Operationen bei älteren Patienten werden zunehmend häufiger, gleichzeitig besteht jedoch in dieser Altersgruppe ein erhöhtes Risiko für perioperative Komplikationen. Hilfreiche Maßnahmen, die in der Hausarztpraxis stattfinden können, um dieses Risiko zu senken, sollen im folgenden Beitrag erörtert werden.
Bei älteren Patienten kommt es im Verlauf der Jahre zu einem stetigen Schwund der physiologischen Reserven. Organfunktionen sind zunehmend ausgeschöpft, sodass bei zusätzlichem operativen Stress die Grenzen der Regenerationsfähigkeit des Patienten unter Umständen überschritten werden (vgl. Abb. 1). Ältere Patienten haben daher perioperativ ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, Verlust von Alltagsmobilität und Selbstständigkeit sowie eine erhöhte Mortalität [1].
Da auch im Altersbereich > 65 Jahre zu über 90 % elektive Operationen durchgeführt werden, ist bei vielen Operationen Zeit für eine präoperative Optimierung vorhanden [2]. Bei dem sogenannten "Better-in-better-out-Konzept" wird dabei nach einem 4-Punkte-Plan verfahren:
1) präoperative Risikoeinschätzung (durch ein modifiziertes geriatrisches Assessment)
2) präoperative Patienteninformation und -schulung
3) präoperative Trainingstherapie für Hochrisikopatienten ("Prähabilitation")
4) postoperative Mobilisation und funktionelle Übungstherapie [3].
Im Folgenden sollen die Bereiche beleuchtet werden, in denen insbesondere präoperative hausärztliche Maßnahmen entscheidend zu einer perioperativen Verlaufsverbesserung beitragen können.
Erfassung des kognitiven Status
Eine der wichtigsten präoperativen Interventionen ist das Erfassen einer präoperativen kognitiven Einschränkung und Übermittlung der Information an die Klinik. Milde kognitive Einschränkungen liegen bei ca. 15 – 20 % der zu Hause lebenden über 65-jährigen Patienten vor, sind jedoch unter Alltagsbedingungen teilweise schwer zu erkennen und daher auch nur bei einem Zehntel der Patienten präoperativ diagnostiziert [4, 5, 6]. Auch das Vorliegen einer Demenz ist präoperativ nur bei ca. 50 % der erkrankten Patienten bekannt [5, 7]. Dies hat folgenschwere Konsequenzen: Unter Umständen wird der Pflegebedarf unterschätzt, Nahrungsaufnahme und Medikamenteneinnahme werden nicht überprüft, präventive Maßnahmen zur Verhinderung eines postoperativen Delirs und eines postoperativen kognitiven Defizits werden nicht durchgeführt, bei Entlassung wird ein Verständnis der Medikation vorausgesetzt etc. [8]. Durch die Veränderung des Patientenumfelds bei Aufnahme in die Klinik kommt es darüber hinaus häufig zu einer Aggravation eines vorbestehenden kognitiven Defizits mit weiter verminderter Handlungsfähigkeit des Patienten.
Als Tests stehen u. a. der Mini-Mental State Examination-Test (MMSE), der Montreal Cognitive Assessment-Test (MOCA), der Dem-Tect-Test, der Mini-Cog, der Uhrentest u. v. m. zur Verfügung (vgl. Tabelle 1). Eine Kombination der Tests erhöht die Wahrscheinlichkeit, auch milde kognitive Einschränkungen zu erfassen [9].
Präoperative kognitive Einschränkungen sind neben weiteren Risikofaktoren (s. u.) ein elementarer Prädiktor für das Auftreten eines postoperativen Delirs oder eines postoperativen (aggravierten) kognitiven Defizits [10].
Die primäre leitliniengerechte Prävention eines Delirs scheint die effektivste Strategie gegen das Auftreten eines Delirs zu sein [11]. Deshalb sollten Patienten sowie deren Angehörige möglichst frühzeitig präoperativ über Delirprophylaxe-Maßnahmen informiert werden: In die Klinik sollten Gegenstände mitgenommen werden, die dort die Orientierung erleichtern sowie ein vertrautes Umfeld schaffen, z. B. eine große Uhr, im Idealfall mit Tages- und Datumsanzeige, Kissen, Bilder etc. Freizeitbeschäftigungen, die auch zu Hause durchgeführt werden, sollten möglichst mit ins Krankenhaus genommen werden, z. B. Rätselraten, Stricken, einfache Spiele auf dem Handy/Tablet-PC etc. Hat der Patient keine Freizeitbeschäftigung, sollte die präoperative Phase dafür genutzt werden, eine zu erlernen. Ein präoperatives kognitives Training kann darüber hinaus die Auftretenswahrscheinlichkeit eines postoperativen kognitiven Defizits reduzieren [12].
