Von einer pAVK betroffen sind etwa 3 – 10 % der deutschen Bevölkerung. Besonders gefährdet sind Raucher und Diabetiker. Bei Diabetikern müssen zudem einige Besonderheiten im Hinblick auf Anatomie und Therapie der pAVK beachtet werden.
Schon lange ist bekannt, dass Diabetes mellitus (DM) einer der Hauptrisikofaktoren für die Ausbildung atherosklerotischer Gefäßerkrankungen wie der koronaren Herzerkrankung (KHK) und der pAVK ist. In einer neueren amerikanischen Erhebung [1] mit über 116.000 Patient:innen, die erstmals eine Koronarangiographie erhielten und von denen 21 % an DM erkrankt waren, zeigte sich eine direkte Korrelation der Inzidenz einer pAVK zum einen zur Ausprägung einer KHK, zum anderen zum Vorliegen eines DM. So hatten bei Patient:innen ohne KHK 8,8 % der Diabetiker eine pAVK und nur 4,9 % der Nicht-Diabetiker. Bei Patient:innen mit ausgeprägter KHK lag bei 13 % der Diabetiker und 8 % der Nicht-Diabetiker eine pAVK vor. Die Daten zeigen, dass das Vorliegen eines DM mit einem erhöhten Risiko für eine pAVK assoziiert ist. Bei Diabetikern sollte daher auf das Vorliegen einer pAVK gescreent werden – vor allem, wenn eine fortgeschrittene KHK bekannt ist.
Anatomische Besonderheiten
Mediasklerose als Sonderform der Makroangiopathie
Unter Mediasklerose versteht man eine Kalzifizierung der Gefäßmittelschicht (Media), meist im Bereich der Unterschenkelarterien. Betroffen sind vor allem Diabetiker. Die Mediasklerose führt dazu, dass sich die Gefäße mit einer Blutdruckmanschette nicht komprimieren lassen und dadurch eine Bestimmung des Knöchel/Arm-Index (ABI) nicht möglich ist oder falsch hohe Werte bestimmt werden. Als diagnostische Alternative kann in solchen Fällen die semiquantitative Methode der Oszillographie eingesetzt werden, mit der im Seitenvergleich Blutdruckamplituden erfasst und als Hinweis für eine pAVK gewertet werden können.
In einer Untersuchung von Janka [2] wiesen beispielsweise 56 (9 %) von 623 ambulanten Diabetikern eine ausgeprägte Mediasklerose der Unterschenkelarterien auf. Neben dem Befund nicht-supprimierbarer Dopplersignale wurde das Vorliegen einer Mediasklerose durch Röntgenweichteilaufnahmen verifiziert. Alle Patient:innen mit Mediasklerose erhielten zur weiteren Abklärung eine oszillographische Untersuchung, mit der bei 51 % der Verdacht auf eine pAVK erhärtet werden konnte. In dieser Studie war das Vorliegen einer Mediasklerose assoziiert mit dem Lebensalter sowie einem lange bestehenden DM. Es zeigte sich außerdem eine genetische Prädisposition durch eine Häufung der für den juvenilen DM typischen HLA-Antigene B8, B15 und B18.
Diabetischer Fuß
Durch eine Kombination aus Makro- und Mikrozirkulationsstörungen durch pAVK und zusätzlich Vorliegen einer diabetischen Neuropathie kommt es beim diabetischen Fuß – häufig nach Bagatellverletzungen – zu den typischen Ulzerationen mit hoher Infektionsrate und schlechter Wundheilung. Dem diabetischen Fußsyndrom kommt eine prognostische Bedeutung zu: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt nur etwa 50 %. In einer Analyse von Krankenkassendaten (21.197 hospitalisierte Patienten mit DM + pAVK) zeigte sich eine gegenüber Patient:innen ohne DM signifikant höhere Mortalität und eine höhere Amputationsrate, besonders bei begleitender KHK. Bei begleitender Neuropathie zeigten nur 25 % der Patient:innen mit Diabetes und pAVK klinische Symptome. Dies erklärt, warum die pAVK bei Diabetikern häufig erst im Stadium der kritischen Extremitätenischämie bzw. des diabetischen Fußsyndroms bemerkt wird.
Therapeutische Besonderheiten
Antidiabetika
Bisher liegt keine Evidenz für eine Verbesserung der pAVK durch strenge Blutzuckerkontrolle vor. In der großen UKPDS-Studie wurde beispielsweise keine signifikante Reduktion der Amputationshäufigkeit durch eine intensive Diabetestherapie erzielt. Allerdings verringerte eine gute Glykämiekontrolle mikrovaskuläre Komplikationen, die z. B. beim diabetischen Fußsyndrom häufig eine Rolle spielen.
In der aktuellen ESC-Leitlinie zur Therapie der pAVK [3] wird daher eine strikte Glykämiekontrolle bei Diabetikern mit einem Empfehlungsgrad 1C (Expertenmeinung) gegeben.
