Husten, Atemnot und thorakale Schmerzen: Dies sind typische Symptome von Pleuraerkrankungen. Kenntnisse zu Diagnostik und Therapie der häufigsten Krankheitsbilder sind für Hausärzt:innen relevant und helfen, Fehldiagnosen zu vermeiden.
Das Brustfell von Menschen und Säugetieren hat einen evolutionären Vorteil: Es vereinfacht die Atemarbeit. Dieser Effekt der Pleura wird vor allem durch zwei physiologische Mechanismen erreicht: Erstens hält der subatmosphärische Druck im Pleuraspalt die Lunge an der Brustwand und erleichtert so ihre Belüftung. Zweitens ermöglichen wenige Milliliter Pleuraflüssigkeit das atemabhängige Gegeneinandergleiten der Pleurablätter. Diese Pleuraflüssigkeit ist das Ergebnis eines Fließgleichgewichts aus kapillärer Filtration (circa 15 ml pro Stunde) entlang eines hydrostatisch-kolloidosmotischen Druckgradienten und überwiegend lymphatischer Rückresorption am Rippenfell (Pleura parietalis) [1]. Erkrankungen der Pleura führen zu Störungen dieser Mechanismen, zu einer Entkopplung der Pleurablätter und zu einer Minderung der Lungenexpansion. Die Folge sind Husten, Luftnot und thorakale Schmerzen als klinische Leitsymptome [2].
Man sollte den Zeitpunkt des Auftretens und die Entwicklung dieser Symptome sowie weiterer Beschwerden wie Fieber und Abgeschlagenheit bis zur ärztlichen Konsultation bei der Patient:in erfragen. Von Interesse sind zudem Vorerkrankungen, die Berufsanamnese (vor allem bzgl. Asbestexposition), Nikotinkonsum oder eine frühere TBC-Exposition.
Thorakale Schmerzen treten bei pulmonalen Erkrankungen wie Pneumonie, Lungenembolie oder Lungenkarzinom erst beim Erreichen des Brustfells auf. Bei Beteiligung der diaphragmalen Pleura kann es zu einer Schmerzausstrahlung nach abdominal oder lumbal aus peripheren Anteilen kommen, aus zentralen Anteilen (Afferenz über N. phrenicus) dagegen eher zu einer Ausstrahlung zum oberen Rand des M. trapezius [3]. Vor allem bei akuten, lokalisierten pleuritischen Schmerzen sollte man die Lungenembolie als Differenzialdiagnose immer in Betracht ziehen. Der Schmerz beim Pneumothorax ist wenig lokalisiert und schneidend. Bei der klinischen Untersuchung sollte man zunächst den Atmungstyp beachten (Tabelle). Pleurale Affektionen führen oft zu einer eingeschränkten Brustkorbbeweglichkeit und damit zu vorherrschender Bauchatmung. Pleuraschwarten können zu ungleichen Atemexkursionen führen. Auskultation, Perkussion und die Untersuchung des Stimmfremitus bieten eine schnelle Einschätzung der häufigen pleuralen Veränderungen. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der charakteristischen Untersuchungsbefunde.
Die Kontrolle des Stimmfremitus ist in der heute überall schnell verfügbaren sonografischen und radiologischen Bildgebung sicher nicht mehr so weit verbreitet, bietet aber eine schnelle Unterscheidung zwischen infiltrativen Lungenprozessen (Stimmfremitus verstärkt) und pleuralen Veränderungen (Stimmfremitus abgeschwächt). Mittels Anamneseerhebung und körperlicher Untersuchung ist in bis zu 90 % der Fälle bereits eine erste Diagnose möglich [4].
Ideal ist die Kombination von Anamnese und Untersuchung mit fokussierter Sonografie. Bei Pleuraergüssen ist diese die primär empfohlene Bildgebung, aber auch pulmonale Konsolidierungen, pleurale Raumforderungen und Pneumothorax lassen sich so mit guter Sensitivität und Spezifität dynamisch in Echtzeit darstellen [5]. Leider wird die breit verfügbare, schnelle und relativ einfach zu erlernende Thoraxsonografie bisher eher selten angewandt. Gründe hierfür sind vor allem der Mangel an Untersuchungserfahrung und Zeit. Nachteile der Methode sind die geringe Übersicht, die fehlende Darstellbarkeit belüfteter Lungenanteile sowie die Untersucherabhängigkeit.