Angehörige und Vertrauenspersonen sollten explizit darüber informiert werden, dass ihre Unterstützung einen präventiven Einfluss auf den perioperativen Verlauf hat.
Hilfsmittel (Hörgerät, Sehhilfe, Zahnprothese) sollten auf Funktionsfähigkeit geprüft und in der Klinik möglichst jederzeit dem Patienten zur Verfügung stehen [13, 14, 15, 10].
Wünschenswert wäre:
- die Durchführung von zwei Tests zur Erfassung eines kognitiven Defizits
- Information an die Klinik: "kognitive Einschränkung" oder "V. a. eine kognitive Einschränkung" mit Übermittlung der Testergebnisse
- bei Einschränkungen: Hinweis an den Patienten mit der Empfehlung zum kognitiven Training
außerdem:
- Information des Patienten und seiner Angehörigen über präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Delirs und postoperativen kognitiven Defizits
- Funktionstüchtigkeit der Patientenhilfsmittel (Hörgerät, Brille, Zahnprothese)
- Mitnahme kognitiv stimulierender Freizeitbeschäftigungen in die Klinik
Stärkung des respiratorischen Systems
Im Alter kommt es zu vielfältigen Veränderungen entlang des respiratorischen Systems. Die Kraft der In- und Exspiration wird weniger, der Hustenstoß nimmt ab, Schluck- und Hustenreflexe sind vermindert [9]. Durch perioperativ verabreichte sedierende Medikamente wird das respiratorische System weiter abgeschwächt. Daher steigt die Rate an pulmonalen perioperativen Komplikationen im Alter an [16].
Präoperatives Atemtraining hat eine gute Wirksamkeit, perioperative Komplikationen zu senken [16]. Familienangehörige können dabei als Trainingspartner und Coach eingebunden werden.
Wünschenswert wäre:
- frühestmöglicher Beginn des Atemtrainings, Einbindung von Angehörigen
Kardiovaskuläre Evaluation
Arteriosklerose, arterieller Hypertonus, altersphysiologische Umbauprozesse am Herzen und Reduktion der Funktionsfähigkeit des autonomen Nervensystems u. a. führen zu perioperativer erhöhter Anfälligkeit des kardiovaskulären Systems [9]. Insbesondere Herzrhythmusstörungen und perioperative Ischämien gefährden den Patienten. Mit der kürzlich aktualisierten Leitlinie zur präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven Eingriffen der Deutschen Gesellschaften für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Innere Medizin und Chirurgie liegen detaillierte Handlungsempfehlungen zur präoperativen kardiovaskulären Evaluation vor, sodass hier auf weitere Details verzichtet wird [17, 18, 19].
Körperliche Kräftigungsübungen bei "Frailty"
Liegt beim älteren Patienten präoperativ eine herabgesetzte Belastbarkeit mit reduzierter Muskelkraft vor, ist bei diesem Patienten ein Frailty-Syndrom wahrscheinlich. Diese Patienten haben meist Einschränkungen in mehreren Organsystemen und eine verringerte homöostatische Reserve (vgl. Abb. 1) [20]. Ca. 10 % der zu Hause lebenden Personen > 65 Jahre und ca. 50 % der im Pflegeheim lebenden Patienten sind "frail" (gebrechlich) [21, 22]. Das Vorliegen von Frailty ist einer der wichtigsten Marker für ein erhöhtes perioperatives Risiko [23].
Am gebräuchlichsten unter den etwa 30 Messinstrumenten, mit denen sich "Frailty" erfassen lässt, sind die 3 bis 5 Punkte umfassenden Skalen, die sich vor allem auf die körperliche Gebrechlichkeit beziehen [20].
- unfreiwilliger Gewichtsverlust (über 4,5 kg im letzten Jahr)
- objektivierte Muskelschwäche (z. B. mittels Handkraftmessung)
- subjektive Erschöpfung
- verlangsamte Ganggeschwindigkeit
- herabgesetzte körperliche Aktivität
Frail bei ≥ 3, Prefrail bei 1 - 2 zutreffenden Punkten.
