Das ist schon ein Hammer! 90 € für eine erweiterte Medikationsberatung für Apotheken! Da blühen die Apotheker:innen nun förmlich auf.

Die ABDA-Vorsitzende Gabriele Regine Oberwiening gießt sogar in Interviews noch Öl ins ohnehin schon lodernde ärztliche Feuer. Dabei nimmt sie besonders die Hausärzt:innen ins Visier. Zum Beispiel,

  • dass die Ärzt:innen bei ihrer Kritik in Richtung Apotheker an diesem Schiedsspruch wieder mal zuerst an sich denken und nicht so sehr ihren Fokus auf ihre Patient:innen richten,
  • dass der Gesetzgeber angesichts von 250.000 Krankenhauseinweisungen als Folge von arzneimittelbezogenen Problemen quasi gezwungen war, diesen Schritt zu vollziehen,
  • dass die erweiterte Medikationsberatung in der ärztlichen Praxis gerade bei Patient:innen, die mehr als 5 Arzneien einnehmen, häufig unzureichend ist.

Kein Vertrauen in Apotheker:innen

Selbst wenn es richtig ist, dass das Medikationsmanagement durch die Hausärzt:innen nicht immer optimal verläuft, schießt die ABDA-Präsidentin dennoch weit übers Ziel hinaus. Wenig überraschend, dass Ulrich Weigeldt, Chef des Hausärzteverbands, da nicht minder scharf kontert. Es sei genau der falsche Weg, immer mehr Akteure in die Medikationsberatung einzubeziehen. Das erschwere die Koordination zusätzlich und trage nicht dazu bei, klare Verantwortlichkeiten herzustellen. "Schlussendlich werden es doch wieder die Hausärzt:innen richten müssen, an denen jetzt noch mehr Arbeit hängen bleibt", so Weigeldt. Doch auch er bewegt sich hier auf wackligem Terrain. Denn das Zusammenführen relevanter Medi-
kationsdaten gelingt auch den Ärzt:innen nur bedingt, vor allem wenn Patient:innen zu viele Medikamente schlucken oder manche Arzneien gleich doppelt einnehmen. Da könnte eigentlich zusätzlicher pharmazeutischer Sachverstand nicht schaden. Genau dies hat der Gesetzgeber im Blick gehabt und deshalb das erweiterte Medikationsmanagement auf den Weg gebracht. Die 90 € stehen allerdings in keinem Verhältnis zu dem, was Hausärzt:innen hier an Honorar – insbesondere auch bei der Medikationsberatung im Rahmen von Hausbesuchen geriatrischer Patient:innen – erzielen können.

Patient:innen bleiben auf der Strecke

Der Apothekerverband und die KVen in Sachsen und Thüringen und die AOK PLUS haben gemeinsam schon 2014 die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen "ARMIN" gestartet. Diese hat dazu beigetragen, die sichere und korrekte Einnahme im Rahmen eines gemeinsamen Medikationsmanagements von Ärzt:in und Apotheker:in zu verbessern. Und genau diese Initiative ist nun im
Juli 2022 eingestellt worden. Einmal mehr heißt es auch hier: Ziel verfehlt! Dies zeigt, dass es auch bei der Medikation mehr um Politik als um Versorgung geht. Auf der Strecke bleiben dabei – wieder einmal – die auf eine optimale Medikation angewiesenen Patient:innen,


... fürchtet Ihr

Raimund Schmid


Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (8) Seite 35