Praxen eine reine Pflichterfüllung dar. Dabei gerät oft aus dem Blick, welches Potenzial für Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung ein gut etabliertes QM bedeutet. Insbesondere mithilfe eines digitalisierten Qualitätsmanagements können Sie in Ihrer Praxis neu durchstarten!

Auch wenn die meisten Ärzt:innen den Möglichkeiten der Digitalisierung grundsätzlich offen gegenüberstehen und sie im Privatbereich längst nutzen: Die schlechten Erfahrungen im Zusammenhang mit der Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) haben vielen die Freude getrübt. Es blieb der Eindruck, dass die neuen Anforderungen an die Digitalisierung der Praxis den Arbeitsalltag eher schwieriger als leichter machen und Kosten und Aufwand in keinem guten Verhältnis zu den Ergebnissen stehen. Die Einführung durch Zwang und die Erfahrung mit fehlerhaften Systemen (nur ein Stichwort: Systemabstürze mit den neuen Gesundheitskarten) führten zu viel Unzufriedenheit und dem Gefühl, dass die Praxen als Versuchskaninchen für ein unausgereiftes Produkt herhalten müssen. Doch es geht auch anders.

Wie genau kann die Digitalisierung das QM verbessern?

Im hektischen Arbeitsalltag der Praxis bleibt die Analyse der eigenen Prozesse oft ein wenig auf der Strecke. Gutes, digitalisiertes QM schärft den Blick für das Wesentliche und für Zusammenhänge. Die Frage "Warum tun wir etwas so, wie wir es tun?" ermöglicht den Blick auf alternative Prozesse, die möglicherweise effizienter und/oder sicherer sind. Je bewusster und sinnvoller Prozesse gestaltet sind, umso mehr steigt auch die Mitarbeiterzufriedenheit – in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Faktor für erfolgreiches Praxismanagement. Und so lassen sich auch Zeit und andere Ressourcen optimal nutzen.

Digitales Qualitätsmanagement bringt mehr Struktur in Abläufe: Anleitungen, Arbeitsanweisungen, Formulare auf dem jeweils aktuellen Stand und Checklisten befinden sich gesammelt an einem Ort. Dies hilft den Mitarbeiter:innen, zeitsparend zusammenzuarbeiten und Missverständnisse zu vermeiden. Ein einheitliches Vorgehen und gut zugängliche Informationen über Prozesse und die dafür nötigen Grundlagen helfen auch neuen Mitarbeiter:innen, sich schnell ins Team einzufügen und bald eigenständig arbeiten zu können. Automatisierte Aufgaben und Erinnerungen stellen sicher, dass keine Fristen versäumt werden, Arbeiten nicht doppelt gemacht werden und jeder weiß, was er zu tun hat.

Digitalisiertes QM reduziert Fehler und steigert damit die Sicherheit der Patient:innen. Das ist für sich genommen schon ein wertvolles Gut, doch es kommt noch hinzu: Fehler verursachen Kosten. Damit ist die Fehlerreduktion zusätzlich auch ein Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Praxis. Ein digitales QM-Tool ist so wertvoll für das Auffinden und Vermeiden von Fehlern, weil es viel mehr Daten berücksichtigen kann.

Digitales QM: Von der unternehmerischen Pflicht zu echtem Mehrwert im Praxismanagement
Wenn es gelingt, den Blick weg von "Was muss ich in Sachen Digitalisierung noch tun?" zu wenden und in Richtung "Wie kann ich die Digitalisierung meiner Praxis konkret nutzen?" zu lenken, eröffnen sich enorme Spielräume.
  • Mehr Effizienz dank optimierter Prozesse – und damit mehr Zeit für Patient:innen und weniger Überstunden
  • Gesteigerte Zufriedenheit bei Mitarbeiter:innen
  • Bessere Arbeitsqualität durch gutes Fehlermanagement, sichere Dokumentation von Vorfällen und ergriffenen Maßnahmen
  • Stabile Einnahmen, weil durch weniger fehlerhafte Patientendokumentation oder Fallziffern weniger Rückerstattungen nötig sind
  • Optimiertes Personalmanagement, weil QM mit Themen aus Datenschutz, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit verknüpft werden kann
  • Leichterer Zugang zu wichtigen Arbeitsanweisungen und anderen Dokumenten