Liegt ein Frailty-Syndrom vor, sollte ein Prähabilitations-Programm vor einer elektiven Op. begonnen werden [25, 26, 27], das Muskelkräftigung und Nahrungsergänzung einschließt [28, 29, 30]. Hohes Alter ist dabei kein Hinderungsgrund, denn auch bei hochbetagten Patienten lässt sich durch effektives Training eine deutliche Kräftigung der Muskulatur erreichen und dadurch die Wahrscheinlichkeit der Entlassung in die häusliche Umgebung erhöhen [31, 30]. Idealerweise sollte mindestens vier bis acht Wochen vor der Op. mit dem körperlichen Training begonnen werden. Falls der Abstand zur Op. jedoch kürzer ist, gilt: "Lieber spät als gar nicht" [32].
Wünschenswert wäre
- die Erfassung des Frailty-Syndroms als Diagnose beim Patienten
- die Initiation eines Prähabilitations-Programms (Muskelkräftigung und Nahrungsergänzung)
Wiederherstellung von Alltagsfitness
Sind ältere Patienten in den Aktivitäten ihres täglichen Lebens eingeschränkt, ist dies neben Frailty einer der größten Prädiktoren für einen komplikativeren perioperativen Verlauf. Erfasst werden die basalen Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs): Badbenutzung, Ankleiden, Toilettennutzung, Kontinenz, Essen und Mobilität (Skalen vgl. Tabelle 1). Außerdem werden die instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADLs) erhoben: Telefonieren, Einkaufen, Kochen, Haushaltsführung, Wäsche, Verkehrsmittelbenutzung, Medikamenteneinnahme und Regelung der eigenen finanziellen Angelegenheiten.
Liegen präoperativ Einschränkungen vor, sollten gezielte ergotherapeutische Maßnahmen eingeleitet werden. So kann einem weiteren körperlichen Abbau vor der Operation vorgebeugt und der präoperative Status verbessert werden [33, 27, 3]. Postoperativ kann in einigen Fällen sogar zu diesem verbesserten Ausgangsstatus zurückgekehrt werden [27, 34]. Die bisher passiv verbrachte "Wartezeit" vor einer Operation kann mit diesem Ansatz so als eine "proaktive Stärkungsphase" genutzt werden, solange noch keine operationsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bestehen [27, 34].
Zugleich ist die Erfassung des funktionellen Status für die weitere Reha-Planung in den Krankenhäusern unerlässlicher Bestandteil der Patientenanmeldung. Ein vorliegender präoperativer Ausgangsstatus ist dabei sinnvoll [35].
Wünschenswert wäre:
- Erfassung des präoperativen funktionellen Status
- bei Einschränkungen Einleitung von Prähabilitations-Maßnahmen wie Ergotherapie
Wirksame Maßnahmen gegenüber perioperativen Stürzen im Alter
Ist ein erhöhtes Fallrisiko bekannt, können perioperativ prophylaktische Maßnahmen ergriffen werden. Das perioperative innerklinische Sturzrisiko von Patienten > 65 Jahren ist im Vergleich zur Altersgruppe der 19- bis 39-Jährigen ca. neunfach erhöht [36]. Etwa 30 % der Patienten stürzen im ersten Jahr nach der Op.
Patientenschulungen und Übungsprogramme zum Fallrisiko sind wirksam und können sowohl im hausärztlichen Bereich sowie in der Klinik durchgeführt werden [37, 38]. Im geriatrischen Bereich halten zudem "Exergames" Einzug in die Patientenversorgung. Dabei handelt es sich um Fitnessspiele über kamerabasierte Spielekonsolen in Kombination mit Sensorik [39].
Meistern der Multimedikation
55 % der 75- bis 85-Jährigen nehmen fünf bis neun Medikamente pro Tag ein, 14 % zehn oder mehr [40]. Ca. 20 % der zu Hause lebenden älteren Patienten und 40 – 50 % der Patienten aus dem Pflegeheim erhalten Medikamente, die potenziell inadäquat sind und präoperativ abgesetzt werden sollten [41, 42]. Wiederholtes kritisches Überprüfen der Multimedikation insbesondere vor Krankenhausaufnahme und nach Entlassung ist zur Vermeidung unerwünschter Nebenwirkungen und Medikamenteninteraktionen erforderlich [43, 44]. Zur Orientierung steht unter anderem die Priscus-Liste zur Verfügung, die potenziell inadäquate Medikation beim älteren Patienten aufführt und Alternativen anbietet ( http://www.priscus.net ) [45].
