An dem Haushalt 2023 wird Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch lange zu knabbern haben. Natürlich war absehbar, dass als Folge des Krieges in der Ukraine außer dem Verteidigungsetat alle Ressorts und Ministerien Abstriche werden hinnehmen müssen. Dass aber auch beim Gesundheitsetat derart massiv abgespeckt werden muss, hatte so keiner erwartet.

Zwar waren einige Kürzungen – gerade nach dem Ende der Corona-Pandemie – durchaus folgerichtig. Beispielsweise entfallen im kommenden Jahr weitgehend die Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie. So etwa die Zuschüsse von über 3 Milliarden Euro zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Oder die rund 1,2 Milliarden Euro für Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds, um die Belastungen der Pandemie finanziell besser aufzufangen.

Tiefe Einschnitte

Dass jedoch nun auch für die Forschung zur Long-COVID-Versorgung weniger Mittel zur Verfügung stehen als ursprünglich geplant, war schon mal der erste Dämpfer. Doch damit nicht genug. Darüber hinaus sollen im Jahr 2024 der ergänzende Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds (2,0 Milliarden Euro) und der pauschale Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung (1,0 Milliarden Euro) nicht mehr in der Haushaltsplanung enthalten sein. Keine Mehrausgaben sind zudem im kommenden Jahr auch beim allgemeinen Bundeszuschuss für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vorgesehen. Dieser bleibt bei 14,5 Milliarden Euro. Dann kann man sich leicht ausrechnen, dass es nicht lange dauern wird, bis die Krankenkassen weiter die Schraube "Zusatzbeitrag" nach oben drehen werden. Letztlich wird damit also wieder der Beitragszahler die finanziellen Defizite ausgleichen müssen, die mit dem Rückzug des Bundes und den weiter stark ansteigenden Ausgaben im Gesundheitssektor automatisch entstehen werden.

Eine teure Zeche

Diese Zeche wird also die heutige Generation bezahlen müssen. Eine weitere Zeche bürdet Karl Lauterbach aber zusätzlich noch der künftigen Generation auf. Und zwar mit der Ankündigung, den erst 2021 eingeführten Bundeszuschuss zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von gut 1,5 Milliarden Euro pro Jahr (sogenannter Pflegevorsorgefonds) weitgehend zu streichen. Dabei handelt es sich um Einzahlungen in einen bei der Bundesbank hinterlegten Fonds, um die zu erwartenden Beitragssteigerungen abzumildern, wenn die Babyboomer-Jahrgänge das pflegebedürftige Alter erreichen. Denn 2034 erreicht der erste Babyboomer-Jahrgang das 75. Lebensjahr, nach dem die Wahrscheinlichkeit steigt, pflegebedürftig zu werden. Da wäre eine – wie eigentlich geplant – vorsorglich angelegte finanzielle Reserve ein Segen. Stolz verkündet Lauterbach nun, dass es so 2024 zu keinen Leistungskürzungen kommen wird. Was er nicht sagt: Dieses Versprechen müssen wir teuer bezahlen. Die heutige Generation mit höheren Beiträgen und die künftige Generation mit noch höheren Beiträgen. Fazit: Gesundheit 2023 – unter ferner liefen.


... meint Ihr

Raimund Schmid


Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (8) Seite 21