Konkrete Vorteile eines digitalen QM-Tools

QM soll sicherstellen, dass Praxen alle regulatorischen Vorgaben erfüllen. Mit einem digitalen Tool geht es leichter, denn hier können praktische Anleitungen beispielsweise zum Umgang mit Gefahrstoffen oder medizinischen Geräten verknüpft werden mit den relevanten Dokumenten zu den rechtlichen Grundlagen. Das digitale QM-Tool wird so zu einer Art Praxis-Wiki, in dem alle wichtigen Informationen hinterlegt und miteinander verlinkt sind – und das ohne Unmengen von Papier, was auch der Umwelt zugutekommt. Die doppelte Pflege gleicher Inhalte in unterschiedlichen Systemen und auch die Kosten für mehrere Systeme entfallen. Über praktische Suchfunktionen sind Dokumente zudem deutlich schneller auffindbar, als wenn sie ausschließlich in Papierversion vorliegen. Außerdem ist leichter zu gewährleisten, dass die vorliegenden Informationen auf dem aktuellen Stand sind. Ein spezialisiertes Tool für digitalisiertes QM bringt z.B. Sicherheits- und Produktdatenblätter auf den jeweils gültigen Stand. Auch Schulungen und Unterweisungen können dokumentiert werden. Digitales QM sorgt für durchgängige Aktualität und Transparenz. So ist die Praxis jederzeit für Auditierungen gerüstet. Bußgelder aufgrund mangelhafter Dokumentation oder nicht gegebener Aktualität werden vermieden.

Was bei der Digitalisierung zu beachten ist

Wer auf die Digitalisierung des Qualitätsmanagements in der Praxis setzt, sollte dem Wandel etwas Zeit geben. Zunächst ist eine Investition an Zeit und Kosten nötig – sie wird sich jedoch schnell amortisieren.

Die Umstellung des QM auf ein digitales Tool kann nur gelingen, wenn das Team dafür offen ist. Das gelingt, wenn den Mitarbeiter:innen verständlich gemacht wird, dass die Digitalisierung nicht eine weitere Aufgabe ist, die "auch noch" erledigt werden muss – zusätzlich zu den ganzen anderen Dingen, die in einer Praxis Tag für Tag anfallen. Vielmehr sollte vor Einführung des digitalen QM klar sein, dass digitalisiertes Qualitätsmanagement künftig eine große Erleichterung der Praxisprozesse bedeuten wird. Spezialisierte Tools werden von Anfang an besonders nutzerfreundlich gestaltet, sodass sie nach sehr kurzer Zeit intuitiv bedient werden können, weil den Entwickler:innen bewusst ist, dass ihre Software nur dann dauerhaft und erfolgreich genutzt werden wird, wenn sie diese Anforderung erfüllt.

Digitales Qualitätsmanagement kann unglaublich viel. Gelegentlich wird in der Praxis der Fehler begangen, dass das große Potenzial von Anfang an voll ausgeschöpft werden soll. Sinnvoller ist es, die Umstellung in mehreren kleinen Schritten vorzunehmen, beispielsweise erst einmal die wesentlichen Abläufe zu dokumentieren. So wird auch der Umstellungsaufwand überschaubar. Zusammen mit einem angenommenen ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis ist der befürchtete Umstellungsaufwand laut einer KVB-Studie noch immer das größte Hemmnis weiterer Digitalisierungsbemühungen in den Praxen.

Hilfreich für den Wandel hin zu digitalisiertem Qualitätsmanagement ist es allemal, vorab eine Digitalisierungsstrategie festzulegen. Dabei werden zentrale Fragen geklärt wie beispielsweise:

  • Soll mit einem zentralen Laufwerk oder einem digitalen QM-System gearbeitet werden, wenn ja, mit welchem?
  • Wie wichtig ist der Schutz vor Manipulation von Daten, beispielsweise durch versehentliches Löschen oder Bearbeiten von Dokumenten?
  • Ist es hilfreich/wichtig, dass die Daten auch mobil abrufbar sind, etwa über Smartphone oder Tablet?
  • Wer hat welche Rollen und Rechte? Sind allen Mitarbeiter:innen alle für sie relevanten Informationen zugänglich? Wer darf was?

Einmal im Team etabliert kann digitales QM einen wahren Mehrwert für alle Beteiligten sowie den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis bringen.

Fazit für die Praxis
  • Das große Potenzial von digitalisiertem Qualitätsmanagement wird heute in nur wenigen Praxen ausgeschöpft. Frustration im Zusammenhang mit der suboptimalen Einführung der TI und der oft hektische Praxisalltag behindern derzeit noch eine flächendeckende Anwendung. Doch der anfängliche Aufwand bei der Einführung lohnt sich bald, denn digitalisiertes Qualitätsmanagement reduziert Zeitaufwand und Kosten und steigert gleichzeitig die Qualität der Arbeit. Die Ergebnisse: zufriedenere Mitarbeiter:innen, zufriedenere Patient:innen und – nicht zuletzt – zufriedenere Praxisinhaber:innen.



Autor
Dr. Walter Gmelin
Founder & CEO bei qoom
www.qoom-medical.com
walter.gmelin@qoom.app
Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert

Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (6) Seite 48-49