Bei ca. 64 % der aus dem Krankenhaus entlassenen Patienten kommt es im Verlauf zu Medikamenten-assoziierten Problemen: Unsicherheit in der Anwendung, Nebenwirkungen und praktische Probleme, Dosierungsfehler, Duplikationen, Interaktionen und Fehlverschreibungen treten auf [46]. Ziel der Anstrengungen von Haus- und Klinikärzten muss sein, diesen immens hohen Prozentsatz zu reduzieren.
Wünschenswert wären:
- eine aktuelle und vollständige Medikamentenliste zum Prämedikationsgespräch und zur Krankenhausaufnahme
- Identifikation, Ab- oder Umsetzen präoperativ inadäquater Medikamente, entsprechend z. B. der Priscus-Liste ( http://www.priscus.net )
- Dosisanpassungen bei z. B. veränderter Nierenfunktion
- Reduktion der Gesamtzahl der Medikamente zum angemessenen Zeitpunkt (z. B. Ginkgo 2 Wochen präoperativ absetzen)
- bei Problemen mit der Entlassmedikation Rücksprache mit der Klinik
Bekämpfen einer Mangelernährung
Ca. ein Drittel aller Patienten > 65 Jahre zeigt präoperativ Zeichen der Mangelernährung, bei schwerer vorerkrankten Patienten sogar die Hälfte [47, 48]. Proteine, Mineralstoffe (Eisen) und Vitamine (B12, B6, C, D, Folsäure) fehlen am häufigsten [10, 9].
Die Durchführung eines präoperativen Screenings auf Mangelernährung wird daher empfohlen [47, 49, 28]. Validierte Fragebögen hierfür sind:
- Mini Nutritional Assessments short form (MNA-sf),
- Nutritional Risk Screening-2002 (NRS),
- Subjective Global Assessment (SGA),
- Malnutrition Universal Screening Tool (MUST).
Alle vier Fragebögen stehen frei über die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin als Download zur Verfügung ( http://www.dgem.de/screening ). Zusätzlich zur Durchführung eines Screenings per validiertem Fragebogen erhöhen Marker wie Serumalbumin und Gesamtcholesterin die Aussagekraft [50, 47]. Liegt eine Mangelernährung bzw. das Risiko hierfür vor und/oder besteht Frailty, eine neurologische Dysphagie oder eine frühe/moderate Demenz, empfehlen Leitlinien die perioperative Supplementierung [51].
Kam es bereits in der Vergangenheit zu postoperativen Infektkomplikationen, sollte mindestens sechs Wochen präoperativ mit der Nahrungssupplementierung begonnen werden. Im Falle einer vorliegenden Mangelernährung ohne vorausgegangene Komplikationen sind mindestens 10 – 14 Tage erforderlich [25]. Der Patient sollte über die Vorteile gut informiert werden, da die Compliance davon wesentlich abhängt [52].
Wünschenswert wäre:
- die Erfassung einer Mangelernährung oder eines entsprechenden Risikos
- bei Bedarf die Einleitung einer entsprechenden Supplementierung, z. B. 3 x täglich eine orale Trinknahrung (z. B. Immunonutrition IMPACT®) für 10 – 14 Tage präoperativ
- ggf. die präoperative Supplementierung mit Vitaminen
Hilfe zur Selbsthilfe und Hilfe durch Familie und Freunde des Patienten
Eine der wichtigsten präoperativen Interventionen ist die präoperative Patienteneinbindung, Information und Schulung. Sie steht an zweiter Stelle der "Better-in-better-out-Strategie" [53, 3]. Im hausärztlichen Bereich sollten bereits Atemtraining, Delirprophylaxe, Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitszufuhr und angemessene präoperative Bewegung angesprochen werden.
- Gewichtsverlust > 10 – 15 % innerhalb von 6 Monaten
- BMI < 18,5 kg/m2
- SGA Grad C oder NRS-2002 > 5
- Serum-Albumin < 30 g/l (ohne Leberfunktionseinschränkung oder Nierenschädigung)
Silent killer Osteoporose und Anämie
Beim Vorliegen einer Osteoporose vervierfacht sich die Mortalität auf 25 % und höher beim hochbetagten Patienten [54, 55]. Die Inzidenz osteoporotischer Frakturen ist hoch [55]. Als klassischerweise unterdiagnostizierte und unterbehandelte Erkrankung kommt die operative Behandlung von osteoporotischen Frakturen in der Klinik immer zu spät [55].