Die konventionelle Röntgendiagnostik ist bei pleuralen Erkrankungen oft nur eingeschränkt aussagekräftig, sie erlaubt gegenüber der Sonografie aber auch eine Beurteilung der Lunge sowie der Konturen von Herz und Mediastinum. Eine komplette Übersicht über alle thorakalen Strukturen mit hoher Detailauflösung liefert die Computertomografie. Nachteile sind die erhöhte Strahlenbelastung, höhere Kosten und die oft längere zeitliche Latenz bis zur Durchführung.
Häufige Krankheitsbilder
Spontanpneumothorax
Der Spontanpneumothorax ist mit circa 10.000 Fällen pro Jahr in Deutschland kein seltenes Ereignis. Die höchste Inzidenz betrifft Männer im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Bei männlichen Rauchern beträgt das Lebenszeitrisiko für das Auftreten eines Spontanpneumothorax 12 %.
Neueste evidenzbasierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie sind in der S3-Leitlinie von 2018 zu finden [6]. Für Hausärzt:innen relevant ist vor allem das ambulante Prozedere beim primären Spontanpneumothorax geringer Ausdehnung und ohne Dyspnoe. Der Spontanpneumothorax tritt unvermittelt und ohne Assoziation zu körperlichen Belastungen auf. Als Ursachen gelten subpleurale Bullae und pleurale Porositäten. Die Diagnose wird bei entsprechender klinischer Präsentation mittels Röntgen-Thorax-Aufnahme p. a. in Inspiration gestellt. Ein Screening ist auch durch Sonografie möglich, wobei man aber die Größe des Pneumothorax nicht beurteilen kann. Bei Anzeichen eines Spannungspneumothorax muss eine umgehende Entlastung und Drainage erfolgen.
Entscheidend für das weitere Management ist die Frage: Handelt es sich um einen primären oder einen sekundären Spontanpneumothorax? Ein primärer Spontanpneumothorax (PSP) ist bei Patient:innen unter 45 Jahren ohne vorbestehende Lungenerkrankung wahrscheinlich – mit unauffälliger kontralateraler Lunge und oft nur diskreter Symptomatik. Andernfalls ist von einem sekundären Spontanpneumothorax (SSP) auszugehen, der eine Drainagetherapie erfordert. Bei einem PSP sollte im nächsten Schritt eine Größeneinschätzung (klein: < 20 %, groß: ≥ 20 %) erfolgen. Hierzu empfiehlt sich eine Näherungsformel (Abb. 2). Beim kleinen PSP und fehlender Dyspnoe kann ein abwartendes Prozedere mit ambulanten Röntgen-Kontrollen erfolgen (nach 24 Stunden, danach wöchentlich), wobei die spontane Resorption einige Wochen beanspruchen kann. In allen anderen Fällen ist eine Punktion oder eine Drainage indiziert. Hier empfehlen sich kleinlumige Drainagen.
- Typische Symptome einer Pleuraerkrankung sind Husten, Luftnot und thorakale Schmerzen.
- Wichtige Differenzialdiagnosen bei thorakalen Schmerzen sind Pneumonie, Lungenembolie und Pneumothorax.
- Das Prozedere bei Spontanpneumothorax ist von der Einteilung primär/sekundär und der Ausdehnung abhängig.
- Patient:innen mit Pneumonie sollten mittels Sonografie auf parapneumonische Pleuraergüsse untersucht werden.
- Unklare Pleuraergüsse sollten mittels Punktion abgeklärt werden.
Das Risiko für ein Rezidiv ist gerade im ersten Jahr erheblich. Nikotinkarenz kann es signifikant reduzieren, auch das Tauchen muss den Patient:innen untersagt werden, solange nicht eine bilaterale Pleurektomie zur Rezidivprophylaxe erfolgt ist. Eine Operation (VATS mit apikaler Bullektomie, Lungenapexresektion und partieller Pleurektomie, ggf. auch Pleurodese) vermag das Rezidivrisiko erheblich zu reduzieren, birgt aber das Risiko postoperativer Komplikationen (z. B. Infektionen, chronisches Schmerzsyndrom). Eine pneumologisch-thoraxchirurgische Konsultation ist in jedem Fall erforderlich.