In den großen klinischen Studien für die neuen oralen Antidiabetika wurden teilweise Endpunkte wie Amputationsrate oder auch mikrovaskuläre Ereignisse untersucht. Für den SGLT2-Inhibitor Canagliflozin zeigte sich eine erhöhte Amputationsrate [4], während dieser Effekt sich mit Dapa-
gliflozin nicht nachweisen ließ. Für Empagliflozin wurde im Rahmen der EMPA REG OUTCOME-Studie eine Subgruppenanalyse von Patient:innen mit Diabetes mellitus und pAVK (623/7022) durchgeführt. Hierbei zeigte sich neben einer signifikanten Verringerung der kardiovaskulären Ereignisrate und der Gesamtmortalität kein erhöhtes Risiko für Amputationen. Letztendlich ist unklar, ob es sich bei der gesteigerten Amputationsrate durch Canagliflozin um einen substanzspezifischen Effekt, die Limitationen einer Subgruppenanalyse, das Studiendesign oder Zufall handelt. Canagliflozin sollte demnach nicht eingesetzt werden bei Patient:innen mit Amputationsrisiko. Canagliflozin ist aber in Europa derzeit sowieso nicht auf dem Markt. GLP-1-Rezeptorantagonisten hatten in den Zulassungsstudien sämtlich keinen Einfluss auf die Amputationsrate.
Cholesterinsenkung
Patient:innen mit Diabetes und dokumentierter kardiovaskulärer Erkrankung zählen als Hochrisikopatient:innen für kardiovaskuläre Ereignisse und sollten nach aktuellen Empfehlungen (ESC-Lipidleitlinie) eine Senkung des LDL-Cholesterinspiegels von mindestens 50 % sowie zusätzlich einen Gesamt-LDL-Cholesterinspiegel von unter 55 mg/dl erreichen. Um die Ziele erreichen zu können, sollten die derzeit zur Verfügung stehenden cholesterinsenkenden Medikamente nach dem empfohlenen Stufenschema eingesetzt werden.
Antithrombotische Therapie
Eine lebenslange Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS oder Clopidogrel wird für alle Patient:innen mit symptomatischer pAVK zur Senkung der kardiovaskulären Ereignisrate empfohlen. Bei asymptomatischen Patient:innen mit pAVK wird dagegen keine Thrombozytenaggregationshemmung empfohlen. Dies gilt auch für Diabetiker: In der POPADAD-Studie [5] zeigte sich bei Patient:innen mit asymptomatischer pAVK + DM kein Vorteil einer Behandlung mit ASS versus Placebo im Hinblick auf die Kombination aus kardiovaskulären Endpunkten, Amputations- und Blutungsrate.
In der COMPASS-Studie [6] wurde bei Patient:innen mit ausgeprägter Atherosklerose eine Kombinationstherapie aus niedrig dosiertem Rivaroxaban und ASS versus ASS alleine verglichen. In einer Subgruppenanalyse von Patient:innen mit versus ohne DM zeigten sich eine vergleichbare relative RR des primären Endpunkts (kardiovaskulärer Tod, MI, Schlaganfall) sowie ein vergleichbares Blutungsrisiko. Aufgrund der höheren absoluten Risikoreduktion (2,3 % vs 1,4 %) war die Anzahl der zu behandelnden Patient:innen mit DM, um einen Endpunkt zu vermeiden, über 3 Jahre niedriger (44 vs. 74). Die ESC/EASD-Leitlinie [7] empfiehlt daher eine Behandlung mit ASS + niedrigdosiertem Xarelto® für Patient:innen mit DM und pAVK ohne hohes Blutungsrisiko. Im Positionspapier der deutschen Fachgesellschaften wird eine duale antithrombotische Therapie für Patient:innen mit DM und hohem Risiko für ischämische Ereignisse empfohlen.
- Die Kombination pAVK + Diabetes mellitus birgt ein besonders hohes Risiko.
- Periphere atherosklerotische Veränderungen sind bei Diabetikern häufig diffuser und distaler und häufiger mit einer Neuropathie vergesellschaftet.
- In der Regel gibt die Bestimmung des ABI hinreichende Anhaltspunkte für eine pAVK. Alternative bei Mediasklerose ist die Oszillographie.
- Ein ABI-basiertes Screening wird einmalig bei der Diagnose DM empfohlen, danach alle 5–10 Jahre, wenn initial o.B.
- Jährlich sollten Symptome abgefragt und der Pulsstatus überprüft werden.
- Kardiovaskuläre Risikofaktoren sollen nach aktuellen Leitlinienempfehlungen behandelt werden.
- Gehtraining ist vor allem im Rahmen überwachter Programme effektiv.
- Gefäßerweiternde Medikamente bringen vergleichsweise wenig.
- Amputationen können durch eine Kombination aus Antibiotika/Debridement/Revaskularisation/stufenweisem Wundverschluss häufig vermieden werden.

Prof. Dr. med. Christiane Tiefenbacher
Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (5) Seite 38-40