Erforderlich wäre
- eine systematische Osteoporose-Prävention
Bei Indikationsstellung zur Operation sollte zudem eine Anämie ausgeschlossen werden. Ein Drittel aller diagnostizierten Anämien ist auf Mangel von Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure zurückzuführen [56, 9]. Bei Vorliegen einer Anämie sollte eine hausärztliche Abklärung und Einleitung einer entsprechenden Therapie zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen.
Erforderlich wäre
- der präoperative Anämieausschluss
- ggf. Abklärung der Ursache und Einleiten der entsprechenden Therapie zum frühestmöglichen Zeitpunkt
Behandlung von Depressionen und Angststörungen
Liegt präoperativ eine Depression oder Angststörung vor, können diese den Operationserfolg limitieren und die Morbidität perioperativ erhöhen [57, 58, 59]. Die Datenlage bezüglich der Wirksamkeit präoperativer psychologischer und pharmakologischer Interventionen ist aktuell begrenzt. Eine Therapie erscheint jedoch rational sinnvoll. Eine präoperative Patientenschulung scheint sich günstig auf die präoperative Angst und Depression auszuwirken [60].
Wünschenswert wäre
- die Detektion einer depressiven Störung oder einer Angststörung, z. B. mittels Geriatric Depression Scale und GAD-7-Fragebogen (vgl. Tabelle 1)
- ggf. Einleiten der entsprechenden Therapie
Interdisziplinäre Rehabilitationsplanung und Entlassung
Der seit 1. Oktober 2017 gültige Rahmenvertrag zum Entlassungsmanagement soll den Übergang aus dem stationären Krankenhausaufenthalt in die Weiterversorgung lückenlos gestalten [61]. Für die gezielte Entlassungsvorbereitung sind Daten aus dem sozialen Umfeld des Patienten erforderlich. Lebt er alleine? Sind Angehörige vorhanden? Sind diese in der Lage, supportive Leistungen für den Patienten nach Entlassung zu erbringen, oder benötigen diese etwa selbst Hilfe?
Aus der hausärztlichen Versorgung heraus besteht ein großes Potenzial, den perioperativen Verlauf beim älteren Patienten zu verbessern durch frühzeitiges präoperatives modifiziertes geriatrisches Assessment. Ein großes Problem ist jedoch die oftmals fehlende standardisierte Kostenübernahme z. B. von kleinem Blutbild, Vitamin-D-Bestimmung, präoperativer Physio- und Ergotherapie und Nahrungsmittelergänzung sowie die Entlohnung der Zeit für die Durchführung von z. B. kognitiven dia-gnostischen Tests durch die Krankenkassen. Eine wirkliche Verbesserung der Patientenversorgung kann erst stattfinden, wenn Hausärzten für die geleistete Diagnostik ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegenden, Ernährungsberatern, Psychologen und Sozialarbeitern mit dem Patienten und seinem Umfeld ist eine ganzheitliche und somit nachhaltige Behandlung und Versorgung des geriatrischen Patienten möglich.Diese Informationen sind bereits bei Aufnahme bzw. im Vorgespräch wichtig. Hat der Hausarzt Informationen über die soziale Lebenssituation des Patienten und einen Vorschlag zur optimalen postoperativen Versorgung, ist es sinnvoll, diese Informationen an die aufnehmende Klinik zu übermitteln, ggf. auch direkt an den dortigen Sozialdienst.
Nach der Rückkehr nach Hause können "Nachsorgeprogramme" die postoperative Mortalität senken [62]. Im Idealfall wird aus der Klinik heraus ein Nachsorgetermin beim Hausarzt spätestens ein bis zwei Wochen nach Entlassung geplant [63]. Eine persönliche ärztliche Rücksprache bezüglich der Hausmedikation erscheint sinnvoll und kann bei Angabe einer gut erreichbaren Telefonnummer leichter erfolgen [63, 8].
Herzlichen Dank für die Unterstützung: Johannes Petereit, Teamleitung Sozialdienst UKE Hamburg; Nadja Wolf, Krankenpflege, Albertinen Krankenhaus Hamburg; Dr. Rainer Stenz, Unfallchirurg, Krankenhaus Sindelfingen und Allgemeinarzt, Aidlingen; Dr. Adam Kassai, Internist, Böblingen, Patricia Tritarelli, Allgemeinchirurgie UKE Hamburg
Förderung: Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung. Herr Prof. Kiefmann ist Inhaber der Dr. Günther Buch-Stiftungsprofessur für Gerontoanästhesiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert
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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (12) Seite 16-24