Pleuraerguss
Pleuraergüsse können aufgrund systemischer Veränderungen des hydrostatisch-kolloidosmotischen Flüssigkeitsgleichgewichts (Transsudate) oder infolge entzündlicher und neoplastischer Erkrankungen auftreten (Exsudate). Da bei vermehrter Flüssigkeit im Pleuraspalt die Rückresorptionskapazität der Pleura um den Faktor 20 – 30 gesteigert werden kann, kennzeichnet das Auftreten eines Pleuraergusses, auch bereits bei geringer Ergussmenge, eine erhebliche Dekompensation [7]. Die Art der Flüssigkeit (serös, Eiter, Blut, Lymphflüssigkeit) kann, ebenso wie die Differenzierung zwischen Transsudaten und Exsudaten anhand der Light-Kriterien [8], nur mittels Punktion bestimmt werden. In der Regel erfolgt eine chemische, zytologische und mikrobiologische Analyse des Punktats. Bei streng einseitigem Erguss oder Verdacht auf ein Exsudat sollte daher immer eine Punktion erfolgen. Bei eindeutiger Genese (z. B. Herzinsuffizienz mit chronischen Pleuraergüssen) kann eine sonografische Quantifizierung mittels einfacher Näherungsformeln zur Verlaufskontrolle und Therapiesteuerung hilfreich sein. Abb. 3 zeigt eine etablierte Möglichkeit der Volumenabschätzung.
Pneumonie, Empyem und Pleuritis
Bei einer Pneumonie lassen sich in 36 – 57 % der Fälle Pleuraergüsse nachweisen. Dies sind zumeist kleine unkomplizierte Ergüsse, die unter antibiotischer Therapie wieder verschwinden, sich aber in circa 5 % der Fälle zu einem Empyem entwickeln [10]. Hinweisend sind oft persistierende Beschwerden, stagnierende Regredienz der Entzündungsparameter und ein anhaltend nachweisbarer Erguss. Initial ist eine Drainagetherapie oft noch möglich, mit zunehmender Septierung ist eine operative Sanierung nötig. Die möglichst frühzeitige Identifizierung komplizierter parapneumonischer Pleuraergüsse ist daher so bedeutsam. Die aktuelle Leitlinie zu Diagnostik und Therapie ambulant erworbener Pneumonien empfiehlt hier vor allem die Sonografie als bildgebendes Screening-Verfahren [11]. Eine Pleuritis viraler Genese ist in der Regel mit Fieber und atemabhängigen Thoraxschmerzen verbunden, mit der Ausbildung eines Pleuraergusses sistieren die Schmerzen wegen der Entkopplung der Pleurablätter. Nach Ausheilung können Pleuraadhäsionen und -schwarten zurückbleiben. Bei Nachweis pleuraler Beläge und flottierender Fäden im Erguss sollte auch eine tuberkulöse Pleuritis erwogen werden.
Pleuratumoren, Pleurakarzinose
Solide Pleuratumoren sind nur in weniger als 5 % der Fälle benigne, die häufigste dieser Entitäten ist der solitäre fibröse Pleuratumor [12]. Auch das Pleuramesotheliom als primäre Pleuraneoplasie ist selten, vor allem bei anamnestischer Asbestexposition sollte man es jedoch bedenken. Meist handelt es sich aber um Metastasen extrapleuraler Primärtumoren (z. B. Lunge, Mamma, Lymphsystem). Maligne Pleuraergüsse treten bei bis zu 15 % aller Tumorpatient:innen auf, sind mit deutlich erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert und markieren oft den Übergang in ein palliatives Tumorstadium [13]. Unklare Pleuraergüsse bei Tumorpatient:innen sollten daher immer zu einer diagnostischen Abklärung führen.
Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.
Erschienen in: doctors|today, 2020; 1 (1) Seite 42-46