Patient:innen beurteilen die Qualifikation von Ärzt:innen nicht nur auf Basis der fachmedizinischen Kenntnisse, sondern auch nach deren kommunikativen Kompetenzen. Eine komplizierte Ausdrucksweise bereitet vielen Patient:innen Kopfzerbrechen und führt dann zu Recherchen im Internet. Wie müssen Ärzt:innen kommunizieren, damit ihr Gegenüber gut informiert den Raum verlässt?

Sprachwissenschaftler der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf haben sich mit der Verständlichkeit des Arztes gegenüber dem Patienten befasst. Wenn schon die Entlassungspapiere der Klinik den weiterbehandelnden Ärzt:innen durch unstrukturierte und missverständliche Angaben Probleme bereiten, wie viel schwieriger ist es für Patient:innen, alle Aussagen zu verstehen? Zu den sozial-kommunikativen Fähigkeiten gehört das sprecherische Können des Mediziners, das an der Heidelberger Universität wohl nicht umsonst im Fachbereich "Sprecherziehung" gelehrt wird.

Die Kommunikation

Bei großer Informationsdichte kann es für manche Patienten schwierig werden, den Aussagen des Arztes zu folgen. Es ist daher zweckmäßig, für jede Information, für jeden Aspekt, für jedes Argument einen getrennten Satz zu bilden. Hohes Redetempo und lange, verschachtelte Sätze erschweren die Verständlichkeit. Patienten haben nicht immer den Mut, Unverständliches zu hinterfragen, und informieren sich stattdessen zuhause im Internet, was wieder neue Fragen aufwirft. Sprachwissenschaftler empfehlen die Methode KISS (Keep It Simple and Short) anzuwenden, um die Verständlichkeit in der Patientenkommunikation zu verbessern. Kurze Sätze und verständliche Begriffe können vom Patienten gut aufgenommen werden, sie erleichtern ihm das Zuhören und schaffen Orientierung. Bei älteren Patienten geht es nicht nur um Hörprobleme, auch ein möglicherweise nachlassendes Aufnahmevermögen ist bei der Kommunikation zu berücksichtigen. Komplizierte medizinische Sachverhalte werden von älteren Menschen u. U. besser verstanden, wenn die Informationen "seniorengerecht" im moderaten Redetempo dargeboten werden. Auch die Behandlung von Patienten mit Migrationshintergrund erfordert eine typengerechte Kommunikation, in extremen Fällen auch die Anwesenheit einer Person, die übersetzt.

Medizinisch beraten heißt, verbindlich zu formulieren. Die sogenannten "Man-Botschaften" wirken häufig zu unverbindlich: "Man kann allerdings auch...", "man sollte mal schauen, wie...". Verbindlicher und überzeugender wirkt der Arzt mit "Ich empfehle Ihnen…", oder "Ich meine, das Beste ist…, weil…" und begründet dann seine Aussage: "Ich rate dazu aus folgendem Grund…". Solche Formulierungen im Indikativ schaffen Sicherheit. Unsicherheit entsteht durch Formulierungen im Konjunktiv (würde, wäre, hätte, könnte, sollte), auch wenn es manchmal angebracht erscheint.

Im Klartext reden

Kurze Sätze und verständliche Begriffe versteht der Patient schnell, sie erleichtern ihm das Zuhören und vermeiden Rückfragen an den Arzt. Lange verschachtelte Aussagen mit 20 Wörtern und mehr wirken zwar fachkompetent, haben aber mit patientenorientierter Kommunikation wenig zu tun. Wer einem Dreijährigen erklären kann, wie Atomkraft funktioniert, kann sich verständlich und eindeutig ausdrücken. Verständliche Botschaften genießen mehr Vertrauen als unverständliche. Erfreulicherweise hat sich die Verständlichkeit in der Patientenberatung im Vergleich zu früheren Jahren deutlich verbessert. Bei der Messung der formalen Verständlichkeit spielt die Erklärung von medizinischen Fachbegriffen eine Rolle, aber auch das Eingehen auf die emotionalen Reaktionen des Patienten. Die meisten Ärzte richten sich nach der Auffassungsgabe des Patienten. An der Reaktion ist zu erkennen, ob er das Erklärte verstanden hat.

Wiederholungen zählen zu den "Verständlichkeitsförderern", ebenso die bildhafte Sprache. Praktische Beispiele haben bei Patienten eine erstaunliche Wirkung. Lebensnahe Vorfälle aus der Arztpraxis und anonymisierte Patientengeschichten prägen sich leicht ein und wirken sehr persönlich.

Mit der Betonung einer Aussage kann der Arzt bestimmte Formulierungen hervorheben. Bei Informationen, die den Patienten überraschen, erfolgt am Satzende eine Kurzpause, damit er sie "verdauen" kann. Am Ende einer längeren medizinischen Beratung wird eine Zusammenfassung empfohlen.

Im Einzelfall entscheidet der Arzt, welche Informationen man dem Patienten vermittelt. "Muss-Informationen" haben für die Heilung einen besonderen Wert und müssen dem Patienten vermittelt werden. "Kann-Informationen" gehören nicht zu den Basics, Patienten sind auch nicht immer daran interessiert und der Arzt entscheidet von Fall zu Fall, ob er sie liefert. "Plus-Informationen" sind detaillierte Inhalte für neugierige Patienten, die gut vorinformiert sind oder die danach fragen.

Der Patient will verstehen, weshalb eine bestimmte Behandlung gerade für ihn richtig ist. Erhält er keine Erklärungen, entstehen Vermutungen und Vorurteile. Bei optimaler Beratung darf die Begründung also nicht fehlen. Beraten heißt überzeugen und nicht nur informieren.



Autor

Rolf Leicher

Dipl.-Betriebswirt
Fachautor für Betriebs-, Personalführung und Marketing
69118 Heidelberg



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (7) Seite 50-51