Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, was viele Hausärzt:innen schon immer gemutmaßt haben: 24 Stunden am Tag reichen eigentlich nicht aus, um allen Anforderungen einer Allgemeinarztpraxis gerecht werden zu können.

Eigentlich müsste der ärztliche Arbeitstag in einer durchschnittlich frequentierten Praxis 26,7 Stunden haben – 14,1 Stunden für Präventionsmaßnahmen, 7,2 Stunden für die Therapie von chronisch Kranken, 2,2 Stunden für die Akutversorgung und 3,2 Stunden für die Bürokratie.

An den Sprechzeiten arbeiten

Das jedenfalls geht aus einer kürzlich publizierten und veröffentlichten Berechnung (J Gen Intern Med 2022; online 1. Juli) hervor, in der Daten von 2.500 Patient:innen modelliert, in einer Sensitivitätsanalyse variiert und schließlich stundenmäßig hochgerechnet wurden. Auch wenn die Stunden für die täglich benötigte Präventionsarbeit doch erstaunlich hoch und die angesetzte Zeit für die Akutversorgung viel zu niedrig angesetzt zu sein scheinen, wird doch eines deutlich: Ein normaler 8-Stunden-Tag reicht für eine durchschnittliche Allgemeinarztpraxis nicht aus. Dabei sind die durchschnittlichen Sprechzeiten in Deutschland noch nicht einmal übermäßig lang. Nach den Ergebnissen einer internationalen Vergleichsstudie beträgt hierzulande die durchschnittliche Dauer der Arztbesuche 7,6 Minuten. Das sieht in anderen Ländern zum Teil ganz anders aus, zum Beispiel in Schweden, wo für einen Arztbesuch die dreifache Dauer (22,5 Minuten) veranschlagt wird. In Minneapolis wurden in einer Querschnittstudie (JAMA Health Forum 2023; online 10. März) die Daten aus elektronischen Patientenakten von mehr als 8 Millionen Arztbesuchen in knapp 8.100 Allgemeinarztpraxen ermittelt: Auch dort dauerten die Arztbesuche im Schnitt knapp 19 Minuten.

Das gesamte Team einbinden

Doch wie könnte hierzulande Zeit reingeholt werden, die eigentlich im Alltag einer Allgemeinarztpraxis gar nicht vorhanden ist? Auch hier geben die diversen Studienergebnisse Aufschluss. Mit einer teambasierten Betreuung würde sich der Zeitaufwand um mehr als die Hälfte verringern. Das wäre schon ein großer Schritt nach vorne und ganz im Sinne von Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, die als stellvertretende Vorsitzende des Hausärzteverbandes die Teampraxis als Lösung vieler Probleme von Allgemeinärzt:innen propagiert. Dies wird aber nur dann funktionieren, wenn dort das nichtärztliche Team auch besser als bislang zur Geltung kommen kann. Mit der VERAH® und der VERAHplus ist man hier in der HzV schon auf dem richtigen Weg. Doch da ginge noch viel mehr: Die Potenziale von Physician Assistants (PA), Community Health-Nurses (CHN) oder akademisierten VERAH® oder NäPa und anderen nichtärztlichen Professionen werden noch viel zu wenig genutzt. Mit ihnen gemeinsam könnte viel Zeit gewonnen werden. Jedenfalls müsste der Arbeitstag mit Sicherheit dann nicht mehr 26,7 Stunden umfassen,


... meint Ihr

Raimund Schmid


Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (6) Seite 25